Krankheit und Arbeit

Darf mein*e Chef*in mich bei Krankheit kontrollieren? Und darf der Arbeitgeber mich entlassen, weil ich krank bin? Die Antworten findest du hier.

Welche Rechte und Pflichten haben kranke Beschäftigte?

Vorgesetzte des Autobauers Tesla in Berlin haben angekündigt, kranke Mitarbeiter*innen zu Hause zu kontrollieren. Doch ist das überhaupt erlaubt? Und wenn ja: in welchen Fällen sind Hausbesuche zulässig? Was darf der Arbeitgeber, wenn er eine Krankschreibung für unglaubwürdig hält – darf er dann kranken Mitarbeitern sogar kündigen? Wir sagen dir, welche Rechte du als Arbeitnehmer*in bei Krankheit hast.

Darf mein Arbeitgeber ein Attest ab dem 1. Krankheitstag verlangen?

Ja, darf er. Eigentlich ist vorgesehen, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ab dem 4. Tag der Krankheit vorliegen muss. Allerdings darf der Arbeitgeber diese auch schon ab dem 1. Tag verlangen. Das muss auch nicht im Arbeitsvertrag so festgeschrieben sein, sondern kann jederzeit verlangt werden. Der Arbeitgeber darf natürlich nichts zeitlich Unmögliches von mir als Arbeitnehmer*in verlangen. Ordnet der Arbeitgeber das für mehrere Beschäftigte an, so unterliegt das der Mitbestimmung des Betriebsrates.

Muss ich dem Arbeitgeber sagen, warum ich krank bin?

Nein, die Diagnose ist geheim. Wir raten dir sogar eindringlich davon ab, den Krankheitsgrund weiterzuerzählen. Denn deine Antwort auf das typische “Was hast du denn?” kann sonst im Zweifel auch gegen dich verwendet werden.

Darf mein*e Chef*in verlangen, dass ich ihm*ihr die Haustür aufmache?

Wichtig: Krank ist krank! Du bist nicht verpflichtet mit deinem*deiner Chef*in in Krankheit zu sprechen. Du musst ihm*ihr weder die Tür öffnen noch ihn*sie auf dein Grundstück lassen. Bleibe ruhig und lass dich nicht unter Druck setzen und wende dich an deine Gewerkschaft.

Darf mein*e Chef*in mich zum Betriebsarzt schicken?

Nein, der Betriebsarzt ist ausdrücklich nicht zuständig, um festzustellen, ob eine Arbeitsunfähigkeit tatsächlich vorliegt. Dein Arbeitgeber kann sich aber an den medizinischen Dienst wenden. Das ist ein neutraler Begutachtungsdienst, der die Diagnose und somit auch die Arbeitsunfähigkeit prüft. Das geschieht nur auf vorherige Einladung. Geprüft wird durch einen Fragebogen oder ein persönliches Gespräch. Dem Arbeitgeber wird aber nur das Ergebnis der Prüfung mitgeteilt, nicht die Diagnose.

Wie muss ich mich verhalten, wenn ich krank bin?

Wenn ich krank bin, darf ich mich nicht “genesungwidrig” verhalten. Das heißt, ich darf nichts machen, was meiner Heilung im Wege steht. Da alle Krankheiten unterschiedlich sind, heißt das aber gerade nicht, dass ich strenge Bettruhe halten muss.

Darf mir mein Arbeitgeber den Lohn oder Urlaub kürzen, wenn ich länger krankgeschrieben bin?

Nein, Urlaubstage dürfen nicht gekürzt werden. Ganz im Gegenteil: Werde ich im Urlaub krank, darf ich mir diese freien Tage vom Arbeitgeber wiederholen. Auch der Lohn muss für 6 Wochen weitergezahlt werden. Danach übernimmt die Krankenversicherung die weiteren Zahlungen.

Wie kann ich mich wehren, wenn mein*e Chef*in seine*ihre Kompetenzen überschreitet?

Erstmal ruhig bleiben und  nicht unter Druck setzen lassen. In solchen Fällen solltest du dich an deine Gewerkschaft wenden und dich rechtlich beraten lassen.

Darf mir mein*e Chef*in wegen Krankheit kündigen?

Wer krank ist, darf nicht gekündigt werden. Dieser Irrtum ist weitverbreitet, denn eine Kündigung ist auch wegen Krankheit möglich. Wenn du sehr häufig oder sehr lange wegen Krankheit fehlst, darf der Arbeitgeber sich unter bestimmten Voraussetzungen von dir trennen – und die Kündigung auch ans Krankenbett schicken. 

Doch die Hürden sind hoch: Eine gelegentliche Grippe, oder ab und zu ein Infekt reichen für eine solche krankheitsbedingte Kündigung nicht aus.

Wann ist eine krankheitsbedingte Kündigung erlaubt?

Die krankheitsbedingte Kündigung ist grundsätzlich nur möglich, wenn folgende 3 Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Es liegt eine negative Gesundheitsprognose vor. Das heißt: Es ist keine Besserung oder sogar eine Verschlechterung zu erwarten.
  2. Die Fehlzeiten beinträchtigen stark die wirtschaftlichen und betrieblichen Interessen des Arbeitgebers.
  3. Die Interessen des Arbeitgebers wiegen stärker als die des*der Beschäftigten.

Das heißt: Wenn du wegen Krankheit gekündigt wirst, muss dein Arbeitgeber belegen, dass du in der Vergangenheit häufig krankheitsbedingt arbeitsunfähig warst. Außerdem muss er nachweisen, dass damit auch in Zukunft zu rechnen ist. Das kann zum Beispiel bei einer chronischen Krankheit der Fall sein – bei einer oder mehreren ausgeheilten Erkrankungen dagegen eher nicht.

Eingliederung geht vor Kündigung

Wenn du krankheitsbedingt deinen Job nicht mehr machen kannst, heißt das nicht, dass du gar nicht mehr arbeiten kannst. Bevor dein Arbeitgeber dir als Beschäftigte*n, der*die dauerhaft arbeitsunfähig oder wegen einer Krankheit nur noch erheblich vermindert leistungsfähig ist, kündigt, muss er prüfen, ob er dich nicht an anderer Stelle im Unternehmen beschäftigen kann. Wenn du also z. B. im Handwerk arbeitest und wegen eines chronischen Rückenleidens nicht mehr körperlich arbeiten kannst, könntest du etwa Tätigkeiten im Service oder in der Verwaltung übernehmen.

Arbeitgeber sind außerdem verpflichtet, ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchzuführen, wenn du innerhalb eines Jahres länger als 6 Wochen am Stück oder wiederholt arbeitsunfähig bist. Das BEM ist ein offenes Findungsgespräch, bei dem beide Parteien zusammenkommen und sich ansehen, was geändert werden kann, damit ich wieder beschwerdelos arbeiten kann. 

Der Arbeitgeber ist zum BEM verpflichtet, du als Arbeitnehmer*in nicht

Der Arbeitgeber muss klären, "wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann" (§ 167 Absatz 2 SGB IX). Wenn er das nicht macht, bevor er krankheitsbedingt kündigt, ist die Kündigung zwar nicht automatisch unwirksam – aber er hat, wenn es zu einem Kündigungsschutzprozess kommt, schlechte Karten.

Aber: Als Mitarbeiter*in bin ich nicht verpflichtet, an einen solchen BEM-Gespräch teilzunehmen und darf das Angebot ohne Begründung ablehnen.

Welche Beweise muss der Arbeitgeber bringen, wenn er mich aufgrund von Krankheit kündigt?

Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass die Fehlzeiten, die durch deine Krankheit entstehen, die betrieblichen Abläufe erheblich stören und zu finanziellen Belastungen führen.

In kleineren Betrieben kann es beispielsweise dazu kommen, wenn häufige Mitarbeiter*innen-Ausfälle Umsatzeinbußen verursachen, wenn dadurch für andere Beschäftigte oft Mehrbelastungen entstehen oder der Arbeitgeber bei häufigen Kurzerkrankungen immer wieder den Lohn weiter zahlen muss. Dazu verpflichtet ihn die gesetzliche Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

Ein weiterer wichtiger Punkt: Will der Arbeitgeber wegen Krankheit kündigen muss er belegen, dass seine Interessen höher zu bewerten sind als dein Interesse als Beschäftigte*r, deinen Arbeitsplatz zu erhalten. Das ist bei einer schwerwiegenden Erkrankung in einem langjährigen, störungsfreien Beschäftigungsverhältnis anders zu bewerten als bei einem kurzen Arbeitsverhältnis, das von häufigen Krankheitszeiten gekennzeichnet war.

Fazit: Kündigung wegen Krankheit ist möglich, aber es gibt Regeln

Kündigungen wegen Krankheit sind möglich, aber an strenge Regeln geknüpft. In der Praxis kommen sie eher selten vor – und wenn, dann sind sie häufig rechtsunwirksam. Du hast also gute Chancen, wenn du dich gegen eine solche Kündigung wehrst – und solltest das auch immer tun. Dabei musst du allerdings schnell sein: Wenn du nicht innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage erhebst, gilt sie von Anfang an als rechtswirksam. Unterstützung beim Kündigungsschutzprozess bietet unter anderem der DGB-Rechtsschutz an.

Weitere Infos gibt es beim DGB-Rechtsschutz

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