Ab Oktober dieses Jahres beträgt der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland 12 Euro je Arbeitsstunde. Das hat der Deutsche Bundestag heute beschlossen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund begrüßt die Entscheidung, die mit dem Gesetz verbundene Erhöhung der Minijob-Grenze wird jedoch weiterhin abgelehnt.
Stefan Körzell, DGB-Vorstandsmitglied, sagte am Freitag in Berlin: „Wir begrüßen diesen Schritt des Gesetzgebers außerordentlich, denn der Mindestlohn war bei seiner Einführung im Niveau zu niedrig angesetzt. Mit der Erhöhung auf 12 Euro erhalten rund 6,2 Millionen Beschäftigte mehr Anerkennung für ihre Arbeit. Das ist auch ein wichtiger Schritt, um später im Rentenalter Armut zu mindern. Vor allem Beschäftigte im Gastgewerbe, im Handel und im Gesundheits- und Sozialwesen hilft der höhere Mindestlohn. Auch auf die Konjunktur wird sich die Erhöhung positiv auswirken, denn ein Großteil der zusätzlichen Einkommen wird unmittelbar in den Wirtschaftskreislauf zurückfließen.
Die Gewerkschaften setzen sich auch künftig in der Mindestlohnkommission dafür ein, den Mindestlohn weiterzuentwickeln und ihn armutsfest zu gestalten. Der Fokus der Gewerkschaften liegt jedoch nach wie vor auf Tarifverhandlungen. Wir wollen mit den Arbeitgebern mehr Tarifverträge mit guten Löhne abschließen. Wo das nicht geht, ist eben der Mindestlohn als unterste Haltelinie wichtig. Für weniger Geld darf in Deutschland niemand arbeiten.“
Anja Piel, DGB-Vorstandsmitglied, sagte: „In der Pandemie wurden Hunderttausenden Menschen in Deutschland innerhalb kürzester Zeit ihre Minijobs gekündigt – ohne Anspruch auf Kurzarbeiter- oder Arbeitslosengeld. Haben sich Beschäftigte mit Minijob gegen die optionale Rentenversicherungspflicht entschieden, drohen auch bei der Rente Nachteile: Gerade für diejenigen, die in ihrer Erwerbsbiographie nahezu ausschließlich im Minijob arbeiten, ist das ein sicheres Ticket in die Altersarmut – überwiegend trifft das Frauen. In einer Umfrage des DGB fordern deshalb zurecht zwei Drittel der Befragten Sozialversicherungsschutz ab dem ersten Euro. Mit der Erhöhung der Einkommensgrenze ignoriert die Koalition Armutsrisiken.
Mit Blick auf den akuten Fachkräftemangel, soziale Absicherung und Gleichstellung sind noch mehr Minijobs ein Irrweg: Falsche Anreize, Arbeitszeit zu begrenzen entwerten auch den Wert von Qualifikation und Weiterbildung und halten unzählige Frauen von einer eigenständigen existenzsichernden Beschäftigung ab. Minijobs sind eben kein taugliches Sprungbrett in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, sondern für zu viele eine berufliche Sackgasse.
Die Koalition muss auch bei der Arbeitszeiterfassung liefern: Es braucht eine lückenlose verlässliche und manipulationssichere Erfassung in sämtlichen Branchen. Fehlende Arbeitszeiterfassung führt am Ende zu nichts anderem als Lohndiebstahl.“