Sozialwahl

Obwohl die Sozialwahl der größten Wahlen in Deutschland ist, ist nur wenig darüber bekannt. Wir geben einen Überblick.

Die Sozialwahl

Jede*r von uns kann im Leben krank oder pflegebedürftig werden. Oder durch einen Unfall oder eine Krankheit nicht mehr arbeitsfähig oder arbeitslos werden.

Und wir alle werden älter und möchten gesund in Rente gehen. All dies wird durch die Sozialversicherungen abgesichert.

Die Träger der Sozialversicherungen verwalten sich selbst. Wer in ihren Selbstverwaltungsgremien sitzt und so über die Leistungen der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Unfall- und Rentenversicherung mitbestimmt, entscheidest du als Versicherte*r mit: alle 6 Jahre bei der Sozialwahl. Die nächste Sozialwahl findet 2029 statt. 

Jetzt nachlesen: Die Ergebnisse der Sozialwahl 2023 als Download.

Auswertung der Urwahlen bei Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV-Bund), BARMER, Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK-Gesundheit), Techniker Krankenkasse (TK), Kaufmännische Krankenkasse (KKH) und Handelskrankenkasse (hkk).

Allgemeine Fragen zur Sozialwahl

Was ist die Sozialwahl?

Die Sozialversicherungen sind ein wichtiger Bestandteil unseres Sozialstaats. Denn sie sorgen für soziale Sicherheit, indem sie euch absichern, wenn ihr krank, arbeitslos, arbeitsunfähig oder pflegebedürftig werdet oder in Rente geht. Dazu gehören:

  • die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung
  • die gesetzliche Unfallversicherung
  • die gesetzliche Rentenversicherung

Finanziert werden sie zu 50 Prozent von Arbeitnehmer*innen und zu 50 Prozent von Arbeitgeber*innen. Und das solidarisch: je höher das Gehalt, desto höher die Beiträge.

Die Sozialversicherungen verwalten sich selbst, sind also organisatorisch und finanziell weitgehend unabhängig vom Staat. Eine wichtige Rolle nehmen dabei die Selbstverwalter*innen ein.

Sie bilden die "Versichertengremien" der Sozialversicherungen, z. B. Verwaltungsräte bei den Krankenkassen oder Vertreterversammlungen bei den Renten- und Unfallkassen.

Sie wirken bei Entscheidungen mit, die sich unmittelbar auf deren Leistungen und Finanzierung auswirken – und damit auf die soziale Sicherheit der Versicherten, Rentner*innen und ihrer Angehörigen.

Zudem sind sie dafür verantwortlich, dass sich die Versicherungsträger im täglichen Geschäft und bei der Umsetzung von Gesetzen an den Interessen und Bedürfnissen der Versicherten orientieren.

Im Sinne demokratischer Teilhabe habt ihr als Versicherte die Möglichkeit, zu entscheiden, wer euch in den Selbstverwaltungsorganen der Sozialversicherungen vertritt. Dafür gibt es alle 6 Jahre freie und geheime Wahlen, die Sozialversicherungswahl. Kurz: Sozialwahl. Weil 2023 das letzte Mal gewählt wurde, ist es erst 2029 wieder so weit. 

Wer darf wählen bei der Sozialwahl?

Bei der Sozialwahl wahlberechtigt sind grundsätzlich alle Sozialversicherten ab 16 Jahren sowie alle Rentner*innen. Ausgenommen sind mitversicherte Familienmitglieder. Sie alle wählen die Vertreter*innen der Versicherten.

Wer gehört zur Gruppe der Versicherten bei der Sozialwahl?

  • bei den Krankenkassen: ihre Mitglieder, Familienmitversicherte haben kein Stimmrecht
  • bei den Rentenversicherungsträgern: die versicherten Personen, die eine Versicherungsnummer erhalten oder beantragt haben, sowie die Rentenbezieher*innen mit Ausnahme der Hinterbliebenenrentner*innen
  • bei den Unfallversicherungsträgern: die versicherten Personen, die regelmäßig mindestens 20 Stunden im Monat eine die Versicherung begründende Tätigkeit ausüben, sowie die Rentenbezieher*innen, die der Gruppe der Versicherten unmittelbar vor dem Ausscheiden aus der versicherten Tätigkeit angehört haben.

Aber: Nicht bei allen Sozialversicherungsträgern finden bei der Sozialwahl Wahlen mit einer aktiven Wahlhandlung, Urwahl genannt, statt.

Denn um unnötige Kosten zu vermeiden, ist gesetzlich geregelt, dass Versicherte nur dort abstimmen müssen, wo mehr Kandidierende vorgeschlagen werden, als Mandate in der Selbstverwaltung zu besetzen sind. Gibt es weniger oder genauso viele Kandidierende, gelten sie automatisch als gewählt. Dies wird als Friedenswahl bezeichnet.

Zur Wahl aufgefordert werdet ihr also nur dann, wenn es bei euren Sozialversicherungsträgern zu aktiven Wahlhandlungen kommt.

2023 gab es bei diesen 6 Sozialversicherungsträgern Urwahlen:

  • BARMER
  • Techniker Krankenkasse (TK)
  • Kaufmännische Krankenkasse (KKH)
  • hkk (Handelskrankenkasse)
  • DAK Gesundheit
  • Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV Bund).

Rund 52 Millionen Menschen sind bei ihnen versichert und waren somit wahlberechtigt. Damit gehört die Sozialwahl zu den größten Wahlen in Deutschland.

Eigene Vertreter*innen für Arbeitgeber*innen

Da sie die Sozialversicherung ebenso mitfinanzieren, haben auch Arbeitgeber*innen das Recht auf eine Interessenvertretung in den Selbstverwaltungsgremien.

Für sie gibt es daher eigene Vertreter*innen, die in einem getrennten Wahlverfahren gewählt werden.

Die Selbstverwaltungsgremien bestehen somit in der Regel zu gleichen Teilen aus Vertreter*innen der Versicherten und der Arbeitgeber*innen.

Bei den Ersatzkassen – also Barmer Ersatzkasse, DAK-Gesundheit, Hanseatische Krankenkasse, Handelskrankenkasse, Kaufmännische Krankenkasse (KKH) und Techniker Krankenkasse – sind Abweichungen möglich.

Wer gehört zur Gruppe der Arbeitgeber*innen bei den Sozialwahlen 2023?

  • Personen, die regelmäßig mindestens eine*n beim Versicherungsträger versicherungspflichtigen Arbeitnehmer*in beschäftigen
  • bei den Trägern der Unfallversicherung auch die versicherten Selbstständigen und ihre versicherten Ehegatten sowie die Rentenbezieher*innen, die der Gruppe der Arbeitgeber*innen unmittelbar vor dem Ausscheiden aus der versicherten Tätigkeit angehört haben.
Was wird bei der Sozialwahl gewählt?

Gewählt werden die "Selbstverwaltungsgremien" bei den Sozialwahlen, die wichtigsten Entscheidungsgremien der Sozialversicherungsträger:

Bei den gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen heißen sie Verwaltungsrat,
in der Renten- und Unfallversicherung Vertreterversammlung.
Sie setzen sich je zur Hälfte aus Vertreter*innen der Versicherten und der Arbeitgeber*innen zusammen. 

Ausnahme: In den Verwaltungsräten der Ersatzkassen sitzen mehr Versichertenvertreter*innen als Arbeitgebervertreter*innen.

Welche Gremien bei der Sozialwahl gewählt werden

Wer wird bei Sozialwahlen gewählt? Gibt es Kandidat*innen?

Anders als bei politischen Wahlen stellen sich bei der Sozialwahl keine Parteien zur Wahl, sondern verschiedene Vereinigungen zur Interessenvertretung:

  • auf der einen Seite Gewerkschaften und andere Vereinigungen von Arbeitnehmer*innen,
  • auf der anderen Seite Vertretungen von Arbeitgeber*innen.

Gewählt werden keine Einzelpersonen, sondern Wahllisten – du kannst also bei der Sozialwahl keine einzelnen Kandidat*innen wählen.

Die Wahllisten enthalten alle Vertreter*innen einer Vereinigung (z. B. von uns, dem DGB), für die je nach Anteil der auf die gesamte Liste entfallenden Stimmen eine bestimmte Anzahl an Sitzen im Selbstverwaltungsgremium zur Verfügung steht.

Also: Je mehr Stimmen wir als DGB und unsere Mitgliedsgewerkschaften erhalten, desto mehr gewerkschaftliche Vertreter*innen sitzen im Versichertengremium.

Wann hat die letzte Sozialwahl stattgefunden? Wann sind wieder Sozialwahlen?

Anders als bei vielen anderen Wahlen gibt es bei der Sozialwahl nicht den einen Wahltag, an dem Wahllokale öffnen. Stattdessen könnt ihr den Wahlzettel, den ihr von euren Sozialversicherungsträgern erhaltet, ausfüllen und ganz flexibel bei den Sozialwahlen im beiliegenden Umschlag kostenfrei zurückschicken. Alternativ gibt es bei einigen Versicherungsträgern die Möglichkeit einfach online abzustimmen. Die letzte Sozialwahl hat 2023 stattgefunden, die nächste wird 2029 stattfinden. 

Wie wird gewählt bei den Sozialwahlen? Was ist der Unterschied zwischen einer Urwahl und einer Friedenswahl?

Die Sozialwahl ist entweder eine Urwahl mit aktiver Wahlhandlung oder eine Friedenswahl ohne Wahlhandlung.

Bei der Friedenswahl wird auf die eigentliche Wahlhandlung verzichtet. Das ist möglich, wenn genauso viele Kandidat*innen von den Sozialpartnern vorgeschlagen wurden, wie Mandate zu vergeben sind. Bei den meisten der Sozialversicherungsträger finden Friedenswahlen statt.

Nur bei einer Urwahl geben die Versicherten tatsächlich ihre Stimme ab. Das erfolgt in der Regel per Briefwahl, war 2023 bei einzelnen Krankenversicherungsträgern aber auch online möglich.

Wer stellt die Kandidat*innen auf?

Die Vorschlagslisten für die Sozialwahl stellen in der Regel die Sozialpartner auf. Das sind auf der Versichertenseite in erster Linie wir, der DGB, und unsere Mitgliedsgewerkschaften und auf der Arbeitgeberseite die Arbeitgebervereinigungen wie etwa die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA).

Neben den DGB-Gewerkschaften können aber auch:

  • andere Arbeitnehmervereinigungen mit sozialpolitischer oder berufspolitischer Zwecksetzung,
  • Versichertengruppen, wie etwa Selbstständige oder Rentner*innen,

sogenannte freie Listen aufstellen.

Voraussetzung: Sie müssen nachweisen, dass sie die von ihnen angegebenen Zwecke auch tatsächlich verfolgen. Außerdem müssen sie nachweisen, dass sie eine bestimmte Anzahl beitragszahlender Mitglieder haben (bei den Wahlen zum Verwaltungsrat der Deutschen Rentenversicherung Bund beispielsweise mindestens 2.000 Mitglieder).

Wer führt die Wahlen durch?

Die Wahlunterlagen werden von den Versicherungsträgern selbst verschickt. Allerdings ernennt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine*n ehrenamtliche*n Bundeswahlbeauftragte*n, der*die zum Beispiel mit Richtlinien für eine einheitliche Durchführung der Wahlen sorgt.

Mehr erfahren: So wird bei der Sozialwahl gewählt

Seit wann gibt es Sozialwahlen?

Die Sozialwahlen haben eine lange Tradition. 2023 fanden sie zum 11. Mal statt. Die 1. Sozialwahlen gab es bereits 1953 und schon immer waren mit den Wahlen wichtige Entscheidungen verbunden. Als Ergebnis der 1. Sozialwahl wurde beispielsweise die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) gegründet (die heutige Deutsche Rentenversicherung Bund, DRV-Bund).

Seit 1962 finden die Sozialwahlen regelmäßig alle 6 Jahre statt – bis auf eine 1-jährige Verzögerung durch die Wiedervereinigung.

Seit 1977 sind die Regelungen der Selbstverwaltung für die gesetzliche Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung zusammengefasst. Zuvor hatte es für die unterschiedlichen Sozialversicherungszweige unterschiedliche gesetzliche Regelungen gegeben, die nun vereinheitlicht wurden.

Sind die Kosten für die Durchführung der Sozialwahlen gerechtfertigt?

Umgerechnet kostet die Sozialwahl jede*n einzelne*n Versicherte*n nur rund 1 Euro – und das alle 6 Jahre. Ein geringer Preis für die Mitbestimmung in der Sozialversicherung. Außerdem wachen die Gremien der Selbstverwaltung über die angemessene Verwendung jährlicher Beiträge in Höhe von insgesamt 400 Milliarden Euro. Verglichen damit sind die Kosten der Sozialwahl verschwindend gering.

Gibt es Sozialwahlen auch in anderen Ländern?

Zwar sind auch in anderen europäischen Ländern, wie etwa in den skandinavischen Staaten, gesellschaftliche Gruppen wie die Sozialpartner an Gremien der Sozialversicherungen beteiligt. Das demokratische Prinzip der deutschen Sozialwahlen ist allerdings einzigartig.

Übrigens können auch im Ausland lebende Personen an den Urwahlen teilnehmen. Versicherte der Deutschen Rentenversicherung Bund mit Wohnsitz im Ausland können die Teilnahme an der Wahl vorher im Wahlbüro der DRV, 10704 Berlin beantragen. Mitglieder der Ersatzkassen mit Wohnsitz im Ausland werden von den Kassen direkt angeschrieben.

Sozialstaat mit starken Sozialversicherungen

Wir Gewerkschaften wollen einen aktiven Sozialstaat. Denn Menschen brauchen nicht weniger, sondern mehr Schutz in Arbeit und Leben.

Wahlberechtigte: Wer wählt, wie und wer gewählt wird

Wie werden die Wahlberechtigten über die Wahl informiert?

Wenn eine Urwahl stattfindet, werden die Wahlberechtigten per Post informiert und erhalten ihre Wahlunterlagen.

Wie erhalten die Versicherten ihre Wahlunterlagen?

In der Regel erhalten die wahlberechtigten Versicherten die Unterlagen für die Briefwahl und die Online-Wahl per Post. Erhalten Versicherte keine Wahlunterlagen, hat bei ihrem Versicherungsträger wahrscheinlich bereits eine Friedenswahl stattgefunden oder sie sind nicht wahlberechtigt.

Kann ich mehr als eine Wahlaufforderungen erhalten?

Jeder Sozialversicherungsträger, der eine Urwahl durchführt, schickt seinen Versicherten bei den Sozialwahlen eine Wahlaufforderung. In folgendem Fall kann es deshalb sein, dass du bei den Sozialwahlen 2 Wahlaufforderungen erhältst:

  • Wenn bei deiner Krankenversicherung Urwahlen stattfinden, erhältst du von dieser eine Aufforderung, deinen Verwaltungsrat für die Pflege- und Krankenkasse zu wählen. Hierfür hast du eine Stimme und bekommst entsprechend eine Wahlaufforderung.
  • Bist du außerdem bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) versichert, erhältst du von dort außerdem eine Wahlaufforderung, um deine Stimme für die Vertreterversammlung der DRV Bund abzugeben.
Wie erfolgt die Stimmabgabe? Kann ich online wählen?

Abgestimmt wird in der Regel per Briefwahl. Bei der Sozialwahl 2023 wurde aber auch erstmalig auch per Online-Wahl bei den Ersatzkassen gewählt. Die ausgefüllten Stimmzettel werden an den jeweiligen Sozialversicherungsträger zurückgeschickt. Wie die Stimmabgabe genau funktioniert, wird in den Wahlunterlagen selbst erklärt. Durch die Briefwahl entstehen keine Portokosten.

Bei einzelnen Krankenversicherungsträgern (Techniker Krankenkasse (TK), BARMER, DAK-Gesundheit, KKH Kaufmännische Krankenkasse und hkk - Handelskrankenkasse) waren 2023 alternativ auch Online-Wahlen möglich. Informationen dazu erhielten Versicherte mit ihren Wahlunterlagen.

Müssen die Versicherten wählen? Warum sollte ich wählen?

Eine Wahlpflicht besteht bei der Sozialwahl 2023 nicht. Doch um eine bestmögliche und bezahlbare Versorgung zu erhalten, sollten Versicherte ihr Recht auf Mitbestimmung nutzen und diejenigen in die Selbstverwaltungsgremien wählen, die ihre Interessen dort am besten vertreten.

Zudem war die Sozialwahl selten so wichtig wie heute. Die Politik ist dabei, die sozialen Sicherungssysteme umzubauen. Statt solidarischer Finanzierung zwischen Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen sollen die Lasten immer häufiger auf die Schultern der Versicherten geladen werden. Das muss verhindert werden.

Mit der Wahl der gewerkschaftlichen Listen setzen die Versicherten auch ein Zeichen gegen diese Entwicklung: Die DGB-Vertreter*innen in den Versichertengremien können wie keine andere Gruppe auf die politische Durchsetzungskraft ihrer Verbände zurückgreifen.

Für wen oder was wird die Stimme abgegeben?

Jede*r Versicherte hat bei Urwahlen eine Stimme, die für eine Liste auf dem Stimmzettel abgegeben werden kann. Je nachdem, wie viele Stimmen eine Liste erhält, entsendet sie eine bestimmte Anzahl von Vertreter*innen in die Versichertengremien.

Können auch ausländische Versicherte wählen?

Natürlich. Gewählt wird schließlich die Selbstverwaltung aller Versicherten. Wer einzahlt oder eingezahlt hat, darf auch wählen.

Was ist die Selbstverwaltung?

Selbstverwaltung: Was ist das?

Bei den Sozialwahlen entscheiden wir als Versicherte alle 6 Jahre darüber, wer uns in den Selbstverwaltungsorganen der Sozialversicherungen vertritt. 

Die gewählten Selbstverwalter*innen engagieren sich für die soziale Absicherung durch die Sozialversicherungen und vertreten dort die Interessen der Versicherten. Dabei ist es nicht nur ihre Aufgabe, die Versicherteninteressen zu kennen und gegenüber den Versicherungsträgern zu kommunizieren, sondern auch aktiv dafür einzutreten. Ihr Ziel ist es, dass sich das Handeln der Versicherungsträger an den Interessen und Bedürfnissen der Versicherten orientiert.

Als Mitglieder der Verwaltungsräte oder Versichertenversammlungen kontrollieren Selbstverwalter*innen die Verwaltung und wirken bei Entscheidungen mit, die sich unmittelbar auf die Leistungen und Finanzierung der Kranken-, Pflege-, Unfall- und Rentenversicherung auswirken.

Sie sorgen so dafür, die Sozialversicherungen möglichst solidarisch, lebensnah und bedarfsgerecht zu gestalten. Dies macht sie zu einem wichtigen Bestandteil unseres Sozialstaats.

Aufgaben der Selbstverwaltung

Die Mitglieder der Selbstverwaltung nehmen eine ganze Reihe unterschiedlicher Aufgaben wahr und tragen so entscheidend zu den Leistungen und der Finanzierung der Sozialversicherungen bei. Grundsatz ist dabei stets, die Interessen der Versicherten zu vertreten. Konkret beinhaltet dies unter anderem:

  • den Haushalt zu beschließen,
  • den Vorstand zu wählen,
  • den Vorstand und die Geschäftsführung zu kontrollieren,
  • steuernd einzugreifen, z. B. im Fall von Eigenmächtigkeiten, Fehlurteilen oder Rechtsbeugungen,
  • in den Widerspruchsausschüssen darüber zu entscheiden, ob Widerspruchsanträgen von Versicherten stattgegeben werden,
  • zu entscheiden, welche Präventions- sowie Reha-Maßnahmen die Krankenkassen und die Rentenversicherung fördern und übernehmen.

Selbstverwaltung – Ein Ehrenamt 

Die Tätigkeit als Mitglied der Selbstverwaltung ist ein Ehrenamt.

Die Ehrenamtlichkeit der Selbstverwalter*innen schützt vor willfährigem "Abnicken", da ihre wirtschaftliche Existenz anderweitig sichergestellt ist. Darüber hinaus basiert das Ehrenamt auf Freiwilligkeit. Wer sich freiwillig für ein solches Amt zur Verfügung stellt, ist erfahrungsgemäß engagiert und bereit, Verantwortung zu übernehmen und im besten Sinne der Gesellschaft zu handeln.

Warum findet die Sozialwahl statt?

Schon kurz nach Gründung der Bundesrepublik waren sich die meisten Parteien über das einig, was Bundeskanzler Adenauer so formulierte: Die Selbstverwaltung muss an die Stelle staatlicher Bevormundung treten.

Für die Sozialversicherungen hieß das: Wer einzahlte, sollte auch mitbestimmen können – in diesem Fall die Versicherten und die Arbeitgeber*innen zu je 50 Prozent. Bereits 1952 trat das 1. Selbstverwaltungsgesetz für die Sozialversicherungen in Kraft.

Die Sozialversicherungen verwalten sich somit selbst, sind also organisatorisch und finanziell weitgehend unabhängig vom Staat. Ihre Selbstverwalter*innen werden alle 6 Jahre neu gewählt. Sie achten darauf, dass die Leistungen für Renten-, Kranken-, und Unfallversicherungsträger angemessen finanziert werden und eine gute Versorgung sichergestellt ist.

1977 trat das 4. Sozialgesetzbuch in Kraft. Dieses regelt seitdem die rechtlichen Voraussetzungen für die Wahlen in der gesetzlichen Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung. Seit 1995 gilt es auch für die neu eingeführte Pflegeversicherung.

Was können die Selbstverwalter*innen konkret für die Versicherten tun?

Gewerkschaftliche Selbstverwalter*innen sind bei fast allen Trägern von Sozialversicherungen vertreten – ganz gleich, ob dort Friedens- oder Urwahlen stattgefunden haben.

Das Gesetz regelt zwar viele Fragen der Sozialversicherung, dennoch treffen die Selbstverwaltungsgremien ganz konkrete Entscheidungen.

Beispiel 1 – Beratung: Bei der Deutschen Rentenversicherung Bund wählt die Vertreter*innenversammlung bundesweit ehrenamtliche Versichertenberater*innen. Diese Berater*innen – selbst Versicherte oder Rentenbezieher*innen – beraten kostenlos bei der Antragsstellung oder bei der Beschaffung von Unterlagen.

Beispiel 2 – Arbeitsschutz: Die Vertreter*innenversammlungen der Berufsgenossenschaften gestalten aktiv den Arbeitsschutz für Arbeitnehmer*innen in den Betrieben, indem sie z. B. die sogenannten Unfallverhütungsvorschriften beschließen. 

Beispiel 3 – Innovative Modelle: Die Versichertenparlamente entscheiden, ob und welche neuen Wege ihre Kasse in den nächsten Jahren geht. Die gewerkschaftlichen Kandidat*innen setzen sich beispielsweise für ambulante Gesundheitszentren ein, die die Kompetenz mehrerer Fachärzte bündeln. Auch die sogenannte integrierte Versorgung, bei der die Kooperation zwischen ambulanten und stationären Bereichen verbessert wird, ist ein vielversprechendes Modell. Beide Systeme machen die Gesundheitsversorgung effizienter und können unnötige Doppeluntersuchungen vermeiden.   

Beispiel 4 – Medizinische Leistungen: Die Versichertenparlamente entscheiden bei den Krankenkassen und der Rentenversicherung darüber, welche Präventions- oder Reha-Maßnahmen gefördert und übernommen werden. Die Kandidat*innen von uns, dem DGB, setzen sich für eine breite und qualitativ gute medizinische Versorgung für alle ein.

"Ich möchte, dass Menschen alles bekommen, was sie brauchen, um gesund zu werden oder zu bleiben."
Sylvi Krisch, ver.di,
Vositzende des Verwaltungsrats der BARMER

Wofür wir bei der Sozialwahl stehen

Wer sind die Kandidat*innen des DGB?

Alle Kandidat*innen auf den Listen des DGB und der Gewerkschaften besitzen eine große sozialpolitische Kompetenz. Sie profitieren bei ihrer Arbeit für die Versicherten vom Know-how eines Netzwerks aktiver Gewerkschafter*innen, die mit ihrer Nähe zum betrieblichen Alltag täglich Lösungen für die jeweiligen Probleme in den Sozialversicherungen mitentwickeln.

Um das weiterhin zu gewährleisten, haben wir als DGB eigene Grundsätze für die Auswahl seiner Kandidat*innen aufgestellt. Zu den Auswahlkriterien gehört vor allem die fachliche Kompetenz. Wir achten aber auch auf eine Balance von bereits in den Selbstverwaltungen aktiven Kolleg*innen einerseits und Kandidat*innen, die zum ersten Mal bei der Sozialwahl antreten, andererseits. Das sorgt für Kontinuität der gewerkschaftlichen Arbeit in den Versichertengremien, ohne deren Strukturen zu verkrusten.

Natürlich haben wir uns auch verpflichtet, den Frauenanteil unter den Kandidat*innen zu erhöhen.

Wofür stehen wir als DGB bei der Sozialwahl?

Wir stehen für eine gute Versorgung der Versicherten sowie eine solidarische Finanzierung der Sozialsysteme.

In der gesetzlichen Krankenversicherung

  • flächendeckende, qualitativ hochwertige Versorgung aller Versicherten unabhängig von Einkommen, Alter oder der sozialen Situation
  • Ausbau der gesetzlichen Krankenkassen zu einer Bürgerversicherung, in die jede*r, abhängig vom Einkommen, solidarisch einzahlt
  • konsequenter Ausbau von Prävention und Gesundheitsförderung und das Zurückdrängen des Wettbewerbs unter den Kassen
  • Ausrichtung auf die Gesundheit der Menschen, nicht auf die wirtschaftlichen Interessen von Privatunternehmen
  • Verhindern von Über-, Unter- und Fehlversorgung
  • mehr Transparenz und weniger Korruption im Gesundheitswesen

In der gesetzlichen Pflegeversicherung

  • umfassende Beratung und Hilfe für Betroffene sowie Angehörige
  • solidarische Bürgerversicherung, die alle pflegerischen Kosten übernimmt und Eigenanteile abschafft
  • regelmäßige Qualitätsprüfungen der Pflegeeinrichtungen und Pflegedienste und Veröffentlichung der Ergebnisse nach einheitlichen Kriterien
  • bundeseinheitlich verbindliche Personalvorgaben und Regelungen gegen “Fließbandpflege”
  • gesellschaftliche Aufwertung des Pflegeberufs, d. h. bessere Arbeitsbedingungen, mehr Qualifizierungen und angemessene Bezahlung

In der gesetzlichen Unfallversicherung

  • bestmöglicher Schutz vor Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und sonstigen Gesundheitsgefährdungen am Arbeitsplatz
  • bestmögliche Versorgung und Unterstützung im Fall von arbeitsbedingten Unfällen und Erkrankungen
  • bessere Zusammenarbeit von Unfallversicherung und gesetzlicher Krankenversicherung bei der betrieblichen Gesundheitsförderung 
  • Stärkung der medizinischen, beruflichen und sozialen Rehabilitation
  • Ausbau der Aufsichts- und Präventionsdienste in Betrieben und Unternehmen, um Arbeitsschutzvorschriften zu kontrollieren und zu verbessern

In der gesetzlichen Rentenversicherung

  • grundsätzlicher Kurswechsel in der Rentenpolitik. Das gesetzliche Rentenniveau muss dauerhaft stabilisiert werden und mittelfristig auf mindestens 50 Prozent steigen.
  • Ausweitung des Versichertenkreises und Weiterentwicklung der Rentenversicherung zu einer Erwerbstätigenversicherung, in der alle nicht verbeamteten Erwerbstätigen versichert sind.
  • Stärkung des Prinzips "Reha vor Rente", um alles für die Sicherung der Erwerbsfähigkeit zu tun, bevor eine Rente gezahlt wird.
  • eine auskömmliche Rente für Versicherte mit modernen und flexiblen Erwerbsverläufen
Was unterscheidet die gewerkschaftlichen Listen von anderen Listen?

Die Listen von uns DGB-Gewerkschaften haben solidarische Lösungen für alle Versicherten im Auge. Kleinere Listen vertreten dagegen häufig Einzelinteressen bestimmter Versichertengruppen.

Aktive Gewerkschafter*innen sind erfahren in Verhandlungen und Auseinandersetzungen mit der Arbeitgeberseite. Auch das kommt ihnen in den "Versichertengremien" zugute, denn auch hier sitzen Arbeitgeber*innen.

Außerdem besitzen nur die DGB-Gewerkschaften mit ihren fast 6 Millionen Mitgliedern den gesellschaftspolitischen Einfluss, um sich gemeinsam mit ihren Vertreter*innen den kommerziellen Interessen und der Flucht der Arbeitgeber*innen aus der paritätischen Finanzierung der Sozialversicherungen entgegenzustellen.

Sozialwahl 2023

Warum gab es auf meinem Wahlzettel bei der Sozialwahl 2023 mehrere Gewerkschaften?

Bei den Urwahlen treten manchmal neben der Liste uns, dem DGB, auch weitere gewerkschaftliche Listen an, z. B. von ver.di, IG Metall oder IG BAU. Die Einzelgewerkschaften bieten damit den Mitgliedern die Möglichkeit, ihre eigene Gewerkschaft zu wählen.

Wichtig ist aber: Alle Listen von uns und unseren Mitgliedsgewerkschaften stehen bei den Sozialwahlen für dieselben solidarischen Grundwerte. Deswegen sind sie bei allen Urwahlen sogenannte Listenverbindungen eingegangen und demonstrieren damit ihre Einigkeit: Alle Listen der DGB-Gewerkschaften sind eine gute Wahl für die Versicherten.

Wo wurden die Wahlergebnisse der Sozialwahl 2023 veröffentlicht?

Nach der Auszählung werden die Ergebnisse der Wahlen in den jeweiligen Mitgliedszeitschriften oder auf den Internetseiten der Versicherungsträger bekanntgegeben.

Die Ergebnisse der Sozialwahl 2023 kannst du auch hier nachschauen.

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