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75 Jahre DGB

Am 13. Oktober 1949 wurde der Deutsche Gewerkschaftsbund in München gegründet. Dieses 75-jährige Jubiläum ist für uns ein Grund zu feiern.

75 Jahre DGB – Ein Grund zum Feiern

Am 13. Oktober 1949 wurde der Deutsche Gewerkschaftsbund in München gegründet. Dieses Jubiläum ist ein Grund zu feiern. Seit seiner Gründung vor 75 Jahren setzt sich der DGB mit seinen Mitgliedsgewerkschaften ein für soziale Gerechtigkeit, für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen von Beschäftigten, von Bürgerinnen und Bürgern. Wir kämpfen für Mitbestimmung und eine umfassende Demokratisierung von Wirtschaft und Gesellschaft.

Soziale Gerechtigkeit, Selbstbestimmung und wirtschaftliche Unabhängigkeit bleiben unser Ziel
In den Krisen der letzten Jahre waren es standfeste Gewerkschaften, die dazu beigetragen haben, den Kahn durch stürmische See zu navigieren. Wir sehen jetzt gerade wieder, wie wichtig dieses gewerkschaftliche Kurshalten ist, um Arbeitsplätze und Standorte zu sichern.
Yasmin Fahimi, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes

Zum 75. Jahrestag des DGB: "Unser Kompass sind die Interessen der Beschäftigten"

Die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi im Interview. Über das Kurshalten der Gewerkschaften in 75 Jahren Deutscher Gewerkschaftsbund

Der DGB wird 75 Jahre alt – wie hat er sich gehalten?

Yasmin Fahimi: Der DGB steht heute wie damals für eine simple Erkenntnis: Die Arbeiter*innen, Angestellten, alle Beschäftigten, sind stärker, wenn sie vereint kämpfen – unabhängig von ihrem Beruf, ihren politischen Überzeugungen, ihrer Weltanschauung. Die Idee der Gewerkschaften bekommt auch neuen Schwung in der heutigen Zeit: 2023 sind 437.000 Menschen in die DGB-Gewerkschaften eingetreten.

Darüber hinaus hat der DGB in 75 Jahren bewiesen, dass das Prinzip der Einheitsgewerkschaft funktioniert. Einheitsgewerkschaft, das heißt frei von Parteipolitik und geeint nach innen mit einer konstruktiven Zusammenarbeit unserer Mitgliedsgewerkschaften.

Denn ein Ziel eint uns alle: gute Arbeitsbedingungen, gerechte Löhne, Tarifverträge und Mitbestimmungsrechte – eben echte Demokratie im Betrieb. Wir wissen: Nur so schaffen wir eine Gesellschaft, in der auch für die Arbeits- und Wirtschaftswelt demokratische Regeln gelten. Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften füllen dieses Ziel jeden Tag mit Leben, seit 75 Jahren.

Was haben der DGB und seine Gewerkschaften in dieser Zeit erreicht?

Yasmin Fahimi: Die Liste ist lang – und vieles erscheint heute ganz selbstverständlich: Die 5-Tage-Woche, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die 40-Stunden-Woche und den 8-Stunden-Tag, den bezahlten Jahresurlaub, das Urlaubsgeld, den Kündigungsschutz, den gesetzlichen Mindestlohn, die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung der Krankenkassen – all das würde es ohne starke Gewerkschaften in Deutschland nicht geben.

In den Krisen der letzten Jahre waren es standfeste Gewerkschaften, die dazu beigetragen haben, den Kahn durch stürmische See zu navigieren. Ihr Kompass sind die Interessen der Beschäftigten. Wir sehen jetzt gerade wieder, wie wichtig dieses gewerkschaftliche Kurshalten ist, um Arbeitsplätze und Standorte zu sichern.

Weil es Gewerkschaften gibt, spielt Gleichstellung in der Arbeitswelt heute eine wichtige Rolle.
Und dafür kämpfen wir weiter. Denn: Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist Voraussetzung für ein gutes Leben und gute Arbeit.
Elke Hannack, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes

Also läuft es richtig super?

Yasmin Fahimi:  Ja, aber natürlich ist nicht alles erreicht! Wir sehen aktuell, dass viele Menschen im Land sich ohnmächtig fühlen, fehlende Anerkennung spüren, unter schlechten Arbeitsbedingungen leiden oder von den schnellen Veränderungen erschöpft sind. Wir Gewerkschaften verstehen das als Handlungsauftrag. Denn es steckt in unserer DNA, unseren Mitgliedern und den Beschäftigten zuzuhören und sie zu beteiligen. Mit unseren Tarifverträgen stellen wir sicher, dass ihre berechtigten Ansprüche durchgesetzt werden und sie zufriedener sind – mit ihrer Arbeit, ihrem Leben und der Demokratie.

Letztendlich geht es um Gerechtigkeit, um Chancen für alle und um ein friedliches Miteinander. Und es geht um Verteilungsgerechtigkeit: Die Frage, wie der Reichtum in unserem Land verteilt wird, wie das Verhältnis Kapital und Arbeit fair gestaltet werden kann – das alles beschäftigt uns seit Jahrzehnten. Soziale Gerechtigkeit, Selbstbestimmung und wirtschaftliche Unabhängigkeit bleiben unser Ziel.

Kontinuität oder Wandel – wohin geht die Reise für den DGB?

Yasmin Fahimi: Wir können beides! Wir halten an unseren Prinzipien und Werten fest, weil sie richtig sind und Grundpfeiler einer Gesellschaft, die sich zum Guten weiterentwickeln will.

Der DGB hat sich im Laufe der Jahre aber auch immer wieder neu erfunden. Wir sind vielfältiger geworden: jünger, weiblicher und diverser. Unsere Mitglieder repräsentieren die Gesellschaft als Ganzes. Wir versuchen, immer besser zu werden und allen Menschen zu zeigen: Hier ist der Ort, der dich stark macht und nach vorne bringt. Und wir stellen uns auch neuen Herausforderungen, wie dem Umbau einer klimaneutralen Wirtschaft und Gesellschaft.

Die Menschen brauchen aber auch Stabilität im Wandel. Wir erleben große Veränderungen – in der Arbeitswelt, in der Gesellschaft und im Alltag der Menschen. Der Wandel hin zu einer klimaneutralen, digitalen Zukunft ist eine Kraftanstrengung und bedeutet eine regelrechte Umwälzung in vielen Lebensbereichen. Damit wir diese große Kraftanstrengung wuppen, braucht Deutschland dringend politische Lösungen und massive Investitionen. Die Menschen sollen sehen, wie eine gute, sozial gerechte und sichere Zukunft aussehen und der Wandel gelingen kann.

Wir Gewerkschaften sind bereit. Mit uns zusammen sind die Beschäftigten stark, niemand bleibt allein. Jedes Gespräch kann etwas verändern. Von Kollegin zu Kollege, von Bürgerin zu Bürger, auf Augenhöhe von Mensch zu Mensch. Gemeinsam sind wir stark. 

Hintergrund 

Yasmin Fahimi: “75 Jahre DGB, Der Macht- und Gestaltungsanspruch des Deutschen Gewerkschaftsbundes zwischen Kontinuität und Wandel”. In: WSI-Mitteilungen, 2024, Heft 5.

Seit 75 Jahren setzen wir uns für eine gerechte Verteilung von Vermögen ein.
Wir sagen: Wer viel hat, der hat auch eine große Verantwortung für eine auskömmliche Ausstattung der öffentlichen Haushalte.
Stefan Körzell, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes

DGB-Kampagnen: Worte und Bilder, die bleiben

In den vergangenen 75 Jahren haben wir uns immer wieder mit klugen Kampagnen in die politische Debatte eingeschaltet. Samstags gehört Vati mir oder Rente muss reichen sind nur einige Beispiele erfolgreicher gewerkschaftlicher Kommunikation.

Der lange Weg zum gesetzlichen Mindestlohn

Eine der wichtigsten gewerkschaftlichen Kampagnen der letzten Jahre konzentrierte sich auf die Einführung des allgemeinen, gesetzlichen Mindestlohns. ver.di und die NGG hatten 2006 die Kampagne gestartet. 4 Jahre später, beim Ordentlichen DGB-Bundeskongress 2010, beschlossen dann alle Gewerkschaften, gemeinsam für den Mindestlohn zu kämpfen. Mit Umfragen, Plakataktionen, Medienpräsenz und zahllosen Veranstaltungen befeuerten die Gewerkschaften und ihre Unterstützer*innen über Jahre die Kampagne. Mit Erfolg – die Forderung nach dem gesetzlichen Mindestlohn war in der Gesellschaft angekommen. 

Deutlich belegen die Suchanfragen auf Google die entscheidenden Meilensteine der Kampagne. Einen ersten Höhepunkt gab es wenige Wochen vor der Bundestagswahl 2013, als die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit ihrem Herausforderer Peer Steinbrück (SPD) zum Mindestlohn debattierten. Das bisher größte Interesse für den Mindestlohn bei Google wurde im Januar 2015 gezählt, als zum Jahresbeginn erstmals der gesetzliche Mindestlohn von damals 8,50 Euro eingeführt wurde. Alle Erhöhungen des gesetzlichen Mindestlohns lassen sich seitdem in den Zahlen der Suchmaschine nachvollziehen.

Unsere Vielfalt ist unsere Stärke!
In einer Zeit, in der Hass und Ausgrenzung wieder lauter werden, stehen wir kämpferisch für Antirassismus und Vielfalt ein.
Anja Piel, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes

Unser Klassiker: “Samstags gehört Vati mir”

Aus den 1950er Jahren stammt ein Klassiker der politischen Kommunikation. Ausgangspunkt war die Forderung nach der 5-Tage-Woche mit dem Motto vom 1. Mai 1956 “Samstags gehört Vati mir”. Noch heute, nach 68 Jahren, kennt jeder neben dem Slogan das Bild des fröhlichen kleinen Jungen. Selbstbewusst blickt er in die Kamera und reckt kämpferisch die Faust. So wurde die Forderung nach einer 40 Stundenwoche – 5 Tage mit jeweils 8 Stunden – massentauglich.

Das Aktionsprogramm zur Kampagne trieben vor allem DGB und IG Metall voran. Eine eigene Kommission samt 20 Mitarbeitende trieb zwischen 1955 bis 1965 unermüdlich mit Presse- und Öffentlichkeitsarbeit das große Ziel voran. Ein Zeichentrickfilm der IG Metall unter ihrem legendären Vorsitzenden Otto Brenner wurde in 2.000 Kinos gezeigt und erreichte laut Gewerkschaft 10 Millionen Menschen. Dazu wurde ein eigenes Kabarettprogramm auf Tour geschickt, 15 Millionen Exemplare des Aktionsprogramms wurden an private Haushalte verteilt. 

Schließlich wurde der Einsatz belohnt:  Ab Ende der 1950er Jahre wurde die 40-Stunden-Woche etappenweise eingeführt. Der große Durchbruch kam 1967 mit Regelungen für die Metallindustrie, den Bau und die Chemiebranche.

DGB-Kampagnen in digitalen Medien

Keine moderne politische Kampagne ohne Social Media! Erfolgreiche Pionierarbeit haben wir als DGB bei unserer Rentenkampagne “Rente muss reichen” in den Jahren 2016 bis 2018 geleistet. 

In den 2010er Jahren wurde nur wenig über die Rente gesprochen. Vor allem die Senkung des Rentenniveaus von damals 48 auf 43 Prozent im Jahr 2030 hätte für viele  Renter*innen ein Leben in Altersarmut bedeutet.

Unser Ziel: Wir wollten den Sinkflug der Rente beenden, sie bei 48 Prozent stabilisieren und in einem weiteren Schritt anheben. Unter dem Motto “Rente muss reichen” enthüllten wir im September 2016 mit Blick auf die Bundestagswahl 2017 fassadengroße Plakate an den Gewerkschaftshäusern in 40 Städten. Auf unserer Webseite und auf Social Media wurde die Kampagne ausgerollt. Innerhalb von 4 Monaten erreichten wir alleine auf Facebook etwa 1,6 Millionen Menschen. Die Webseite wurde innerhalb weniger Monate rund 90.000 Mal aufgerufen. 

Insgesamt haben wir nach unseren Berechnungen mit allen Aktivitäten der Renten-Kampagne rund 40 Millionen Menschen erreicht. 

Mit allen unseren Aktionen zur Rente erreichten wir,  dass die Bundespolitik unsere Forderungen aufgegriffen hat. Die Rente ist seitdem als politisches Thema ständig auf Tagesordung. Bis 2025 gilt nun das Rentenniveau von 48 Prozent. Die Ampelkoalition hat in ihrem Koalitionsvertrag zugesagt,  die 48 Prozent bis zum Jahr 2039 zu sichern.

Der DGB-einblick zu 75 Jahre DGB

  • Einblick Oktober 2024 Die einblick-Ausgabe Oktober 2024 steht ganz im Zeichen des 75. Geburtstags des DGB. Mit einem Interview unserer DGB-Vorsitzenden Yasmin Fahimi zur Geschichte und Zukunft des DGB. Wir geben einen Überblick zu unseren erfolgreichsten Kampagnen und wir stellen Gewerkschaftsfrauen der ersten Stunden vor. Download PDF

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