Warum wir das Ehrenamt im Handwerk haben und brauchen
Das Ehrenamt übt im Handwerk demokratische Kontrolle aus, das betrifft auch die Arbeitnehmer*innen. Wie wird die Prüfung gestaltet und abgenommen? Wie wird mit der Politik diskutiert? Wie lässt sich das Handwerk zukunftsgerecht aufstellen? Wie kann ich Prüfer*in im Handwerk werden? All das und vieles mehr kann im handwerklichen Ehrenamt mitgestaltet werden. Wer etwas in seiner Arbeitswelt mitgestalten will, ist hier goldrichtig – damit das Handwerk noch morgen goldenen Boden hat.
Fragen und Antworten zum Ehrenamt im Handwerk
Handwerkskammer: Wer ist das?
Die Handwerkskammer ist die Selbstverwaltungseinrichtung aller Handwerksbetriebe im Kammerbezirk. In den derzeit 53 Handwerkskammern sind mehr als eine Million Betriebe vertreten, mit mehr als 5,6 Millionen Beschäftigten und ca. 360.000 Auszubildende. Der Jahresumsatz im Handwerk liegt bei rund 668 Milliarden Euro. Etwa 12 Prozent aller Erwerbstätigen und 27 Prozent aller Auszubildenden in Deutschland sind im Handwerk beschäftigt.
Was unterscheidet die Handwerkskammer von anderen Wirtschaftskammern?
Eine Besonderheit der Handwerkskammern ist die Arbeitnehmerbeteiligung in allen Gremien der Kammer. Die Handwerkskammer vertritt also auch die Interessen der angestellten Meister, Gesellen und Auszubildenden in den Betrieben.
Welche Gremien tragen die Selbstverwaltung im Handwerk?
Die Aufgabenteilung der Gremien in der handwerklichen Selbstverwaltung werden geregelt durch die Handwerksordnung, das Berufsbildungsgesetz und die Satzung der Handwerkskammer. Wichtigstes Organ und gleichzeitig Parlament der Handwerkskammer ist die Vollversammlung. Die Vollversammlung hat die Richtlinienkompetenz in der Selbstverwaltung. Weitere Gremien sind der Vorstand sowie die Ausschüsse.
Wichtige Ausschüsse in einer Handwerkskammer sind unter anderem:
- Der Berufsbildungsausschuss
- Der Rechnungsprüfungsausschuss
- Der Gewerbeförderungsausschuss
- Die Gesellenprüfungsausschüsse
- Die Weiterbildungsprüfungsausschüsse
Wie funktioniert die Selbstverwaltung im Handwerk?
Im Rahmen der Selbstverwaltung der Wirtschaftsbereiche hat der Staat den Handwerkskammern eine Reihe hoheitlicher Aufgaben übertragen. Die Selbstverwaltung im Handwerk nutzt den Praxisbezug und die Kompetenz der ehrenamtlich tätigen Vertreter sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber.
Durch Beschlüsse in der Vollversammlung, im Vorstand und den Ausschüssen der Handwerkskammer werden die Richtlinien der Kammer z. B. zur Berufsbildung, Weiterbildung und Gewerbeförderung unmittelbar von den betroffenen Arbeitnehmer*innen und Betriebsinhaber*innen getroffen.
Aus der Praxis für die Praxis – Arbeitnehmer*innen aktiv im Handwerk. Was das Bedeutet erklärt Ralf Noltemeyer, Arbeitnehmer-Vizepräsident der Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe zu Bielefeld, in diesem Video:
Welche Aufgabe hat die Handwerkskammer?
Die Handwerkskammer hat als Vertretung der Handwerksbetriebe und deren Beschäftigten und Auszubildenden die Interessen des Handwerks zu fördern und für einen gerechten Interessenausgleich der einzelnen Handwerke zu sorgen. Wichtiger Teil der Arbeit ist die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben im Auftrag des Staates. Hierzu gehört beispielsweise die Organisation der Berufsvorbereitung und der Berufsausbildung im Bezirk der Handwerkskammer sowie die Organisation des Prüfungswesens.
Zudem halten die Handwerkskammern ein vielfältiges Service-, Beratungs- und Bildungsangebot für Existenzgründer, Unternehmer, Mitarbeiter*innen der Betriebe und Auszubildende bereit.
Welche staatlichen Aufgaben übernimmt die Handwerkskammer?
Der Staat hat den Handwerkskammern zur Selbstverwaltung der Wirtschaftsbereiche eine Reihe hoheitlicher Aufgaben übertragen .
Folgende hoheitlichen Aufgaben nimmt die Handwerkskammer wahr:
- Führung der Handwerksrolle
- Führung der Lehrlingsrolle
- Beratung von ausbildenden Betrieben und Lehrlingen
- Regelung der Berufsausbildung
- Erlass von Prüfungsordnungen
- Bildung von Prüfungsausschüssen
- Durchführung von Prüfungen
- Überbetriebliche Lehrlingsausbildung
- Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen
- Formulierung von Stellungnahmen, Erstellen von Bescheinigungen und Begutachtungen
- Interessenvertretung
- Förderung des Handwerks
- Rechtsaufsicht über Innungen und Kreishandwerkerschaften
Welche Rahmenbedingungen können Arbeitnehmervertreter/innen in der Vollversamm-lung gestalten?
Welche Rahmenbedingungen können Arbeitnehmervertreter*innen in der Vollversammlung gestalten?
Durch die Mitgliedschaft in der Vollversammlung, dem Vorstand und in den Ausschüssen der Handwerkskammer haben die Arbeitnehmervertreter*innen in allen Arbeitsfeldern maßgeblichen Einfluss auf die Ausrichtung der Politik der Handwerkskammer. Arbeitsschwerpunkte sind unter anderem die Berufsausbildung und ihre Überwachung, das Prüfungswesen sowie Gewerbeförderungsmaßnahmen der Kammer.
Video: Was macht die Vollversammlung in der Handwerkskammer und wie kommt man da rein?
Kann ich für die Mitarbeit in der Vollversammlung von meinem Betrieb freigestellt werden?
Die Handwerksordnung regelt die Freistellung von Arbeitnehmer*innen für die Mitarbeit in den Gremien der Handwerkskammer.
Die Arbeitnehmer*innen sind, soweit es zur ordnungsgemäßen Durchführung der ihnen gesetzlich zugewiesenen Aufgaben erforderlich ist und wichtige betriebliche Gründe nicht entgegenstehen, von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts freizustellen. Gemäß den Regelungen der Handwerksordnung kann sich der Arbeitgeber, durch die Freistellung entstehenden Kosten, auf Antrag von der Handwerkskammer erstatten lassen.
Welche Voraussetzungen muss ich erfüllen, um in der Vollversammlung mitzuarbeiten?
Wählbar zum Vertreter der Arbeitnehmer in der Vollversammlung sind die Gesell*innen und Arbeitnehmer*innen mit abgeschlossener Berufsausbildung, sofern sie am Tag der Wahl volljährig sind und in einem Handwerksbetrieb oder einem handwerksähnlichen Betrieb im Bezirk der Handwerkskammer beschäftigt sind.
Welche Berufe Handwerksberufe sind und welche Gewerkschaft für welchen Beruf zuständig ist, findest du hier:
Wir haben für dich eine Liste zusammengestellt, welche Berufe zum Handwerk gehören und welche Gewerkschaft für die Berufe zuständig ist: Hier findest du Liste der Handwerksgewerke und der zuständigen Gewerkschaft.
Wie kann ich Mitglied einer Vollversammlung werden?
In den 53 Handwerkskammern sind bundesweit über 2000 Arbeitnehmer*innen als ordentliche Mitglieder oder Stellvertreter in den Vollversammlungen aktiv.
Die Wahl der Vollversammlung erfolgt alle fünf Jahre. Informationen über Termine zu den nächsten Handwerkskammerwahlen können bei den DGB-Regionen am Sitz der Handwerkskammern, bei den für Handwerk zuständigen Gewerkschaftssekretären der DGB-Gewerkschaften oder beim Referat Handwerkspolitik des DGB-Bundesvorstandes erfragt werden. Zuständig für die Aufstellung der Wahllisten ist der DGB am Sitz der Handwerkskammer. Diese Listen werden in enger Abstimmung mit den zuständigen örtlichen DGB-Gewerkschaften erstellt. Außerhalb der Wahltermine besteht vielerorts die Möglichkeit, die spannende und vielfältige Arbeit in der Selbstverwaltung des Handwerks, durch Mitarbeit in den Handwerksarbeitskreisen des DGB oder der Einzelgewerkschaften, kennen zu lernen.
Wie werden die Mitglieder der Vollversammlung gewählt?
Die Mitglieder der Vollversammlung und ihre Stellvertreter werden durch Listen ins Amt entsandt, die sogenannte Friedenswahl. Die Wahlen zur Vollversammlung werden im Briefwahlverfahren durchgeführt.
Was muss ich an Zeit und Wissen mitbringen?
Die Vollversammlung tagt in der Regel zweimal im Jahr. Die Ausschüsse tagen häufiger. Wenn du Mitglied eines Ausschusses bist, solltest du nicht nur entsprechend Sitzungs- sondern auch Vorbereitungszeiten für dich einplanen, damit du dich auch im Thema auskennst. Üblicherweise gibt es vor der Vollversammlung eine Vorbesprechung der Arbeitnehmerbank. Für die Arbeit der Vollversammlung bekommst du vom DGB und den Gewerkschaften Informationen. Sie bieten auch Schulungen und Veranstaltungen an. Hier lohnt sich die Nachfrage vor Ort. Die Mitwirkung in der Vollversammlung ist ein Ehrenamt. Du hast einen Anspruch auf Freistellung und Lohnersatz.
Wie kann ich mich neben der Mitarbeit in der Vollversammlung sonst in der Selbstverwaltung engagieren?
Umfangreiche und spannende Möglichkeiten sich einzubringen bietet z.B. die Mitarbeit in einem der vielen unterschiedlichen Prüfungsausschüsse der Handwerkskammer.
Wenn die Idee der Beteiligung und Mitbestimmung im Handwerk dich, auch jenseits der Vollversammlung, begeistert, gibt es trotzdem die Möglichkeit aktiv zu werden. Im Bereich des Handwerks werden für alle Branchen Prüfende gesucht! So kannst du dein Wissen über dein Handwerk weitergeben.
Ansprechpartner*innen dafür findest du in der DGB-Region am Sitz der Handwerkskammer.
Prüfungswesen
Sie interessieren sich fürs Prüfungswesen in Handwerk oder wollen selbst Prüfer*in im Handwerk werden? Dann finden sie hier alle wichtigen Informationen. Wie kann ich Prüfer*in werden. Welche Voraussetzungen sind nötig? Und was für Angebote gibt es für die Arbeit der Prüfenden?
Prüf‘ mit und werde Prüfer*in im Handwerk!
Prüferinnen und Prüfer sind eine tragende Säule der dualen Ausbildung, der Selbstverwaltung und Demokratie im Handwerk. Ihre Arbeit ermöglicht es, dass das Handwerk auch weiterhin für Qualität auf Grundlage beruflicher Aus-, Fort- und Weiterbildung steht. Hier erfährst du alles rund ums Prüfungswesen und wie du selbst Prüfer*in werden kannst.
Ohne Prüfung keine Fachkräfte – umso wichtiger ist es, dass die Prüfenden gut auf ihre Aufgabe vorbereitet sind. Die PrüfMit-Projekte bei IG Metall und ver.di bieten Qualifizierung wie auch Austausch und Vernetzung für neue und erfahrene Prüfende an. Weitere Informationen und Anmeldung hier:
Prüf mit! – Prüfer*innen in der Berufsausbildung (pruef-mit.de)
Was heißt es Prüfer*in zu sein?
Über 300.000 ehrenamtliche Prüfer*innen sind derzeit in Deutschland für die zuständigen Stellen tätig. Ihr Engagement sichert die Qualität in der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Was es heißt Prüfer*in zu sein und wie du eine*r werden kannst, findest du in unserem Infoflyer.
Prüferbenennung und Angebote für die Arbeit der Prüfenden
Mit der 5. Novelle der Handwerksordnung ist es erstmals gelungen, Gewerkschaften und das Kolpingwerk Deutschland als „selbstständige Vereinigung von Arbeitnehmern mit sozial- und berufspolitischer Zwecksetzung“ an der Benennung von Prüfenden im Handwerk zu beteiligen: Sie haben nun ein Vorschlagsrecht. Damit werden Gewerkschaften zum ersten Mal seit Errichtung der Handwerksordnung erwähnt.
Gemeinsam Prüfen im Handwerk stärken
Die Benennung der Prüfer*innen selbst bleibt in den Händen der Arbeitnehmervertrete*innen in der Handwerkskammern und Innungen. Deshalb haben wir gemeinsam mit dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) eine Umsetzungshilfe erarbeitet. Damit haben wir eine gemeinsame Grundlage für die konstruktive Zusammenarbeit aller an der Benennung von Prüfenden Beteiligten geschaffen.
Downloads zum Prüfungswesen im Handwerk
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Gemeinsam Prüfen im Handwerk stärken Umsetzungshilfe zum Berufungsverfahren für Prüfungsgremien: Abgeschlossen zwischen dem Deutschen Gewerkschaftsbund und dem Zentralverband des Deutschen Handwerks. Download PDF
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Gemeinsame Erklärung von DGB und Kolpingwerk Deutschland zum Prüfungswesen Download PDF
Die Ansprechpartner*innen für das Handwerk
Kontakte für das Handwerk in DGB und Gewerkschaften
Silvia Grigun
Leiterin des Handwerkssekretariats
DGB-Bundesvorstand
Stefanie Pietrak
Sekretariat Handwerkspolitik
DGB-Bundesvorstand
Danny Schnur
DGB-Bezirk Niedersachsen-Bremen-Sachsen-Anhalt
Norbert Wichmann
DGB-Bezirk Nordrhein-Westfalen
Thomas Kurtze
Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, Bundesvorstand