Der gesetzliche Mindestlohn steigt zum 1. Januar 2024 auf 12,41 Euro je Stunde. Auf diese Erhöhung hatte sich die Mindestlohnkommission bereits im Juni 2023 gegen die Stimmen der Gewerkschaftsvertreter*innen festgelegt. Dazu sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell am Freitag in Frankfurt am Main:
"Der Mini-Erhöhung um nur 41 Cent haben die Gewerkschaftsvertreter*innen in der Mindestlohnkommission nicht zugestimmt. Mit dieser Mehrheitsentscheidung in der Mindestlohnkommission werden die Mindestlohn-Empfänger in Zeiten hoher Inflation aber auch auf Dauer von der allgemeinen Lohnentwicklung abgekoppelt. Wir halten weiter fest an unserem Ziel eines existenzsichernden Mindestlohns, der gemäß der europäischen Mindestlohn-Richtlinie bei 60 Prozent des mittleren Einkommens von Vollzeitbeschäftigten liegen muss. Zurzeit entspricht dies circa 14 Euro. Um dieses Ziel zu erreichen, wollen die Gewerkschaften an der Mindestlohnkommission festhalten. Klar ist aber, dass sich die Kommission auf neue Regeln verständigen muss, um ihrem Auftrag besser gerecht werden zu können. Neue Kriterien legt auch die bis November 2024 in nationales Recht umzusetzende EU-Richtlinie fest. Auch diese muss die Mindestlohnkommission berücksichtigen: Wir wollen mit dem gesetzlichen Mindestlohn Armut trotz Erwerbstätigkeit bekämpfen, Kaufkraft unter Berücksichtigung der Inflation erhalten und allen Beschäftigten gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen.
Der Mindestlohn darf dabei immer nur die unterste Haltelinie sein, unter der kein Lohn in Deutschland gezahlt werden darf. Die Gewerkschaften wollen zuallererst gute Arbeit und gute Löhne – und die gibt es nur mit Tarifverträgen. Deshalb sollte die Bundesregierung endlich die Tarifbindung stärken und unter anderem das lange angekündigte Bundestariftreuegesetz auf den Weg bringen. Dieses Gesetz muss dafür sorgen, dass öffentliche Aufträge ausschließlich an Unternehmen vergeben werden, die Tarifverträge anwenden."
Beim Mindestlohn gebe es laut Körzell immer noch millionenfach Betrügereien auf Arbeitgeberseite. "Das Potential an kriminellen Arbeitgebern ist enorm. Deshalb müssen die Kontrollen – auch zum Schutz der ehrlichen Arbeitgeber – verstärkt werden. Notwendig sind mehr verdachtsunabhängige Stichproben durch die zuständige Behörde Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS). Ebenso sollten die Beschäftigten ihre Arbeitszeiten dokumentieren und Verstöße gegen das Mindestlohngesetz bei der FKS melden. Dafür braucht die beim Zoll angesiedelte Behörde aber deutlich mehr Personal. Der geplante Stellenaufwuchs muss schnell realisiert werden."
Hintergrund:
Die von der Bundesregierung eingesetzte Mindestlohnkommission besteht aus sieben stimmberechtigten Mitgliedern: der Vorsitzenden der Kommission und je drei Vertreter*innen der Gewerkschaften und der Arbeitgeber, sowie aus zwei nicht stimmberechtigten wissenschaftlichen Mitgliedern. Laut Mindestlohngesetz wird der gesetzliche Mindestlohn alle zwei Jahre neu festgelegt. Im Juni 2023 hatten die Arbeitgeber in der Kommission zusammen mit der Vorsitzenden gegen die Stimmen der Arbeitnehmervertreter*innen durchgesetzt, den gesetzlichen Mindestlohn in zwei Schritten zu erhöhen. Demnach steigt der gesetzliche Mindestlohn zum 1. Januar 2024 um nur 41 Cent auf 12,41 Euro und in einem zweiten Schritt zum 1. Januar 2025 auf lediglich 12,82 Euro. Schon heute ist klar, dass diese beiden Erhöhungsschritte in keinem Fall zu einem existenzsichernden Mindestlohn führen. Die Mindestlohnkommission wird Mitte 2025 eine Empfehlung für die weitere Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns ab dem 1. Januar 2026 aussprechen.