Kein Unfallschutz beim Tabletten-Holen

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Dachzeile Arbeitsrecht

Eine Näherin, die eine Arbeitspause einlegt, um von ihr vergessene, regelmäßig eingenommene Medikamente aus ihrem Auto zu holen, steht dabei nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Der Fall: 

Die Arbeitnehmerin trat kurz vor 6 Uhr morgens ihre Frühschicht in einer Näherei an. Zu ihrem Arbeitsplatz war sie mit ihrem Pkw gefahren und hatte diesen in der Nähe des Betriebs auf einem öffentlichen Parkplatz abgestellt. Gegen 9:30 Uhr bemerkte sie, dass sie die von ihr regelmäßig einzunehmenden Epilepsie-Tabletten in ihrem Pkw vergessen hatte. Da ihre Schicht erst gegen 11 Uhr enden sollte, ging sie zu ihrem Auto, um die Tabletten zu holen. Auf dem Rückweg zur Arbeit stürzte sie auf einem Fußweg und brach sich das rechte Handgelenk. Die Berufsgenossenschaft lehnte es ab, dieses Ereignis als Arbeitsunfall anzuerkennen. Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg.

Das Landessozialgericht: 

Die Einnahme von Medikamenten gehört nicht zu den arbeitsvertraglichen Pflichten, sondern ist dem nicht versicherten, persönlichen Lebensbereich zuzuordnen. Hätte die Frau mit der Einnahme der Epilepsie-Tabletten bis zum Schichtende gewartet, wäre ihre Arbeitsfähigkeit nicht gefährdet gewesen. Dies hat der durch das Gericht gehörte behandelnde Arzt so mitgeteilt. Besteht ein bloß abstraktes Risiko, dass es ohne die regelmäßige Einnahme der Tabletten während der Arbeitszeit zu einem Epilepsie-Anfall kommt, so liegt die Einnahme vorrangig im privaten Interesse und damit im nicht versicherten Bereich. 

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. September 2024 - L 21 U 40/21

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