Praktikum

Was du über Bezahlung, Betreuung und Co. wissen musst!

Was ist ein Praktikum?

Ein Praktikum soll berufliche Kenntnisse vermitteln und der beruflichen Orientierung dienen. Es hilft, betriebliche Abläufe kennen zu lernen und eine Vorstellung von der Arbeit in einem Berufsfeld zu erhalten. Darum ist ein Praktikum immer Teil einer Ausbildung und muss auch selbst Ausbildungscharakter haben. Da sind sich Gesetzgeber und Gerichte einig. Das Lernen steht also im Vordergrund – d. h., dass du als Praktikant*in nicht in die tägliche Verrichtung der Arbeit eingeplant sein darfst, sondern zusätzlich im Betrieb mitläufst (vgl. Urteil des Bundesarbeitsgerichts 6 AZR 564/01 BAG vom 13.03.2003).

Praktikant*in ist – unabhängig von der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses – wer sich nach der tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses für eine begrenzte Dauer zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterzieht. Dabei handelt es sich nicht um eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes oder um eine damit vergleichbare praktische Ausbildung (vrgl. §22 MiLoG). Auch für Praktika, die keinen Anspruch auf Mindestlohn haben, ist laut Berufsbildungsgesetz (BBiG) eine angemessene Vergütung zu zahlen. Praktika von Studierenden und Schüler*innen werden vom BBiG ausgeschlossen (lt. BAG Urteil von 1974).

Wie lange soll ein sinnvolles Praktikum sein?

Ein langes Praktikum ist für Unternehmen besonders sinnvoll, da Praktikant*innen nach der Einarbeitungszeit mit voller Arbeitskraft zur Verfügung stehen. Der Erkenntnisgewinn nimmt allerdings für Praktikant*innen mit der Dauer des Praktikums meistens ab. Praktika über 3 Monate bringen dem Unternehmen entsprechend billige Arbeitskräfte, für die Praktikant*innen sind sie allerdings Zeitverschwendung ab dem Punkt, wo nichts neues mehr gelernt wird und klar ist, dass es keine Übernahme geben wird.

Ist es ein gutes Zeichen, wenn ein Unternehmen mehrere Praktikant*innen im Unternehmen beschäftigt?

Eine große Anzahl von Praktikant*innen im Verhältnis zu den fest angestellten Mitarbeitern deutet leider nicht darauf hin, dass das Unternehmen besonders praktikant*innenfreundlich ist. Bei zu vielen Praktikant*innen leidet zum einen die Betreuung, zum anderen stehen die Chancen schlecht, im Anschluss an das Praktikum in ein reguläres Arbeitsverhältnis übernommen zu werden, da das Unternehmen einzuplanen scheint, mit vielen Praktikant*innen und wenigen Festangestellten zu arbeiten.

Wie hoch ist die übliche Bezahlung?

Bei Praktikumsverhältnissen wird generell der gesetzliche Mindestlohn gezahlt. Dieser beträgt seit dem 1. Januar 2024 12,42 Euro pro Stunde und steigt das nächste Mal am 1. Januar 2025 auf 12,82 Euro. Es gibt allerdings Ausnahmen, bei denen kein Mindestlohn gezahlt wird. Das ist der Fall wenn: 

  • das Praktikum ein Pflichtpraktikum ist, d. h. es ist verpflichtend auf Grund einer schulrechtlichen Bestimmung, einer Ausbildungsordnung, einer hochschulrechtlichen Bestimmung oder im Rahmen einer Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie.
  • ein Praktikum von bis zu 3 Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums geleistet wird.
  • ein Praktikum von bis zu 3 Monaten begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung geleistet wird. Einschränkung: Wenn zuvor schon einmal ein solches Praktikumsverhältnis mit demselben Ausbildenden bestanden hat, muss doch der Mindestlohn gezahlt werden. 
  • an einer Einstiegsqualifizierung nach § 54a des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder an einer Berufsausbildungsvorbereitung nach §§ 68 bis 70 des Berufsbildungsgesetzes teilgenommen wird.

Der DGB fordert eine Vergütung für alle Praktika ab dem 1. Monat!

Auch für Praktika, die keinen Anspruch auf Mindestlohn haben, ist laut Berufsbildungsgesetz (BBiG) eine angemessene Vergütung zu zahlen. Praktika von Studierenden und Schüler*innen werden vom BBiG ausgeschlossen (lt. BAG Urteil von 1974). Wenn die Vergütung in einem deutlichen Missverhältnis zur Arbeitsleistung steht, eine Zwangslage vorliegt, handelt es sich um Lohnwucher. In diesem Fall bestünde ein Anspruch auf den Lohn, der für die erbrachte Arbeit üblicherweise gezahlt wird. Dabei kommt es nicht darauf an, wie das Beschäftigungsverhältnis genannt wird. Maßgeblich ist allein die tatsächliche Art und Weise der Beschäftigung. Bevor Lohn wegen Lohnwuchers eingeklagt werden soll, sollte man sich unbedingt rechtlich beraten lassen und im Vorfeld einige Aspekte bedenken:

Wer nicht rechtsschutzversichert ist oder selbst Rechtshilfe durch einen Anwalt oder eine Anwältin bezahlen kann, kann sich einen Beratungshilfeschein besorgen. Für eine Klage kann Prozesskostenhilfe gewährt werden. Einfacher ist es für Gewerkschaftsmitglieder: Der Beitritt lohnt sich, um für eine zukünftige Klage Rechtsschutz zu genießen. Wer bereits Gewerkschaftsmitglied ist, besitzt automatisch Rechtsschutz, d. h. die Gewerkschaft klagt und trägt auch dann die Kosten des Rechtsstreits, wenn die Klage erfolglos bleibt.

Nutzen alle Unternehmen Praktikant*innen aus?

Nicht alle Unternehmen nutzen Praktikant*innen aus. Dennoch nimmt die Zahl der Missbrauchsfälle zu. Bestimmte Branchen sind besonders betroffen: Zum Beispiel im Bereich Werbung oder Medien ist die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, dass Überstunden anfallen und Praktikant*innen als feste Arbeitskraft eingeplant sind. Für Hochschulabsolvent*innen besteht zunehmend die Gefahr in den Branchen Werbung, Medien, Rechtswissenschaft, Architektur, Betriebswirtschaft und Weiterbildung als Hochqualifizierte im Billig-Praktikum ausgenutzt zu werden.

Wie kann ich mich vor Missbrauch beim Praktikum schützen?

Alle Praktikant*innen haben Anspruch auf einen schriftlichen Praktikumsvertrag. In diesem Vertrag müssen insbesondere folgende Dinge geregelt sein:

  • Anschrift der Vertragsparteien
  • die mit dem Praktikum verfolgten Lern- und Ausbildungsziele
  • Beginn und Dauer des Praktikums
  • Zahlung und Höhe der Vergütung
  • Dauer des Urlaubs
  • ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die Tarifverträge, Betriebs-oder Dienstvereinbarungen, die auf das Praktikumsverhältnis anzuwenden sind.

Mit dieser Maßnahme verbessern sich die Klagemöglichkeiten für dich im Streitfall, und es wird die Transparenz des Anstellungsverhältnisses erhöht. Wenn du den Eindruck hast, als billige Arbeitskräfte ausgenutzt zu werden, kannst du dich in 1. Linie dadurch wehren, dass du auf deine Situation aufmerksam machst. In größeren Unternehmen ist der Betriebs- oder Personalrat oder die Jugend- und Auszubildendenvertretung dein*e vertrauensvolle Ansprechpartner*in. Wenn es keinen Betriebsrat gibt, dann solltest du dich an die zuständige Gewerkschaft wenden. 

Du kannst auch direkt deine*n Betreuer*in/Arbeitgeber*in auf die Situation ansprechen, z. B. dass der Arbeitsanteil den Lernanteil überwiegt, dass der gesetzlich vorgeschriebene Urlaub nicht gewährt wird, dass regelmäßig Überstunden anfallen usw.. Stößt die Beschwerde auf taube Ohren und wird bspw. mit dem Hinweis abgetan, "dass sei in der Branche nun mal so", kannst du dich entscheiden, das Praktikum abzubrechen. Eventuell kannst du einen weiteren Versuch in einem anderen Unternehmen starten. Bei einem von der Arbeitsagentur vermitteltem Praktikum, solltest du dies jedoch nur nach Rücksprache und Zustimmung der Arbeitsagentur abbrechen, wenn es sich um eine Pflichtmaßnahme handelt. Sonst droht dir im schlimmsten Fall eine Leistungskürzung.

Du kannst dich auch vor Gericht wehren. Bei Verstößen gegen die Rechte als Arbeitnehmer*in genießen Gewerkschaftsmitglieder Rechtsschutz, d. h. kostenlose Rechtsvertretung bei arbeitsrechtlichen Problemen. Den gibt es auch für Praktikant*innen.

Wie soll die Betreuung im Praktikum aussehen?

Im Betrieb sollte von Anfang an ein*e feste*r Ansprechpartner*in da sein, der*die dir Fragen beantwortet und dich anleitet. Mit ihm*ihr solltest du zu Beginn des Praktikums absprechen, was im Laufe der Zeit erlernt werden soll. Außerdem solltest du die Möglichkeit bekommen, regelmäßig Erfahrungen, Fragen, Anregungen und Bewertungen mit deinem*deiner Betreuer*in auszutauschen. Gibt es diese*n nicht oder tauchen andere Probleme auf, wende dich an die Interessenvertretung im Betrieb (Betriebsrat  oder Jugend- und Auszubildendenvertretung) oder die zuständige Gewerkschaft.

Wer sind meine Ansprechpartner*innen im Betrieb?

Der Betriebsrat / Personalrat ist dein erster Ansprechpartner bei arbeitsrechtlichen Problemen: Er weiß, ob es betriebliche (Vergütungs-)Regelungen für Praktikant*innen gibt und er hilft, wenn Tätigkeiten während des Praktikums weit von dem abweichen, was eigentlich vereinbart wurde.
 
Die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) kann zusätzlich neben dem Betriebsrat / Personalrat bestehen. Sie vertritt die besonderen Anliegen der jungen Beschäftigten bis zum 25. Lebensjahr. Ob die JAV oder der Betriebsrat / Personalrat sich mit Praktikant*innen besser auskennt, hängt von der internen Arbeitsteilung ab.

Wann kann ich kündigen / gekündigt werden?

Wenn das Praktikum nicht wie gewünscht verläuft, kann sich die Frage stellen: "Darf ich kündigen?" oder "Kann ich gekündigt werden?".

  1. Immer gilt: Liegt ein wichtiger Grund vor, der es dir oder der anderen Seite unzumutbar macht, das Praktikumsverhältnis fortzuführen, ist eine fristlose Kündigung möglich. Was als wichtiger Grund zulässig ist, weiß jede*r Arbeitsrechtsexpert*in oder die zuständige Gewerkschaft.
  2. Eine ordentliche Kündigung (ohne wichtigen Grund aber mit 4 Wochen Frist zur Monatsmitte oder zum Monatsende) ist hingegen nicht immer möglich: Befristete Verträge – wie es Praktika meist sind – können nur gekündigt werden, wenn der Praktikumsvertrag oder der Tarifvertrag dies vorsehen. Dann reicht aber eine schriftliche Information aus, dass das Praktikum beendet ist.
  3. Wenn dein*e Praktikumsgeber*in und du euch einig seid, genügt ein Aufhebungsvertrag: Ihr vereinbart schriftlich, dass das Praktikumsverhältnis übereinstimmend vorzeitig beendet wird.

Sollte es sich um ein Pflichtpraktikum (z. B. laut Studienordnung) handeln, verhindert eine Kündigung, dass genug Praktikumstage angesammelt werden. In dem Fall muss oft schnell eine Ersatzpraktikumsstelle gefunden werden. Vorsicht auch bei Praktika, die von der Arbeitsagentur vermittelt wurden. Handelt es sich um Eignungsfeststellungen und Trainingsmaßnahmen solltest du das Praktikum nur nach Rücksprache und Zustimmung durch die Arbeitsagentur beenden – sonst drohen im schlimmsten Fall Leistungskürzungen.

Was tun gegen Ausbeutung? Richtlinien für ein faires Praktikum

Um Missbrauch im Praktikum einzuschränken, haben wir als DGB einen Leitfaden für ein faires Praktikum erstellt. Er soll Unternehmen und Praktikant*innen als Orientierung dienen.

1. Zweck des Praktikums

Das Praktikum dient in erster Linie dem Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen. Das Lernen steht im Vordergrund und darf nicht von der jeweiligen Arbeitsleistung des Praktikanten*der Praktikantin überlagert werden. Wenn die Arbeitsleistung den Erwerb beruflicher Erkenntnisse überwiegt, hat der*die Praktikant*in Anspruch auf vollen Lohn (§ 138 II BGB i.V.m. §22 MiLoG).

2. Abgrenzung von Praktika und regulären Arbeitsverhältnissen

Das Praktikum ersetzt keinen regulären Arbeitsplatz. Ein Praktikum grenzt sich von einem regulären Arbeitsverhältnis dadurch ab, dass der*die Praktikant*in nicht in die tägliche Verrichtung der Arbeit fest eingeplant ist, sondern zusätzlich im Betrieb mitläuft.

3. Vertragliche Regelungen im Rahmen eines Praktikums 

Das Praktikum wird mit einem Vertragsverhältnis als "Praktikum zu Ausbildungszwecken" geregelt. Rechtsgrundlage dafür bildet das Nachweisgesetz. Darin sind festgeschrieben:

  • Beginn und Dauer des Praktikums
  • Höhe der Vergütung
  • Dauer des Urlaubs
  • Dauer der Arbeitszeit (lt. tarifvertragliche Regelung bzw. Arbeitszeitgesetz)
  • Lohnfortzahlung im Krankheitsfall
  • Kündigungsvoraussetzungen
  • Ausbildungsplan (Ablauf und Inhalt des Praktikums)

4. Betreuung

Der*die Praktikant*in wird während des Praktikums von einem*einer Anleiter*in betreut. Diese*r kümmert sich um die Interessen und Arbeitsinhalte des*der Praktikant*in. Der*die Praktikant*in erhält für die Dauer des Praktikums einen geeigneten Arbeitsplatz.

5. Zeugnis

Nach Abschluss des Praktikums erhält der*die Praktikant*in ein Zeugnis (§ 630 "Pflicht zur Zeugniserteilung" BGB). Hier ist darauf zu achten, dass die darin enthaltenen Formulierungen keine negativen Auswirkungen auf zukünftige Arbeitsverhältnisse haben.

6. Vergütung von Praktika

Wenn keine tarifvertraglichen Regelungen greifen, soll für Praktika, in denen das Lernverhältnis im Vordergrund steht, mindestens der BAföG-Höchstsatz bezahlt werden. Für freiwillige Praktika soll generell auch der gesetzliche Mindestlohn gelten.

7. Dauer von Praktika

Freiwillige Praktika sollten in der Regel nicht länger als 3 Monate dauern. Bei einer längeren Praktikumsdauer besteht die Gefahr, dass statt des Erwerbs neuer Fähigkeiten routinierte Arbeit in den Vordergrund des Praktikums rückt und reguläre Arbeitsstellen vernichtet werden. Für Pflichtpraktika im Rahmen von Studiengängen gilt die in den Studienordnungen entsprechend festgesetzte Dauer von Praktika. Diese kann die empfohlene Dauer von 3 Monaten ggf. überschreiten.

8. Praktika von Absolvent*innen

Nach dem Abschluss einer akademischen Ausbildung sollten keine Praktika mehr gemacht werden. Für Absolvent*innen sollen die Unternehmen reguläre Arbeitsverhältnisse, bzw. Trainee- und Berufseinstiegsprogramme anbieten, die mindestens mit dem gesetzlichen Mindestlohn vergütet werden, wenn keine tarifvertraglichen Regelungen greifen.

Was muss ich beim Praktikumszeugnis beachten?

Als Praktikant*in hast du Anspruch auf ein Zeugnis, das mindestens die Art der Tätigkeit, deren Beginn und Dauer enthält. Man kann auch ein qualifiziertes Zeugnis verlangen, in dem zusätzlich Leistung und Führung während des Praktikums bewertet werden. Das Zeugnis sollte zeitnah zum Praktikum ausgestellt und am besten von dem*der Vorgesetzten unterschrieben werden. Es sollte die Lern- und Tätigkeitsschwerpunkte während des Praktikums aufführen und eine mindestens wohlwollende Bewertung von deiner Arbeit und dir als Praktikant*in enthalten. Es ist in jedem Fall hilfreich, wenn du die erledigten Tätigkeiten während des Praktikums dokumentierst, um im Zweifelsfall einen Nachweis über deine Leistungen zu haben.
Wenn du mit deinem Zeugnis unzufrieden oder nicht einverstanden ist, lass dich am besten vom Betriebsrat / Personalrat oder der zuständigen Gewerkschaft beraten.

Wo finde ich mehr Informationen rund ums Praktikum?

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