Der Fall: Die Arbeitnehmerin war vom 1. November 1996 bis zum 31. Juli 2017 als Steuerfachangestellte und Bilanzbuchhalterin beschäftigt. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zahlte der Arbeitgeber zur Abgeltung von 14 Urlaubstagen 3.201,38 Euro brutto. Der weitergehenden Forderung der Arbeitnehmerin, Urlaub im Umfang von 101 Arbeitstagen aus den Vorjahren abzugelten, kam der Arbeitgeber nicht nach. Die dagegen gerichtete Klage der Arbeitnehmerin hatte Erfolg.
Das Bundesarbeitsgericht: Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren beginnt nicht zwangsläufig mit Ende des Urlaubsjahres, sondern erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch nicht genommen hat. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union gebührt in diesem Fall dem Schutz der Gesundheit des Arbeitnehmers Vorrang. Dazu gehört die Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, seinen Urlaubsanspruch wahrzunehmen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Dezember 2022 – 9 AZR 266/20