Zu den aktuellen Arbeitsmarktzahlen und der Debatte über das Bürgergeld sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel am Mittwoch in Berlin:
"Dass der Arbeitsmarkt in der anhaltenden Krise stabil bleibt ist eine gute Nachricht. Das darf aber nicht unseren Blick von Problemen weglenken, die dringend gelöst werden müssen. Eines davon ist sich verfestigende Langzeitarbeitslosigkeit: Im Oktober waren 880.000 Frauen und Männer länger als ein Jahr ohne Arbeit, 24 Prozent mehr als vor der Corona-Pandemie. Das geplante Bürgergeld ist für diese Menschen eine große Chance: Neben weniger Not, mehr Sicherheit und mehr Wertschätzung für die Leistung langjährig Beschäftigter soll es bessere Weiterbildungsangebote und ein Weiterbildungsgeld geben – das bietet vielen echte Perspektiven, wieder auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.
Aus den Unionsparteien kommt statt notwendiger Unterstützung eine Sozialneiddebatte. Mit dem uralten und schon immer falschen Märchen von der sozialen Hängematte wird mitten in der Krise versucht, Beschäftigte und Arbeitslose gegeneinander auszuspielen. Das ist zynisch und sozial unverantwortlich.
Wer richtig rechnet, weiß auch, dass sich Arbeit weiter lohnt: Ein Paar mit zwei Kindern, bei dem ein Erwachsener zum Mindestlohn in Vollzeit arbeitet, hat 518 Euro mehr in der Haushaltskasse als beim Bürgergeld. Dass in den Beispielrechnungen der CSU Wohngeldansprüche fehlen und sie dem Bürgergeld noch fälschlicherweise den Heizkostenzuschuss zuschlagen, führt zu Desinformation und schadet dem demokratischen Diskurs. Aber gerade in Krisenzeiten sollte unsere Gesellschaft zusammenstehen.
Der zu Recht stark verbesserte Schutz von Wohnung und Ersparnissen hält niemanden von Arbeit fern, sondern schützt langjährig Beschäftigte vor dem sozialen Abstieg auf Sozialhilfeniveau, wenn sie nach einem Jahr Arbeitslosengeld noch keine neue Arbeit gefunden haben.
Die Bundesregierung muss jetzt im Bundeshaushalt das Geld für die Förderung von Arbeitslosen bereitstellen, um die Verbesserungen durch das Bürgergeld mit Leben zu füllen. Auf die Hilferufe aus den Jobcentern, zuletzt vom Netzwerk der Jobcenter-Personalräte, muss reagiert werden; Berichte von unerträglicher Arbeitsbelastung und erschöpften und verzweifelten Mitarbeiter*innen darf die Ampel nicht ignorieren. Keinesfalls darf das Engagement der Jobcenter aufgrund fehlender Mittel ausgebremst werden – sonst verpuffen die Potentiale des Bürgergelds."