Stellungnahme zum Gebäudeenergiegesetz (GEG)
Stellungnahme13. April 2023
Datei herunterladenDer Klimawandel betrifft uns alle und wirkt sich auf alle Lebens- und Arbeitsbereiche aus.
Wer kriegt wie viel Förderung beim Heizungstausch? Welche öffentlichen Investitionen sind wirksam? Wie gestaltet man den CO2-Preis fair? Der Klimawandel betrifft uns alle und wirkt sich auf alle Lebens- und Arbeitsbereiche aus. Alle können und müssen etwas für den Klimaschutz tun. Aber nur, wenn Klimaschutzmaßnahmen gerecht gestaltet sind. Genau dafür setzen wir uns als DGB ein.
Der Klimawandel schreitet voran und verändert unsere Welt. Studien prognostizieren bis zum Jahr 2100 einen globalen Temperaturanstieg von 1,6 bis 4,7 Grad Celsius. Das wird massive ökologische, soziale und auch ökonomische Folgen haben. Auch hier in Deutschland werden die Auswirkungen des Klimawandels immer spürbarer. Extremwetterlagen häufen sich und sind eine große Belastung. Wir alle können und müssen daher etwas für den Klimaschutz tun.
Für uns jedoch ist klar: Guter Klimaschutz ist sozial gerecht. Denn schaut man genau hin, herrscht weltweit und auch hierzulande große Ungleichheit in Sachen Energieverbrauch und CO2-Emissionen. Wir halten eine politische Debatte zu Verteilungsfragen daher für zwingend notwendig. Wer erhält wie viel Förderung beim Heizungstausch? Wie gestaltet man den CO2-Preis gerecht? Welche öffentlichen Investitionen sind besonders nachhaltig? Wie schaffen wir es, die Industrie klimaneutral umzubauen und neue Beschäftigungschancen zu entwickeln?
Entwickelte Industriestaaten haben in der Vergangenheit sehr viel CO2 ausgestoßen und damit den Klimawandel vorangetrieben. Deren Fabriken, Flugzeuge, Autos und beleuchteten Städte verbrauchen seit Jahrzehnten viel Energie und verursachen hohe Emissionen. Zahlen belegen, dass die USA und Europa gemeinsam für knapp 50 Prozent der historischen CO2-Emissionen seit 1850 verantwortlich sind. Am wenigsten zur Erderwärmung beigetragen haben die Länder des globalen Südens. Ziel muss es sein, die Emissionen in den Industrienationen zügig zu reduzieren und dem globalen Süden nachhaltigen Wohlstandsentwicklung zu ermöglichen.
Gleichzeitig sind die vulnerabelsten in der Gesellschaft, insbesondere im globalen Süden, am stärksten von den Folgen des Klimawandels betroffen: durch Dürren, Waldbrände, Überschwemmungen oder Wirbelstürme. Unter diesen leidet vor allem die Landwirtschaft, die den meisten Menschen dort als Lebensgrundlage dient. Die Folgen sind Hunger, Migration und Verteilungskriege.
Für uns als DGB bedeutet Klimagerechtigkeit, dass die Lasten und Chancen des Klimawandels global gerecht verteilt werden. Das heißt, die verantwortlichen Verursacher müssen nicht nur ihren Ausstoß drastisch verringern. Sie sollen zudem die Länder des globalen Südens dabei unterstützen, sich an die Folgen des Klimawandels anzupassen, klimabedingte Schäden und Verluste zu bewältigen und die eigene wirtschaftliche Entwicklung auf eine nachhaltige Weise zu meistern.
"Just Transition" heißt übersetzt "gerechter Übergang" und steht für politische Konzepte, die einen gerechten Strukturwandel im Rahmen des klimaneutralen Umbaus anstrebt. Dabei geht es auch um Verkehrswende, Wärmewende, Ernährung und viele andere Fragen. Ziel ist es, die Wirtschaft auf eine Art und Weise klimaneutral umzubauen, die für alle Beteiligten so fair und inklusiv wie möglich ist, die Wertschöpfung nachhaltig modernisiert, gute Arbeitsplätze schafft und sichert und dabei Menschen- und Arbeitnehmer*innenrechte wahrt und niemanden zurücklässt. Begriff und Konzept stammen von der Internationalen Gewerkschaftsbewegung. Beides hat Eingang in internationale Dokumente wie dem Pariser Klimaschutzabkommen gefunden.
Der aktuelle Climate Inequality Report 2023 liefert dir einen Überblick, wie die Umweltbelastungen in Abhängigkeit des Vermögens weltweit verteilt sind.
Wir wollen die Transformation so gestalten, dass sich die Arbeits- und Lebensbedingungen überall auf der Welt dauerhaft verbessern. Dafür müssen die reichen Länder des globalen Nordens Verantwortung übernehmen und solidarisch an der Seite des globalen Südens stehen. Eine sozial-ökologische Transformation ist die zwingende Antwort auf die weltweiten Krisen und deshalb unverzichtbar.
Auch hier bei uns in Deutschland geht es sehr ungleich zu: So sind die reichsten 10 Prozent (8,3 Millionen Menschen) für mehr CO2-Ausstoß verantwortlich, als die gesamte ärmere Hälfte der deutschen Bevölkerung (41,3 Millionen Menschen). Warum? Weil Besserverdienende meist umweltschädlicher leben, obwohl sie ein höheres Klimabewusstsein haben. Sie fahren häufiger mit dem Auto, unternehmen mehr Flugreisen und haben größere Wohnungen.
Wir als DGB fordern: Wohlhabende Menschen, die mehr Emissionen verursachen, müssen die Transformation auch stärker mitfinanzieren. Möglich wäre dies etwa über eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes, eine spezielle Vermögensabgabe oder aber eine sozial ausgestaltete CO2-Bepreisung.
Den CO₂-Preis ungebremst steigen zu lassen, ohne im selben Atemzug für sozialen Ausgleich zu sorgen, gefährdet die Unterstützung für Klimapolitik und verschärft Ungleichheit. Mit reinen Preismechanismen schaffen wir auch nicht die Voraussetzungen für klimafreundliches Verhalten und grüne Produktion. Die Politik muss dringend umsteuern und ein umfassendes Investitionsprogramm auf den Weg bringen, das Wohlstand sichert und alle mitnimmt auf dem Weg zur Klimaneutralität.
Der Klimawandel beeinflusst etliche Lebensbereiche: nicht nur unsere Umwelt, sondern auch unsere Gesundheit, die Ernährung, die Wirtschaft und unsere Arbeitswelt. Jede*r kann etwas für den Klimaschutz tun. Steige im Alltag zum Beispiel häufiger aufs Fahrrad, engagiere dich in Umweltverbänden oder nutze einfach dein Mitbestimmungsrecht bei Wahlen und Bürgerbeteiligungen. Denn du kannst immer mitentscheiden, wer dein Lebensumfeld wie gestaltet.
Dein privates Engagement ist ebenso wichtig wie unternehmerisches und politisches Handeln. So kann auch in Firmen das Wissen und Können der Beschäftigten für mehr Klimaschutz genutzt werden. Dafür müssen Betriebsräte jedoch in Fragen des betrieblichen Umweltschutzes ein erweitertes Mitbestimmungsrecht erhalten. Auch auf politischer Ebene kann einiges für den Klimaschutz getan werden. Oberste Priorität hat dabei eine Klimapolitik, die öffentliche und private Investitionen durch eine ambitionierte Förderpolitik vorantreibt. Neben bezahlbaren Strompreisen und einem beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien braucht es bspw. auch die Förderung der Wasserstoffinfrastruktur, von ÖPNV und Mobilitätskonzepten und Gebäudesanierung. Auch Klimabildungsprojekte an Schulen und die Förderung einer klimafreundlichen Landwirtschaft müssen vorangetrieben werden. Zudem kann eine Reform von klimaschädlichen Subventionen einen Beitrag leisten. Die ökologische Dimension soll in diesen Reformen besser berücksichtigt werden.
Regionale Produkte kaufen, Nachfüllpack bevorzugen, Mehrwegtasche verwenden, weniger Tierprodukte konsumieren, Elektrogeräte mit geringem Energieverbrauch anschaffen (EcoTopTen) etc.
Kühlschrank bei Vereisung abtauen, Mikrowelle effizienter nutzen, Kochen mit Deckel, Wasserkocher statt Herd nutzen, Schnellkochtöpfe verwenden etc.
Duschen statt baden, Spülstopptaste für die Toilette, bei niedriger Temperatur waschen, Waschmaschinentrommel ganz füllen etc.
Türen und Fenster abdichten, Stoßlüften, Raumtemperatur dem Bedarf anpassen, Heizkörper entlüften, programmierbare Thermostatventile nutzen, Türen schließen etc.
Energiesparmodus verwenden, Monitor, Drucker und Scanner ausschalten, Links statt Dateien versenden, Papierverbrauch einschränken, Refurbished-Geräte anschaffen etc.
Fahrrad und öffentliche Verkehrsmittel nutzen, Fahrgemeinschaften bilden, CarSharing statt eigenem Auto, Elektromobilität nutzen, Flüge und Kreuzfahrten reduzieren etc.
Klimaschutz zum Gesprächsthema machen, Kinder sensibilisieren, Bildung für nachhaltige Entwicklung stärken, sich im Betrieb für Umweltschutz starkmachen, in Umweltverbänden engagieren etc.
Eine warme Wohnung muss für alle Menschen bezahlbar sein. Die Regierungspläne zum Heizungstausch sorgen aber bei vielen für Verunsicherung: Kann ich meine Miete dann noch zahlen? Muss ich mich als Eigentümer*in für eine gesetzlich vorgeschriebene Klimaschutzmaßnahme privat verschulden? Wir sagen: Der Weg zu den Klimazielen im Gebäudebereich muss sozial gestaltet werden. Das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) muss also dahingehend überprüft und um ein ausgewogenes Förderprogramm ergänzt werden. Denn viele Hauseigentümer können eine neue, klimaschonende Heizung nicht ohne weiteres finanzieren – mit staatlicher Unterstützung aber schon.
Wir als DGB wollen, dass Haushalte mit geringem Einkommen stärker gefördert werden, als wohlhabende Haushalte. Zudem müssen die Fördergelder an bestimmte Qualitätskriterien und an Gute Arbeit gekoppelt sein. Bislang fehlt für den Gebäudesektor eine schlüssige Gesamtstrategie, die neben Wärmenetzen, Biomasse und grünen Wasserstoff auch ein sozial gestaltetes Förderprogramm einschließt.
13. April 2023
Datei herunterladenDamit Deutschland seine ambitionierten Klimaschutzziele erreicht, braucht es nicht nur öffentliche Investitionen in klimafreundliche Alternativen, sondern auch privatwirtschaftliche. Bislang sind die Investitionskosten in klimaneutrale Technologien etwa in den Grundstoffindustrien wie Stahl oder Chemie aber deutlich höher als bei konventionellen Lösungen. Etliche Unternehmen reagieren daher zögerlich. Klimaschutzverträge sind hier eine gute Lösung. Mithilfe dieser können Firmen in klimafreundliche Technologien investieren und so Standorte und Arbeitsplätze langfristig sichern.
Genauer erklärt: Der Staat übernimmt zunächst die Mehrkosten für höhere Ausgaben bei einer klimafreundlichen Produktion und sichert dem Unternehmen vertraglich einen festen CO2-Preis zu. Erwirtschaftet das Unternehmen durch emissionsarme Produktionsprozesse Einsparungen und der tatsächliche CO2-Preis ist höher als der vereinbarte, geht die Differenz zurück an den Staat. Diese Form des Kostenausgleichs finden wir als DGB fair. Denn damit wird verhindert, dass Risiken vom Staat getragen werden, während die Gewinne in privater Tasche landen. Richtig umgesetzt können Klimaschutzverträge für mehr Planungs- und Finanzierungsicherheit sorgen, Investitionslücken schließen, zur nachhaltigen Wertschöpfungskette beitragen und Arbeitsplätze sichern.
Für uns war es daher von besonderer Bedeutung, dass die Klimaschutzverträge auch Beschäftigungsschutzverträge sind. Das heißt, geförderte Unternehmen müssen neben den anvisierten Klimaschutzzielen auch Kriterien zur Standort- und Beschäftigungsentwicklung erfüllen. 2023 veröffentlichte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) die Förderrichtlinie Klimaschutzverträge, die auf unser Bestreben hin auch beschäftigungspolitische Zielvorgaben enthält. So werden Unternehmen verpflichtet, Vereinbarungen zur Standort- und Beschäftigungsentwicklung abzuschließen.
Wir haben schlicht keine Zeit, um auf Marktlösungen zu warten. Ohne einen handlungsfähigen Staat, der mit strategischen Investitionen die Transformation lenkt, gute Arbeit gestaltet und einen klaren Rahmen für eine nachhaltige Modernisierung setzt, werden wir weder die Klimaziele erreichen noch für eine faire Kostenverteilung oder gute Arbeitsplätze sorgen.
Wenn Beschäftigte im Unternehmen bei Klimaschutzmaßnahmen mitentscheiden dürfen, werden nachweislich mehr Treibhausgase eingespart. Das haben Studien gezeigt. Sind sie obendrein gewerkschaftlich organisiert, ist nicht nur die Beteiligung, sondern auch das ökologische Engagement überdurchschnittlich hoch. Wir sagen, Betriebe dürfen das Wissen ihrer Beschäftigten zu Umweltschutz und Nachhaltigkeit nicht länger ignorieren. In unserem Entwurf für ein modernes Betriebsverfassungsgesetz haben wir das an mehreren Stellen berücksichtigt. So sollte zukünftig der Betriebsrat bei der Wahl zwischen umweltfreundlicher und umweltbelastender Produktion mitentscheiden dürfen (§ 87 Abs. 1 Nr. 15 DGB-GE). In Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten gehört für uns zudem ein eigener Umweltausschuss (§ 28 Abs. 3 DGB-GE).
Wir wollen eine “sozial-ökologische Transformation” hin zu einer klimaneutralen Zukunft, die allen Menschen Gute Arbeit und ein Gutes Leben ermöglicht. Viele Herausforderungen liegen noch vor uns, einiges haben wir schon erreicht. So stehen dank der Gewerkschaftsbewegung heute Gerechtigkeitsthemen beim Klimaschutz mit auf der politischen Agenda (Stichwort: “Just Transition”). Wir haben uns erfolgreich für einen sozialverträglichen Kohleausstieg starkgemacht und begleiten mit dem Projekt Revierwende (www.revierwende.de) den Strukturwandel der Kohlereviere. Wir als DGB haben es geschafft, dass geförderte Unternehmen im Rahmen von Klimaschutzverträgen auch Konzepte zum Standorterhalt und zur Beschäftigungsentwicklung vorlegen müssen.
01. Dezember 2022
Datei herunterladenklartext Nr. 21/2024
News27. Juni 2024
Artikel lesenGemeinsame Pressemitteilung Bündnis Sozialverträgliche Mobilitätswende
Pressemitteilung25. Juni 2024
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