Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Transformation des Vergaberechts (Vergaberechtstransformationsgesetz – VergRTransfG) des BMWK I.
Stellungnahme05. November 2024
Datei herunterladenDigitale Arbeitsmittel können die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten verbessern. Wir setzen uns für eine digitale Transformation ein, die dem Leitgedanken Guter Arbeit entspricht.
Digitale Arbeitsmittel prägen den Arbeitsalltag der meisten Beschäftigten. Ob elektronische Kommunikationsmittel, softwaregesteuerte Arbeitsabläufe, digitale Assistenzsysteme oder internetbasierte Arbeitsorganisationsformen. Die Anwendungsfelder digitaler Technologien sind vielfältig und auf Grund der technologischen Entwicklungen einer hohen Dynamik ausgesetzt. Die politische Debatte um die Digitalisierung der Arbeitswelt dreht sich um die viel zitierten “Chancen und Risiken”, allerdings oft und – aktuell durch ChatGPT – immer wieder im Kreis. Das ist nicht gut, denn: Für die meisten Beschäftigten heißt Digitalisierung momentan vor allem eins - steigende Arbeitsbelastungen.
Der Handlungsdruck ist groß. Die demographische Entwicklung, Fachkräftemangel und die ökologische Transformation fordern eine politische Strategie für Gute digitale Arbeit.
Arbeit wird nicht automatisch digitaler. Wir bewegen uns in einem kritischen Spannungsfeld zwischen der Optimierung von Arbeitsprozessen und der Aufwertung von Arbeit auf der einen Seite – und der Optimierung von Beschäftigten zur Rationalisierung und Kostensenkung auf der anderen Seite. Diese Zielkonflikte brauchen neue Lösungswege: offen, präventiv und mitbestimmt.
Einige Pioniere – Unternehmen und Verwaltungen – haben sich auf den Weg gemacht und mit Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen innovative Lösungsansätze entwickelt.
Damit die Breite der Beschäftigten von den Möglichkeiten profitieren kann, braucht es konkrete Rahmenbedingungen für die Gestaltung und Nutzung der Digitalisierung.
Wir wollen sie sie für eine nachhaltige menschengerechte Arbeitsgestaltung nutzen – für gesunde Arbeit, für Produktivität, Wertschöpfung und gesellschaftlichen Fortschritt
Die Debatte um Künstliche Intelligenz (KI) in der Arbeitswelt hat – nicht zuletzt durch generative KI- Systeme wie ChatGPT - rasant an Fahrt aufgenommen. KI-Anwendungen – also lernende Software- und Entscheidungssysteme – haben massiven Einfluss auf die Arbeit der Zukunft.
KI-Systeme haben dabei das Potential, die Beschäftigten bei ihren Aufgaben zu entlasten, Handlungsspielräume zu erweitern und Arbeitsprozesse zu verschlanken. Die Einführung solcher Technologien ist aber auch mit Herausforderungen verbunden. Denn auch hier gibt es “Kipppunkte”. Es liegt an der Gestaltung. Und hierfür braucht es ein neues Mindset.
Bislang entpuppt sich die Digitalisierung der Arbeitswelt weitestgehend als leeres Versprechen. Für viele Beschäftigte steigt gerade wegen der digitalen Transformation die Arbeitsbelastung: Arbeitsverdichtung und Entgrenzung sind die Kernprobleme digitaler Arbeit. In Zeiten neuer Knappheiten ein arbeitspolitisches Fiasko.
Nach Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung ist bis zum Jahr 2035 mit einem Rückgang des Fachkräfteangebotes um mehr als 7 Millionen Menschen zu rechnen. In vielen zentralen Zukunftsfeldern wird es ohne den Einsatz digitaler Systeme nicht funktionieren. Der Einsatz von KI in der Arbeitswelt ist voraussetzungsvoll. Wir bewegen uns in einem kritischen Spannungsfeld zwischen der Optimierung von Arbeitsprozessen und der Optimierung der Beschäftigten. Und diese Zielkonflikte brauchen Lösungen. Wir wollen eine Optimierung für mehr Gute Arbeit, um Beschäftigte zu unterstützen, Belastungen zu reduzieren und menschliche Arbeit aufzuwerten.
Damit sie für Beschäftigte als auch Unternehmen zum Erfolg wird, bedarf es eines strukturierten Change-Managements. Neue Ansätze für eine präventive Gestaltung algorithmischer oder KI-gestützter Arbeitsassistenzsysteme sind notwendig. Die 3 wesentlichen Komponenten für den erfolgreichen Einsatz von KI für Gute Arbeit sind Transparenz, Kompetenz und prozedurale Mitbestimmung – also vorausschauende und lernende Prozessvereinbarungen für lernende Maschinen. Grundsätzliche Voraussetzung ist eine Transparenz über die Wirkungsweisen der Technologien, um gemeinsame strategische Ziele festzulegen. Welche Ziele werden mit dem Einsatz von KI-Systemen verfolgt und in welcher Form können die Beschäftigten davon profitieren? Dies muss offen, frühzeitig und ganzheitlich vereinbart und dokumentiert werden. Dazu gehört auch eine betriebliche Folgenabschätzung. Dies bedeutet, dass vor der KI-Einführung die Kritikalität bewertet werden muss, mit Auswirkungen auf Beschäftigten und deren Rechte, Veränderungen von Arbeitsbedingungen, Belastungsprofilen, Qualifizierungsbedarfen und Beschäftigungswirkungen.
Es geht also um einen ganzheitlichen Ansatz mit der frühzeitigen, durchgehenden und verbindlichen Einbindung der Beschäftigten und ihrer betrieblichen Interessenvertretungen. Wir nennen diesen Ansatz “Gute Arbeit by design”.
Immer mehr Menschen bieten ihre Arbeitskraft auf digitalen Plattformen an. Schätzungsweise 43 Millionen Menschen werden im Jahr 2025 in Europa auf Arbeitsplattformen tätig sein (Europäischer Rat 2023). Die Geschäftsmodelle und Tätigkeitsbereiche sind vielfältig und reichen von Kleinstaufträgen, sogenannten Microtasks, über Designarbeiten bis hin zu ortsgebundenen Arbeiten wie Fahr- und Lieferdiensten. Der Verdienst aus der Plattformarbeit reicht dabei nur den Wenigsten, um ihren Lebensunterhalt zu decken.
Prägend für die Arbeit auf Plattformen ist die hochgradige Macht- und Informationsasymmetrie zwischen Plattformbeschäftigten und den Plattformunternehmen. Die intransparenten algorithmischen Managementsysteme strukturieren und organisieren die Arbeitsaufträge der Plattformbeschäftigen. Diese neuen Formen der algorithmischen Steuerung können persönliche Weisungen im traditionellen Sinne ersetzen, erfüllen aber die gleiche Funktion.
Diese hohe Intransparenz über die Wirkungsweise digitaler Steuerungs- und Kontrollformen macht es den Plattformbeschäftigten nahezu unmöglich ihren rechtmäßigen Beschäftigtenstatus einzufordern. Schätzungsweise 5,5 Millionen Plattformbeschäftigte in Europa sind aktuell fälschlicherweise als Selbstständige eingestuft, obwohl sie alle Kriterien für die Einstufung als Arbeitsnehmer*in erfüllen (Europäischer Rat 2023). Damit werden wichtige Arbeitnehmerschutzrechte, Mitbestimmungsrechte und soziale Sicherungssysteme umgangen.
Um Scheinselbstständigkeit und Ausbeutung wirksam eindampfen zu können, braucht es klare Regeln. Neben einem effektiven Mechanismus zur Feststellung des Beschäftigtenstatus, braucht es Transparenz über die Wirkungsweise algorithmischer Entscheidungs- und Kontrollsysteme. Damit Plattformbetreiber nicht willkürlich Nutzer-Konten von Erwerbstätigen sperren, einschränken oder löschen können, braucht es zum Beispiel ein Einspruchsrecht und die Möglichkeit der menschlichen Überprüfung von Entscheidungen.
In der Plattformarbeit wird eine auf physischen Begegnungen angewiesene Betriebs- oder Gewerkschaftsarbeit erheblich erschwert. Den Gewerkschaften ist daher ein Zugangsrecht zu der digitalen Infrastruktur der Plattform zu gewährleisten, damit sie die Beschäftigten organisieren und mit ihnen kommunizieren können. Hierbei ist sicherzustellen, dass die Kommunikation zwischen Interessenvertretung und den Beschäftigten nicht kontrolliert und überwacht wird.
Diese Regeln sind notwendig, damit die heute oft prekär beschäftigten Plattformarbeiter*innen besser geschützt werden können. Diese Regelungen würden dabei nicht nur gegen die weit verbreitete Scheinselbstständigkeit helfen, sondern auch die Rechte der professionell arbeitenden Selbstständigen gegenüber den Plattformen verbessern. Auch bei Soloselbständigen muss ein arbeits- und sozialrechtlicher Mindestschutz gewährleistet werden. Außerdem schlägt der DGB als unterste Haltelinie unter anderem Branchen-Mindesthonorare vor.
Plattformarbeit ist durch seine digitale Organisation von Arbeit nicht an unbedingt an physische Orte gebunden. Deshalb ist es dringend notwendig, transnationale Regelungen und ein “level playing field” für faire Arbeit über Plattformen zu erreichen. Wir unterstützen deshalb die europäische Initiative zur nachhaltigen Verbesserung der Arbeitsbedingungen Plattformbeschäftigter.
Auch nach dem Ende der Corona-Pandemie arbeiten viele Beschäftigte – zumindest gelegentlich – von zu Hause. Die Digitalisierung eröffnet den Beschäftigten dabei theoretisch Möglichkeiten für mehr Arbeitszeit- und Arbeitsortsouveränität. Es zeigen sich allerdings auch ernstzunehmende Schattenseiten: höhere Belastungen und Entgrenzung der Arbeitszeit. Der häufigste Grund für die Arbeit von zu Hause ist der Wunsch der Beschäftigten nach einer besseren Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben. Viele Beschäftigte wünschen sich einen gesunden Mix aus Homeoffice und Büroarbeit. Damit das Arbeiten außerhalb der betrieblichen Arbeitsstätte gut funktioniert, braucht es aber klare Regeln.
Wird mobile Arbeit nicht geregelt, haben die Beschäftigten einen geringeren Einfluss auf die Arbeitszeitgestaltung. Unbezahlte Mehrarbeit, ständige Erreichbarkeit und Fehlbelastungen treten häufiger auf. Fundierte betriebliche Rahmenbedingungen tragen demgegenüber deutlich zu einer gesundheitsförderlichen Homeoffice-Gestaltung bei. In mitbestimmten Betrieben berichten die Beschäftigten überdurchschnittlich häufig über positive Erfahrungen mit dem Homeoffice.
Damit das Versprechen von mehr Flexibilität der Beschäftigten realisiert werden kann braucht es einen gesetzlichen Ordnungsrahmen, um dem ausgeprägten Wildwuchs zu begegnen.
Wir wollen ein Recht auf selbstbestimmtes mobiles Arbeiten im Homeoffice, das durch Tarifverträge und Mitbestimmung in Betrieben und Verwaltungen auszugestalten ist. Grundlage muss das Prinzip der Freiwilligkeit sein. Der betriebliche Arbeitsplatz muss grundsätzlich erhalten bleiben.
Der Arbeitgeber muss die notwendige Ausstattung (Arbeitsmittel) und die Rahmenbedingungen für ein gesundheitsgerechtes mobiles Arbeiten – besonders von zu Hause – gewährleisten.
Damit die Arbeit im Homeoffice nicht ausufert, muss die Arbeitszeit dokumentiert und vollumfänglich vergütet werden – der Arbeitgeber ist hier in der Pflicht.
Ergebnisse:
05. November 2024
Datei herunterladenRegelungsrahmen für KI in der Arbeitswelt
Positionspapier22. Oktober 2024
Datei herunterladen04. September 2024
Datei herunterladen02. September 2024
Datei herunterladen30. August 2024
Datei herunterladenDGB-Infoservice einblick
Einblick22. August 2024
Datei herunterladenZukunftsgerichtet investieren: Daseinsvorsorge durch nachhaltige Verkehrsinfrastruktur
Positionspapier25. Juni 2024
Datei herunterladenVerbändeappell
Positionspapier10. Juni 2024
Datei herunterladen30. Mai 2024
Datei herunterladen16. Mai 2024
Datei herunterladenStellungnahme
Stellungnahme12. Mai 2024
Datei herunterladen07. Mai 2024
Datei herunterladen02. Mai 2024
Datei herunterladen15. Juni 2023
Datei herunterladen13. Februar 2023
Datei herunterladen16. Januar 2023
Datei herunterladenGesetzentwurf
Stellungnahme01. November 2022
Datei herunterladen10. März 2022
Datei herunterladen27. Januar 2022
Datei herunterladen10. Januar 2022
Datei herunterladen29. November 2021
Datei herunterladen15. März 2021
Datei herunterladenDiskussion
18:00 - 20:00 Uhr
DGB-Bundesvorstandsverwaltung, Willi-Richter-Saal, Hans-Böckler-Haus, Keithstraße 1, 10787 Berlin
Veranstaltung anzeigenOnline
16:30 - 17:30 Uhr
Aus dem Studio im Hans-Böckler-Haus (Digital/MS-Teams)
Veranstaltung anzeigenAktionstag
Weltweit
Veranstaltung anzeigenWichtige Neuerungen und Entwicklungen zur digitalen Transformation der Arbeitswelt
DGB-Index Gute Arbeit 2024
News14. November 2024
Artikel lesen14. November 2024
Artikel lesenStudie zur digitalen Verwaltung
News04. Oktober 2024
Artikel lesenAnja Piel, DGB-Vorstandsmitglied
Statement01. August 2024
Artikel lesenElke Hannack, stellvertretende DGB-Vorsitzende
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