Urteil: Erreichbar, aber nicht in der Freizeit

Datum

Der Fall: Wegen kurzfristiger Dienstplanänderungen schickte der Arbeitgeber dem Notfallsanitäter außerhalb der Arbeitszeit Mitteilungen per SMS und per E-Mail. Ungeachtet dessen, meldete sich der Sanitäter jeweils wie ursprünglich geplant zu seinen Diensten. Der Arbeitgeber wertete das Verhalten seines Angestellten als unentschuldigtes Fehlen und erteilte ihm zunächst eine Ermahnung und dann eine Abmahnung. Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg.

Das Landesarbeitsgericht: Der Arbeitgeber musste damit rechnen, dass der Sanitäter die ihm geschickte SMS erst mit Beginn seines Dienstes zur Kenntnis nahm. Zu diesem Zeitpunkt war der Arbeitnehmer verpflichtet, seiner Arbeit nachzugehen und dazu gehört auch, die in seiner Freizeit bei ihm eingegangenen dienstlichen Nachrichten des Arbeitgebers zu lesen. Der Arbeitnehmer ist darüber hinaus nicht verpflichtet, sich in seiner Freizeit zu erkundigen, ob sein Dienstplan geändert worden ist. Der Arbeitnehmer hat sich nicht treuwidrig verhalten. Das Recht auf Nichterreichbarkeit dient neben dem Gesundheitsschutz des Arbeitnehmers auch dem Persönlichkeitsschutz. Es gehört zu den vornehmsten Persönlichkeitsrechten, dass ein Mensch selbst entscheidet, für wen er/sie in dieser Zeit erreichbar sein will oder nicht.

Landesarbeitsrecht Schleswig-Holstein, Urteil vom 27. September 2022 - 1 Sa 39 öD/22

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