Mindestlohn: Warum er deutlich steigen muss
- Der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland beträgt 12,41 Euro pro Stunde. Anfang 2025 wird er auf 12,82 Euro steigen.
- Das ist nicht genug. Um in Zeiten der Inflation einen Mindestschutz zu gewährleisten, müsste der Mindestlohn mindestens bei ca. 15 Euro liegen.
- Wir als DGB fordern die Umsetzung der EU-Mindestlohnrichtlinie. Demnach gelten Mindestlöhne als angemessen, wenn sie mindestens 60 Prozent des mittleren gesamtwirtschaftlichen Lohns von Vollzeitbeschäftigten (Medianlohn) entsprechen.
- Der gesetzliche Mindestlohn soll vor Ausbeutung und Dumpinglöhnen schützen und einen Mindestschutz der Beschäftigten gewährleisten. Er ist die absolute Untergrenze für die Bezahlung von Arbeit in Deutschland. Wenn kein höherer Lohn vereinbart ist, zum Beispiel durch einen Tarifvertrag, gilt der gesetzliche Mindestlohn für alle Beschäftigten in Deutschland, mit ganz wenigen Ausnahmen.
- In vielen Branchen haben Arbeitgeber und Gewerkschaften eigene Mindestlöhne ausgehandelt, die über dem gesetzlichen Mindestlohn liegen. Diese Lohnuntergrenzen werden in einem Tarifvertrag vereinbart und von der Politik für allgemeinverbindlich erklärt. Sie stellen somit Branchenmindestlöhne dar. Das heißt: Alle Unternehmen dieser Branche müssen sich daran halten.
Es ist beschämend, dass die Arbeitgeber in dieser Situation mit den höchsten Teuerungsraten gerade bei den finanziell Schwächsten des Arbeitsmarktes sparen wollen.
Die wichtigsten Fragen auf einem Blick
Wie hoch ist der gesetzliche Mindestlohn 2024?
Seit dem 1. Januar 2024 beträgt der allgemeine gesetzliche Mindestlohn 12,41 Euro pro Stunde.
Bei einer 40-Stunden-Woche liegt der Bruttoverdienst mit Mindestlohn bei etwa 2.150 Euro im Monat. Wie viel netto, also nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen, davon übrig bleibt, ist individuell verschieden und hängt von Faktoren wie Steuerklasse, Familienstand, Anzahl der Kinder, Religionszugehörigkeit und Bundesland ab.
Tipp: Mit dem Brutto-Netto-Rechner der Hans-Böckler-Stiftung kannst du dir auf Grundlage deines Bruttolohns deinen Nettoverdienst online berechnen lassen – natürlich auch für den Mindestlohn.
12,41 Euro Mindestlohn seit Januar 2024: Warum das viel zu wenig ist
Mitten in der Inflation hat die Mehrheit der Mindestlohnkommission entschieden, den Mindestlohn zum 1. Januar 2024 auf nur 12,41 Euro und zum 1. Januar 2025 auf 12,82 Euro anzupassen. Die 3 Vertreter*innen der Gewerkschaften in der Mindestlohnkommission haben dagegen gestimmt. Das sind die Gründe:
- Die fast 6 Millionen Mindestlohn-Beschäftigten haben immer weniger Geld im Portemonnaie. Allein für Nahrungsmittel mussten sie im Mai 2023 rund 15 Prozent mehr Geld ausgeben als noch 1 Jahr zuvor. Die beschlossene Mindestlohn-Erhöhung beträgt gerade einmal 3,4 Prozent, sie kann diese Teuerung also nicht annähernd auffangen. Die Kommission wird damit ihrer Aufgabe nicht gerecht, einen Mindestschutz für Arbeitnehmer*innen zu gewährleisten.
- Die Arbeitgeber haben mit einer falschen Basis gerechnet. Sie nutzten nicht den vom Gesetzgeber festgelegten 12-Euro-Mindestlohn, sondern den alten Mindestlohn in Höhe von 10,45 Euro.
- Spätestens bis Ende 2024 muss die EU-Mindestlohn-Richtlinie umgesetzt sein. Sie legt fest, dass Mindestlöhne mindestens 60 Prozent des Medianlohns von Vollzeitbeschäftigten erreichen sollten. Dies würde in Deutschland einem Mindestlohn von etwa 14 Euro entsprechen.
Wann wird der Mindestlohn das nächste Mal erhöht?
Die nächste Erhöhung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns findet am 1. Januar 2025 statt. Das wurde auf Vorschlag der Mindestlohnkommission im Juni 2023 beschlossen – gegen die Stimmen der Gewerkschaften, die auch in der Kommission vertreten sind. Die Mehrheit der Mindestlohnkommission hat am 26. Juni 2023 den Beschluss gefasst, den gesetzlichen Mindestlohn von damals 12 Euro zum 1. Januar 2024 auf 12,41 und zum 1. Januar 2025 auf 12,82 Euro zu erhöhen. Das entspricht einer Erhöhung von gerade einmal 3,4 und 3,3 Prozent – und war für uns als DGB und unsere Mitgliedsgewerkschaften absolut enttäuschend. Wir hatten angesichts der hohen Inflation und der steigenden Kosten für Energie und Lebensmittel eine deutlich stärkere Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns gefordert.
Wer entscheidet über die Höhe des Mindestlohns?
Die Mindestlohnkommission ist ein unabhängiges Gremium, das sich aus Vertreter*innen von Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften und aus der Wissenschaft zusammensetzt und Vorschläge zur Höhe des Mindestlohns macht.
Mehr zu lesen zu den Aufgaben und der Zusammensetzung der Mindestlohnkommission gibt es auf unserer Themenseite zum Mindestlohn.
Weitere Infos zur Arbeit und den Mitgliedern der Mindestlohnkommission: www.mindestlohn-kommission.de
Wer bekommt den Mindestlohn?
Der gesetzliche Mindestlohn ist ein allgemeiner, flächendeckender Mindestlohn für ganz Deutschland. Er gilt, mit wenigen Ausnahmen, für alle Arbeitnehmer*innen; egal, in welchem Bundesland sie leben oder arbeiten.
Neben dem allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn gibt in einigen Branchen eigene Mindestlöhne. Diese Lohnuntergrenzen werden in einem Tarifvertrag vereinbart und von der Politik für allgemeinverbindlich erklärt. Damit sind sie sogenannte Branchenmindestlöhne. Alle Unternehmen dieser Branche müssen diese einhalten.
Welche Branchenmindestlöhne gibt es 2024?
Elektrohandwerk, Gebäudereinigung, Leiharbeit und Pflege: Das sind nur einige der Branchen, in denen Gewerkschaften mit den Arbeitgebern eigene Mindestlöhne ausgehandelt haben. Sie liegen über dem gesetzlichen Mindestlohn, zum Teil deutlich. Die Branchenmindestlöhne werden in Tarifverträgen geregelt und von der Politik für allgemeingültig erklärt.
Mehr erfährst du in unserem Ratgeber Branchenmindestlöhne.
Was passiert bei Verstößen gegen das Mindestlohngesetz?
Zuständig für die Kontrolle des Mindestlohns ist die Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Bundeszollverwaltung, kurz FKS. Sie prüft unter anderem, ob Arbeitgeber den gesetzlich vereinbarten Mindestlohn oder den geltenden Branchenmindestlohn zahlen. Sie prüft auch, ob die Arbeitgeber ihren Dokumentationspflichten nachkommen, das heißt, ob die Arbeitszeiten korrekt erfasst werden.
Für geringfügig Beschäftigte und in Branchen, in denen es viel Schwarzarbeit gibt – etwa dem Bau- oder Gaststättengewerbe, in der Logistik oder der Gebäudereinigung – müssen Arbeitgeber zwingend die Arbeitszeiten der Beschäftigten erfassen. Kommen Sie dieser Verpflichtung nicht nach, sind Bußgelder in Höhe von bis zu 30.000 Euro fällig. Bei Verstößen gegen die Zahlung des Mindestlohns drohen Geldbußen bis zu 500.000 Euro.
Wichtig: Wenn ein Unternehmen andere (Sub)Unternehmen beauftragt, eine Werk- oder Dienstleistung zu erbringen, ist es im Rahmen der Auftraggeberhaftung dafür verantwortlich, dass dieses Subunternehmen das Mindestlohngesetz einhält.
Was kann ich tun, wenn mein Arbeitgeber trickst?
Wenn sich der Arbeitgeber weigert, den Mindestlohn zu zahlen, ist das ein klarer Gesetzesverstoß. Das gilt auch für Tricksereien bei der Arbeitszeit – wenn also zum Beispiel weniger Stunden bezahlt werden, als gearbeitet wurden und so der Mindestlohn nur rein rechnerisch gezahlt wird, aber nicht tatsächlich.
Bei solchen Betrügereien solltest du zunächst deinen Vorgesetzten auf den Mindestlohnverstoß hinweisen, am besten schriftlich. Wenn es hart auf hart kommt, muss leider jede und jeder betroffene Beschäftigte einzeln den Arbeitgeber auf Auszahlung des Mindestlohns verklagen. Gewerkschaftsmitglieder können sich dazu bei ihrer Gewerkschaft kostenlos rechtlich beraten lassen und erhalten im Ernstfall Rechtsschutz. Deshalb: Mitglied werden und vom Rechtsschutz profitieren!
Informationen und ein kostenloses Bürgertelefon gibt es auch beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS). Hotline: 030/60 28 00 28 (montags bis donnerstags 8 bis 17 Uhr, freitags 8 bis 12 Uhr).
Branchenmindestlöhne.
Weniger geht nicht: Der Mindestlohn ist die absolute Untergrenze für die Bezahlung von Arbeit. In vielen Branchen haben Gewerkschaften und Arbeitgeber sich auf Mindestlöhne geeinigt, die über dem gesetzlichen Mindestlohn liegen, zum Teil deutlich. Ist deine Branche dabei?
Ausnahmen vom Mindestlohn: Minijobber*innen, Auszubildende etc.
Welche Ausnahmen gibt es beim Mindestlohn?
Auch im Jahr 2024 gibt es noch Ausnahmen vom gesetzlichen Mindestlohn. Er gilt weiterhin nicht für
- Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung,
- Auszubildende – unabhängig von ihrem Alter – im Rahmen der Berufsausbildung,
- Langzeitarbeitslose während der ersten 6 Monate ihrer Beschäftigung nach Beendigung der Arbeitslosigkeit,
- Praktikant*innen, wenn das Praktikum verpflichtend im Rahmen einer schulischen oder hochschulischen Ausbildung stattfindet,
- Praktikant*innen, wenn das Praktikum freiwillig bis zu einer Dauer von 3 Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder Aufnahme eines Studiums dient,
- Jugendliche, die an einer Einstiegsqualifizierung als Vorbereitung zu einer Berufsausbildung oder an einer anderen Berufsbildungsvorbereitung nach dem Berufsbildungsgesetz teilnehmen,
- ehrenamtlich Tätigkeiten.
Gilt der Mindestlohn auch im Minijob?
Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn gilt unabhängig davon, wie oft oder wie viele Stunden jemand arbeitet – also auch für Minijobber*innen.
Für das Jahr 2024 bedeutet das konkret: Der gesetzliche Mindestlohn liegt bei 12,41 Euro brutto pro Stunde, die Einkommensgrenze für Minijobs bei 538 Euro. Wer den gesetzlichen Mindestlohn bekommt, darf also bis zu 43 Stunden im Monat – oder 10 Stunden pro Woche – im Minijob arbeiten. Wird ein höherer Lohn als der allgemeine gesetzliche Mindestlohn gezahlt, sinkt die Anzahl der möglichen Arbeitsstunden im Minijob entsprechend.
Gibt es einen Mindestlohn für Auszubildende?
Auszubildende erhalten keinen Mindestlohn, sondern eine Mindestausbildungsvergütung. Sie wird umgangssprachlich oft "Mindestlohn für Azubis" genannt, ist jedoch nicht mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu verwechseln.
2024 beträgt die Mindestausbildungsvergütung:
- 649 Euro im 1. Ausbildungsjahr,
- 766 Euro im 2. Ausbildungsjahr,
- 876 Euro im 3. Ausbildungsjahr,
- 909 Euro im 4. Ausbildungsjahr.
Mindestausbildungsvergütung
Alles Wichtige zur Bezahlung in der Ausbildung erfährst du in unserem Ratgeber.
Minijobs
Was ist ein Minijob und welche Rechte haben Minijobber*innen? Diese und viele weitere Fragen beantworten wir dir in unserem Ratgeber zu Minijobs.
Wie hat sich der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland entwickelt?
Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn wurde am 1. Januar 2015 in Deutschland eingeführt. Damals lag er bei 8,50 Euro brutto pro Stunde, mittlerweile beträgt er 12,41 Euro pro Stunde. Er markiert die Lohnuntergrenze, die nicht unterschritten werden darf. Anders ausgedrückt: Wer arbeitet, darf – mit wenigen Ausnahmen – nicht weniger als aktuell 12,41 Euro pro Stunde verdienen – wenn doch, macht sich der Arbeitgeber strafbar. Damit sollen Arbeitnehmer*innen vor Ausbeutung und Dumpinglöhnen geschützt werden.
Die Mindestlohnkommission befindet turnusmäßig alle 2 Jahre über die künftige Höhe des Mindestlohns. Dabei werden unter anderem wirtschaftliche Entwicklungen berücksichtigt. Zum 1. Oktober 2022 gab es einen einmaligen, außerplanmäßigen Sprung auf 12 Euro brutto pro Stunde. Diese Erhöhung wurde durch die Bundesregierung vorgenommen, um den Mindestlohn auf ein existenzsicherndes Niveau anzuheben. Denn der Mindestlohn war schon bei seiner Einführung zu gering angesetzt und in der Mindestlohnkommission war ein solcher Schritt mit den Vertreter*innen der Arbeitgeber – ein Plus von 1,55 Euro – nicht möglich.
2024 liegt der gesetzliche Mindestlohn bei 12,41. Damit ist er seit der Einführung im Jahr 2015 um 46 Prozent gestiegen.
Wie hat sich der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland entwickelt?
Entwicklung des Mindestlohns seit 2015:
Jahr | Mindestlohn (in €/Std.) |
---|---|
2015 | 8,50 |
2016 | 8,50 |
2017 | 8,84 |
2018 | 8,84 |
2019 | 9,19 |
2020 | 9,35 |
2021 (01.01.-30.06.) | 9,50 |
2021 (01.07.-31.12.) | 9,60 |
2022 (01.01-30.06.) | 9,82 |
2022 (01.10.-31.12.) | 12,00 |
2023 | 12,00 |
2024 | 12,41 |
2025 | 12,82 |
Wer hat von der Erhöhung auf 12 Euro Mindestlohn im Jahr 2022 profitiert?
Zum 1. Oktober 2022 wurde der Mindestlohn außerplanmäßig auf 12 Euro erhöht. Für den uns als DGB und unsere Mitgliedsgewerkschaften war das ein großer Erfolg – wir hatten lange für diese Verbesserung für Arbeitnehmer*innen gekämpft. Was hat die Erhöhung gebracht?
Ergebnis: Von der Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro profitierte 5,8 Millionen Menschen direkt, indem sie mehr Geld im Portemonnaie hatten. Der Anteil der Menschen, die zu Niedriglöhnen arbeiten, sank von 19 auf rund 15 Prozent. Besonders Frauen und Minijobber*innen konnten ihr Gehalt verbessern, zum Teil deutlich. Das belegen Zahlen des Statistischen Bundesamts. Die gestiegene Kaufkraft, die mit dem höheren Einkommen verbunden war, hat sich zudem positiv auf die Wirtschaft ausgewirkt.