DGB legt Tariffluchtbilanz vor und startet Kampagne für mehr Tarifschutz

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Ordnungsnummer PM 054

Dachzeile Tarifwende

Auf insgesamt rund 130 Milliarden Euro beziffert der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) den Schaden, der durch Tarifflucht und Lohndumping der Arbeitgeber hierzulande entsteht. Sozialversicherungen und Fiskus entgehen Milliarden Euro, ebenso wird die Kaufkraft in erheblichem Ausmaß geschmälert. Das belegen neue Berechnungen des DGB auf Basis von exklusiven Daten des Statistischen Bundesamtes. Der DGB startet jetzt eine bundesweite Kampagne für mehr Tarifschutz. Unter dem Motto "Eintreten für die Tarifwende" soll deshalb nicht nur über das Thema informiert, sondern auch der Druck auf Arbeitgeber und Politik erhöht werden.

Die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi sagte am Montag in Berlin:

"Aktuell profitieren nur noch rund die Hälfte aller Beschäftigten hierzulande von tarifvertraglichen Regelungen und ihrem Schutz. Dieser Trend gefährdet unseren Wohlstand, schwächt die Demokratie und kommt uns teuer zu stehen.

Wir fordern die Arbeitgeber auf, ihrer gesellschaftlichen Verantwortung wieder gerecht zu werden – und im Übrigen auch dem eigentlichen verfassungsmäßigen Auftrag: mit uns gemeinsam Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu verabreden.

Wir werden weiter Druck machen auf die politischen Akteure in den Ländern und im Bund, damit sie sich für mehr Tarifbindung einsetzen – auch durch neue gesetzliche Regelungen. Denn der volkswirtschaftliche Schaden durch die Tarifflucht der Arbeitgeber über drei Jahrzehnte hinweg ist enorm. Das darf die Politik nicht länger ignorieren."

DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell:

"Mit Tarifverträgen gibt es mehr Freizeit, mehr Lebensqualität, aber insbesondere auch höhere Gehälter. Auch darauf wollen wir mit unserer Kampagne hinweisen. Bei gleicher Tätigkeit haben Beschäftigte mit Tarifvertrag im Schnitt 12 Prozent mehr Geld in der Lohntüte – und zudem auch öfter Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Tarifverträge bieten aber auch mehr Sicherheit in Krisenzeiten, etwa durch bessere Regeln für das Kurzarbeitergeld.

Genießen Beschäftigte keinen Schutz eines Tarifvertrages, bedeutet das nicht nur für sie persönlich weniger Geld im Portemonnaie. Geringere Einkommen haben auch weniger Einnahmen für die Sozialversicherungen, also für Arbeitslosen-, Renten- und Krankenversicherung zur Folge. Auch die Steuereinnahmen durch die Einkommensteuer fallen geringer aus. Mit unserer Tariffluchtbilanz haben wir diese Kosten berechnet. Sie zeigt schwarz auf weiß, warum wir eine Tarifwende brauchen."

Tariffluchtbilanz:

Den Sozialversicherungen in Deutschland entgehen jährlich rund 43 Milliarden Euro an Beiträgen. Bund, Länder und Kommunen nehmen circa 27 Milliarden Euro weniger Einkommensteuer ein. Die mangelnde Tarifbindung wirkt sich darüber hinaus unmittelbar auf die Kaufkraft der arbeitenden Bevölkerung aus: Mit einer flächendeckenden Tarifbindung hätten die Beschäftigten insgesamt rund 60 Milliarden Euro mehr pro Jahr im Portemonnaie.

Betrachtet über ganz Deutschland und über alle Branchen hinweg bedeutet das unter dem Strich, dass Beschäftigte, die keinen Tarifvertrag haben, jährlich 3.022 Euro netto weniger haben als Tarifbeschäftigte.

Der DGB fordert, dass öffentliche Aufträge und Fördergelder generell nur an Unternehmen vergeben werden, die Tarifverträge anwenden. Auch für die Privatwirtschaft sind bessere Gesetze notwendig, um die Tarifbindung zu stärken: Im Falle einer Aufspaltung oder Abspaltung eines Unternehmens sollten Tarifverträge bis zu einer neuen Regelung fortgelten. Zudem muss es leichter werden, Tarifverträge für alle Unternehmen einer Branche allgemeinverbindlich zu erklären.

Die DGB-Berechnungen basieren auf der jüngsten Verdiensterhebung (VE), die das Statistische Bundesamt zuletzt für das Jahr 2022 erhoben hat.

Weiterführende Informationen:

Downloads:

  • Statement Yasmin Fahimi zum Start der Kampagne "Tarifwende" Download PDF
  • Statement Stefan Körzell zum Start der Kampagne "Tarifwende" Download PDF
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