Vom Gesetz zur Praxis: Neues Zentrum stärkt Arbeitnehmer*innenrechte durch Sorgfaltspflichten

Datum

Ordnungsnummer PM 019

Am 20. März 2025 verkünden globale Gewerkschaften gemeinsam mit Vertreter*innen der deutschen Regierung offiziell die Gründung des Kompetenzzentrums für menschenrechtliche Sorgfaltspflichten, das noch in diesem Jahr eröffnet wird. Das Zentrum unterstützt Gewerkschaften dabei, nationale und europäische Gesetze – wie das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und die EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) – zu nutzen, um Arbeitnehmer*innenrechte entlang globaler Lieferketten und in Unternehmen durchzusetzen.

UNI Global Union (UNI) und IndustriALL Global Union arbeiten dabei mit der Friedrich-Ebert-Stiftung und dem DGB zusammen. Die Anschubfinanzierung erfolgt über die Initiative Globale Solidarität, ein GIZ-Programm, das vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gefördert wird.

“Der Übergang von freiwilligen Leitlinien zu verbindlichen menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten in Deutschland und Europa ist ein Meilenstein für Arbeitnehmer*innenrechte weltweit. Erstmals gibt es einen verbindlichen Rechtsrahmen, der Unternehmen zur Verantwortung zieht. Das stärkt nicht nur Gewerkschaften in ihrem Kampf für bessere Arbeitsbedingungen, sondern sorgt auch für fairen Wettbewerb und stoppt den Unterbietungswettlauf um Sozial- und Umweltstandards.” – Alke Boessiger, stellvertretende Generalsekretärin, UNI Global Union.

Beim Launch-Event am 20. März diskutieren Gewerkschaftsführungen, politische Entscheidungsträger*innen und Unternehmensvertreter*innen, wie das Zentrum dazu beiträgt, dass Sorgfaltspflichten globale Lieferketten widerstandsfähiger, gerechter und transparenter machen.

“Die internationale Gewerkschaftsbewegung setzt sich dafür ein, Sorgfaltspflichten wirksam zur Stärkung von Arbeitnehmer*innenrechten einzusetzen. Durch Zusammenarbeit mit anderen globalen Gewerkschaften bauen wir Brücken zwischen Gewerkschaften in Gesetzgeberländern wie Deutschland und jenen in Produktionsländern, wo Menschenrechtsverletzungen besonders häufig vorkommen. Das neue Kompetenzzentrum wird eine entscheidende Rolle spielen, indem es Gewerkschaften unterstützt und rechtliche Expertise bereitstellt, damit Sorgfaltspflichten zu realen Verbesserungen für Beschäftigte führen.” – Atle Høie, Generalsekretär, IndustriALL Global Union.

“Starke Gesetze brauchen starke Zusammenarbeit, um wirklich etwas für Beschäftigte zu bewirken. Die Gründung des Kompetenzzentrums ist ein Beweis für die erfolgreiche Kooperation zwischen Gewerkschaften, dem BMZ und der Friedrich-Ebert-Stiftung. Gemeinsam stellen wir sicher, dass menschenrechtliche Sorgfaltspflichten nicht nur auf dem Papier existieren, sondern als effektives Instrument zur Stärkung von Arbeitnehmer*innenrechten und unternehmerischer Verantwortung genutzt werden.” – Yasmin Fahimi, Vorsitzende des DGB.

Drei zentrale Ziele des Kompetenzzentrums:

  1. Kapazitätsaufbau für Gewerkschaften in Ländern mit Sorgfaltspflichtengesetzen – beginnend mit Deutschland – und entlang globaler Lieferketten, um Unternehmen wirksam in die Pflicht zu nehmen.
  2. Strategische Interventionen, um Arbeitnehmer*innenrechte zu sichern und Verletzungen in besonders risikoreichen Wertschöpfungsketten zu verhindern.
  3. Politische und betriebliche Einflussnahme, um eine wirksame Umsetzung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten sicherzustellen.

Zusätzlich werden Gewerkschaften und Expert*innen in ein beratendes Gremium eingebunden, um die Strategie des Zentrums mitzugestalten und koordinierte Maßnahmen zu ermöglichen.

Das Kompetenzzentrum wird als gemeinnützige Stiftung in den Niederlanden registriert und virtuell arbeiten, ohne festen Standort. Die offizielle Eröffnung ist für das vierte Quartal 2025 geplant.

Hintergrund

Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz ist seit Januar 2023 in Kraft und bildet einen Schwerpunkt der Arbeit des Zentrums. Es verpflichtet Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten, menschenrechtliche Risiken in ihren globalen Lieferketten zu identifizieren, zu minimieren und zu verhindern.

Die EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) wurde im Juni 2024 verabschiedet und muss bis 2026 in allen EU-Mitgliedstaaten umgesetzt werden. Sobald die Richtlinie in Kraft tritt, wird das Mandat des Kompetenzzentrums entsprechend erweitert. Allerdings droht eine Abschwächung der Richtlinie durch den von der Europäischen Kommission im Februar 2025 vorgelegten „Omnibus-Vorschlag“, der wesentliche Bestimmungen verwässern könnte. Gewerkschaften und zivilgesellschaftliche Organisationen leisten entschiedenen Widerstand gegen diese Änderungen.

Über die Projektpartner

UNI Global Union vertritt Beschäftigte aus über 150 Ländern im Dienstleistungssektor und setzt sich für bessere Arbeitsbedingungen und soziale Gerechtigkeit ein. UNI unterstützt Gewerkschaften beim Aufbau von Machtstrukturen, fördert Tarifverhandlungen und fordert Unternehmen sowie Regierungen zur Rechenschaft.

IndustriALL Global Union vertritt 50 Millionen Beschäftigte in 130 Ländern in den Branchen Bergbau, Energie und Industrieproduktion. IndustriALL kämpft für bessere Arbeitsbedingungen, Gewerkschaftsrechte und eine gerechtere Globalisierung.

DGB ist die Dachorganisation von 8 Mitgliedsgewerkschaften mit 5,7 Millionen Beschäftigten. Der DGB setzt sich für faire Arbeitsbedingungen, soziale Gerechtigkeit und starke Arbeitnehmerrechte ein – in Deutschland und entlang globaler Lieferketten.

Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES), gegründet 1925, ist die älteste politische Stiftung Deutschlands. Als gemeinnützige Stiftung verbindet sie mit der Gewerkschaftsbewegung das Streben nach Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität – national, europäisch und international.

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