Warum die "Lohn-Preis-Spirale" ein Märchen ist

Löhne und Gehälter sorgen nicht für hohe Preise

Löhne und Gehälter sorgen nicht für hohe Preise

Das Schreckgespenst der "Lohn-Preis-Spirale" kursiert nach wie vor: Überzogene Lohnforderungen könnten Unternehmen zu hohen Preissteigerungen zwingen, was wiederum zu einer steigenden Inflation führe. Was ist dran an diesem Mythos?

Die sogenannte "Lohn-Preis-Spirale" ist in der Tat ein Märchen. Zwar sind die Tariflöhne 2023 im Durchschnitt um 5,6 Prozent ordentlich gestiegen, real mussten die Beschäftigten aber auch 3 Jahre in Folge wegen der hohen Preissteigerungen Verluste hinnehmen (siehe Grafik). Es handelt sich hier also eher um eine nachholende Wirkung. Die Gefahr einer "Lohn-Preis-Spirale" wird in der Öffentlichkeit beschworen, um die Lohnforderungen der Beschäftigten zu drücken.

Weshalb die Preise wirklich steigen

Die Preise steigen seit Ende 2022 zwar nicht mehr so stark wie zuvor, trotzdem ist die Inflationsrate noch immer hoch. Klar ist, dass die Preise vor allem aufgrund der hohen Energiepreise, der Nahrungsmittel- und anderer Rohstoffpreise und zu Beginn noch wegen ungelöster Lieferkettenprobleme stiegen. Eine neue Untersuchung zeigt außerdem, dass auch Unternehmensgewinne die Preise nach oben getrieben haben. Nicht die Beschäftigten, sondern die Unternehmen selbst legen die Preise für ihre Produkte fest. Sie haben zum Teil erhebliche Markt- und Preissetzungsmacht. Manche nutzten die unübersichtliche Situation sogar, um sie weiter auszubauen, und setzten die Preise willkürlich höher. Gewerkschaften fordern daher angemessene Lohnerhöhungen für die Beschäftigten. Steigen die Löhne nun tatsächlich, führt dies aber nicht automatisch zu einem Anstieg der Preise. Viele Unternehmen könnten es verkraften höhere Löhne zu zahlen, ohne die Preise zu erhöhen. Sie müssten nur auf einen Teil ihres Gewinns verzichten. Das ist aber nicht unbedingt der Fall: Die sogenannten nominalen Stückgewinne, also das Gegenstück zu den nominalen Lohnstückkosten, haben die Inflation teilweise ordentlich angeheizt. Sie stiegen gesamtwirtschaftlich wesentlich stärker und früher als die Lohnstückkosten. Die "Gewinninflation" trifft zwar nicht auf alle Branchen zu, in einigen dafür aber umso mehr. Viele Unternehmen schütten zudem Dividenden in Rekordhöhe aus. Um eine "Lohn-Preis-Spirale" zu verhindern sind beide Seiten gefragt: die Gewerkschaften und die Unternehmen.

Löhne müssen stabil bleiben

Doch auch wenn Beschäftigte weiterhin den gleichen Lohn erhalten, ist er weniger wert, da die Preise weiter steigen. Das ist ein Problem: Denn, wenn die Kaufkraft einbricht, gibt es niemanden mehr, der die produzierten Waren kauft, und der Umsatz der Unternehmen bricht ein. Löhne zu stabilisieren, ist daher nicht nur sozial gerecht, sondern auch aus volkswirtschaftlicher Perspektive sehr sinnvoll – gerade jetzt, wo die Konsumnachfrage sinkt und ein wirtschaftlicher Abschwung droht.

Kräftige Lohn- und Gehaltszuwächse sind das beste Mittel gegen steigende Lebenshaltungskosten. "Wir brauchen daher eine Stabilisierung der Reallöhne", sagt die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi. Gleichzeitig sind nicht nur die Tarifparteien gefragt, auch die Politik muss einen Beitrag leisten, um den Kaufkraftverlust der Bevölkerung einzudämmen. Die Entlastungspakete der Bundesregierung, insbesondere die Energiepreisbremsen waren richtig. Warum und wie die Strompreisbremse über das Frühjahr 2024 verlängert und angepasst werden sollte, erklären wir hier. 

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