Starke Gewerkschaften für Demokratie und soziale Sicherheit

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Ordnungsnummer PM 004

Dachzeile DGB-Jahrespressekonferenz 2024

Der Geschäftsführende DGB-Bundesvorstand hat am Mittwoch in Berlin die politischen Schwerpunkte für das Jahr 2024 vorgestellt und die aktuelle politische Lage bewertet.

Mit Blick auf die weiterhin unsicheren und spannungsreichen Zeiten betonte DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi die Wichtigkeit einer starken Gewerkschaftsbewegung: "Wir sorgen dafür, dass sich die Menschen nicht schutzlos ausgeliefert fühlen müssen – auch dann nicht, wenn die Folgen von Kriegen und anderen internationalen Krisen unser Land erreichen." Das honorierten auch die Beschäftigten, wie sich in den auf 5.665.671 Mitglieder starken DGB-Gewerkschaften zeige. Insbesondere die Zahl der Neueintritte belege das: Sie hat sich im Vergleich zum Vorjahr um 37 Prozent erhöht. "Unsere Mitgliedsgewerkschaften konnten 437.000 Menschen neu davon überzeugen, dass mit uns einfach mehr drin ist. Mehr Lohn, mehr Freizeit und mehr Sicherheit!", so Fahimi.

Mit Sorge blickte die DGB-Vorsitzende auf die abnehmende Tarifbindung in Deutschland. Sie plädierte für eine "Tarifwende" – ein "unmissverständliches Signal der Bundesregierung, dass die Gestaltung der Arbeitswelt durch Tarifverträge der gewollte Standard in unserem Wirtschafts- und Gesellschaftssystem ist". Sie erinnerte an das im Koalitionsvertrag versprochene Bundestariftreuegesetz und forderte Arbeitgeber und FDP auf, es nicht weiter zu torpedieren: "Ich erwarte, dass das Gesetz noch im ersten Quartal dieses Jahres in voller Wirksamkeit verabschiedet wird."

Außerdem müsse der Staat endlich wieder handlungsfähig werden, um die anstehenden Jahrhundertaufgaben zu bewältigen. Fahimi nannte die Schuldenbremse eine "Investitionsbremse" und appellierte an Bundesregierung und Opposition: "Seien sie vernünftig. Tun Sie jetzt, was für das Land notwendig ist – über alle parteipolitischen Differenzen hinweg."

Mut mache hingegen das große Engagement gegen rechts, das für Gewerkschaften ein Teil ihrer DNA sei: "Wer die Beschäftigten versucht zu spalten, und wer einen Keil in die Belegschaften treibt, der stellt sich gegen unser unverrückbares Prinzip der Solidarität." In Richtung der Arbeitgeber sagte Fahimi: "Lassen Sie uns gemeinsam aufzeigen, welche schädlichen Folgen die Politik von Rechtsextremen und AfD hätte. Lassen Sie uns gemeinsam eine Brandmauer gegen neuen und alten Faschismus in den Betrieben errichten".

Massive Investitionen in den Bildungsbereich forderte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack. "Im internationalen Vergleich hinkt unser Land hinterher. Marode Gebäude, zu wenig Lehr- sowie Kita-Personal und letztlich immer wieder dürftige Plätze in Bildungsrankings – das muss die Politik endlich wachrütteln", betonte Hannack. Die Bundesregierung müsse endlich die im Koalitionsvertrag versprochenen Maßnahmen umsetzen: "Dazu gehören unbedingt das Startchancenprogramm, der Digitalpakt und der Pakt für berufliche Schulen, sowie ein verbessertes BAföG." Die Länder rief die DGB-Vize auf, mehr gegen den Fachkräftemangel im Bildungssystem zu tun. "An der Ausbildung und auch an der guten Bezahlung des Personals darf nicht länger gespart werden."

Deutlich mehr Engagement solle die Bundesregierung auch für die die Frauen- und Gleichstellungspolitik zeigen. "Gerade in diesen Zeiten ist es wichtig, die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern, um mehr Männer in die Familienarbeit einzubeziehen und die Frauenerwerbstätigkeit zu stärken. Wir brauchen mehr Frauen auf dem Arbeitsmarkt", betonte die Gewerkschafterin. "Wir brauchen dafür die versprochene Familienstartzeit und den zusätzlichen Partnermonat beim Elterngeld genauso dringend wie die geplante Entgeltersatzleitung für pflegende Erwerbstätige, die ihre Arbeitszeit reduzieren. Und auch auf die Förderung von haushaltsnahen Dienstleistungen und die der Streichung der Steuerklasse V können wir nicht verzichten, wenn wir es mit der Fachkräftesicherung ernst meinen", so Hannack.

DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell forderte eine Trendumkehr bei den Investitionen. "Ohne massive öffentliche Investitionen lässt sich der enorme Investitionsstau in Deutschland nicht auflösen. Für die Transformation der Wirtschaft, gute Bildung und eine moderne digitale Infrastruktur bräuchte es in den kommenden Jahren zusätzlich hunderte Milliarden Euro an Investitionen. Beim sozialen Wohnungsbau müssten Bund und Länder die öffentlichen Fördermittel eigentlich verdoppeln, damit zumindest die notwendigen 100.000 Sozialwohnungen jährlich entstehen können", betonte Körzell. Notwendig sei überdies eine "aktive Industriepolitik, die Anreize für private Investitionen setzt – und natürlich müssen sich die Unternehmen dabei gleichzeitig zur Standort- und Tariftreue verpflichten. Wir wollen keine Sparvariante der sozial-ökologischen Transformation, bei der das Soziale hinten runterfällt und es zum Abbau von Beschäftigung kommt."

Mit Blick auf die zu geringe Mindestlohnerhöhung, die in der Mindestlohnkommission gegen die Stimmen der Gewerkschaften durchgesetzt wurde, schlug Körzell einen neuen Anlauf vor: "Ich fordere die Arbeitgeber in der Mindestlohnkommission auf, gemeinsam mit uns im ersten Halbjahr dieses Jahres einen neuen Vorschlag zur Erhöhung des Mindestlohns vorzulegen." Dieser müsse den aktuellen Lebensrealitäten der Menschen entsprechen und zu einem angemessenen Mindestlohn führen, wie ihn die Europäische Mindestlohnrichtlinie vorsieht. Demnach sind 60 Prozent des mittleren Einkommens von Vollzeitbeschäftigten das Ziel. Zurzeit entspräche dies circa 14 Euro.

Anja Piel betonte die Unverzichtbarkeit eines starken Sozialstaats. "Wer Demokratie will, darf nicht die Sozialleistungen runterschrauben. Die Krisen verunsichern. Viele haben Sorge, dass es ihnen in Zukunft schlechter geht. Deshalb muss der Staat verlässlich sein. Zusagen dürfen nicht nach Kassenlage einfach zurückgenommen werden." Darauf hätten die Gewerkschaften auch bei den Zuschüssen an die Bundesagentur für Arbeit erfolgreich bestanden.

Anerkennung zollte Piel der Politik der Ampel. "Bei aller Kritik: Die Ampel hat für die Menschen auch etwas geleistet. Sie hat viele vor den Folgen der Energiekrise geschützt und mit dem Kurzarbeitergeld Massenarbeitslosigkeit verhindert."

Dennoch erinnerte Piel die Bundesregierung auch an ihre offenen Versprechen und forderte, die Kindergrundsicherung umzusetzen. "In den Familien muss genug Geld da sein. Eltern dürfen sich nicht die Hacken wundlaufen, um die Leistung zu bekommen," so Piel. Mit Blick auf das angekündigte Rentenpaket erneuerte Piel die Forderung nach einem stabilen Rentenniveau. "Wenn wir Sicherheit für alle im Alter wollen, liegt das Minimum für das Rentenniveau bei 48 Prozent." Einem steigenden Rentenalter erteilte Piel eine Absage: "Tariflich bezahlte Arbeit sichert gute Renten. Besser 80 Prozent Tarifbindung als bis 80 arbeiten."

Gleichzeitig wandte sich Piel an die Adresse der Opposition. "Die Stimmung im Land ist aufgeladen. Einer neuen Rechten gräbt man das Wasser aber nicht ab, indem man in ihre Lieder einstimmt", appellierte sie mit Blick auf die Diskussionen über Bürgergeld und Migration. "Verantwortung haben alle Demokrat*innen in diesem Land", so Piel.

Die Statements der Mitglieder des Geschäftsführenden DGB-Bundesvorstands:

Statement der DGB-Vorsitzenden Yasmin Fahimi

Statement der stellvertretenden DGB-Vorsitzenden Elke Hannack

Statement DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell

Statement DGB Vorstandsmitglied Anja Piel

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