Nach einem Verhandlungsmarathon von über 70 Stunden haben IG Metall und die Volkswagen-Konzernleitung einen wichtigen Tarifabschluss erzielt. Die roten Linien der IG Metall – keine Werksschließungen, keine betriebsbedingten Kündigungen und keine tiefgreifenden Einschnitte in Tarifvereinbarungen – wurden eingehalten. Der Abschluss sichert nicht nur die Zukunft der Belegschaft, sondern eröffnet auch Perspektiven für die Weiterentwicklung des Unternehmens.
Die wichtigsten Ergebnisse des Tarifabschlusses:
- Beschäftigungssicherung bis Ende 2030:
Nach der Kündigung der bisherigen Beschäftigungssicherung durch Volkswagen konnte die IG Metall eine neue Garantie durchsetzen. Bis Ende 2030 sind betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen. Sollte keine neue Regelung danach getroffen werden, muss Volkswagen eine Entschädigungszahlung von 1 Milliarde Euro an die Belegschaft leisten. - Moderate Einkommensanpassungen:
Beschäftigte verzichten temporär auf einen Teil künftiger Gehaltserhöhungen, um Arbeitsplätze und den Umbau des Unternehmens zu finanzieren. Die Erhöhung von gut 5 Prozent aus dem Flächentarifvertrag wird bis 2030 ausgesetzt. Ab 2031 fließt diese Erhöhung vollständig ein. Gleichzeitig werden flexible Arbeitszeitmodelle und Angebote wie erweiterte Altersteilzeit geschaffen, um Personalüberhänge ohne Entlassungen auszugleichen. - Modernisierung des Entgeltsystems:
Das Entgeltsystem wird bis 2027 überarbeitet und an moderne Anforderungen angepasst. - Veränderungen bei Boni und Zusatzleistungen:
- Die bisherige Mai-Zahlung der Ergebnisbeteiligung wird für 2 Jahre (2026 und 2027) vollständig eingebracht, ab 2028 gestaffelt reduziert und ab 2030 wieder in voller Höhe ausgezahlt.
- Mitglieder der IG Metall erhalten ab 2027 einen jährlichen Bonus, der bis 2030 auf 1.271 Euro ansteigt.
- Jubiläumsgratifikationen werden angepasst: Für 25 Jahre Betriebszugehörigkeit gibt es künftig 6.000 Euro, für 35 Jahre 12.000 Euro.
- Ausbildungs- und Studienplätze gesichert:
Volkswagen verpflichtet sich, weiterhin 600 Ausbildungsplätze und Stellen für dual Studierende anzubieten. Zudem wurde die Übernahmeverpflichtung für Auszubildende wieder eingeführt.
Zukunftsperspektiven für Standorte:
Die Verhandlungen beinhalten auch einen Fahrplan zur Sicherung der Produktion an den deutschen VW-Standorten:
- Wolfsburg: Umbau zu einer Produktionsstätte für neue Elektromodelle, insbesondere für den ID.Golf.
- Braunschweig: Produktion von SSP-Bauteilen wie Hilfsrahmen und Batteriemodulen wird gesichert.
- Chemnitz: Gut positioniert für die nächsten Jahre. Ein Konzept für die Zeit nach 2035 wird entwickelt.
- Dresden: Fahrzeugfertigung endet Ende 2025. Ein neues Konzept für den Standort wird erarbeitet.
- Emden: ID.7, ID.7 Tourer und ID.4 werden hier langfristig gesichert. Ein weiteres Modell soll ab 2027 produziert werden.
- Hannover: Der Standort bleibt wichtig für ID.Buzz, T7 Multivan und die neue Space-Familie.
- Osnabrück: Das T-Roc Cabrio wird bis 2027 produziert, eine Zukunftsperspektive für den Standort soll entwickelt werden.
- Kassel: Zusagen für E-Antriebe und die Warmumformung sichern den Standort langfristig.
- Salzgitter: Der zweite Zellblock für Batterien wird nicht in Frage gestellt. Bei Verzögerungen in der E-Mobilität gibt es erhöhte Produktionsvolumina zur Sicherung der Beschäftigung.
- Zwickau: Bleibt führend in Elektromobilität und Kreislaufwirtschaft. Audi Q4 e-tron wird weiter produziert.
Herausforderungen und Perspektiven:
Die Vereinbarung zeigt, dass Transformation und Arbeitsplatzsicherung Hand in Hand gehen können. Gleichzeitig fordert die IG Metall nun politische Unterstützung, um Rahmenbedingungen für die Industrie zu schaffen und Investitionen in Elektromobilität zu fördern.
Thorsten Gröger, IG Metall-Verhandlungsführer, betonte: “Wir haben gezeigt, dass Zukunftslösungen ohne Massenentlassungen möglich sind. Jetzt müssen Management und Politik liefern, um langfristige Perspektiven für die Beschäftigten und die deutsche Automobilindustrie zu sichern.”
Der Tarifabschluss ist ein Kompromiss, der schmerzhafte Einschnitte vermeidet und gleichzeitig Beschäftigung, Standorte und Investitionen in die Zukunft sichert.
Die Tarifkommission der IG Metall hat dem Tarifergebnis einstimmig zugestimmt.