Gute Arbeit und Schutz vor Arbeitslosigkeit sind zentral für unser Leben. Arbeitsmarktpolitik setzt dafür den Rahmen. Deshalb ist es Kernaufgabe der Gewerkschaften, Arbeitsmarktpolitik zum Vorteil der Beschäftigten mitzugestalten. Wir setzen uns ein für finanzielle Sicherheit bei Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit. Wir wollen eine Arbeitsförderung, die Perspektiven schafft – für Menschen ohne Arbeit oder Ausbildung, bei beruflicher Umorientierung und in der Transformation.
Viel zu viele Menschen sind trotz Arbeit arm. Auch hier spielt Arbeitsmarktpolitik eine wichtige Rolle: Wir wollen Arbeit, mit der Menschen ihre Existenz selbst sichern können. Dafür brauchen sie mehr und bessere Förderung für Ausbildung und Qualifizierung, bessere Beratung und Begleitung vor Ort sowie verlässliche Leistungen bei Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit. Das gilt besonders in Krisenzeiten.
Prekäre, schlecht bezahlte und ausbeuterische Arbeit lehnen wir Gewerkschaften ab. Deshalb nehmen wir Einfluss auf arbeitsmarktpolitische Gesetze für gute, sichere Arbeit.
Auch in der Bundesagentur für Arbeit, ihren Regionaldirektionen und Agenturen für Arbeit sowie in den Jobcentern vertreten Gewerkschafter*innen über die Selbstverwaltung der Arbeitslosenversicherung die Interessen der Beschäftigten. Zusammen mit seinen Mitgliedsgewerkschaften unterstützt der DGB außerdem eine betriebsnahe Arbeitsmarktpolitik. Neben der Sicherung von Beschäftigung geht es hierbei um geförderte Qualifizierung, für deren Ausbau sich der DGB in den vergangenen Jahren mit Erfolg stark gemacht hat.
Fachkräftesicherung in der Transformation
Der Arbeitsmarkt ist geteilt: Auf der einen Seite stehen Berufe und Branchen, in denen Fachkräfte knapp sind, auf der anderen verlieren Menschen durch die ökologische oder digitale Transformation ihren Arbeitsplatz. In einigen Bereichen klaffen die vorhandenen Qualifikationen der Arbeitssuchenden und die Bedarfe der Unternehmen zunehmend auseinander. Außerdem bleiben für viele Beschäftigte die Arbeitsbedingungen prekär und die Zukunftsperspektiven schlecht.
Fachkräftemangel ist hausgemacht
Doch die Fachkräfteengpässe sind oft hausgemacht: Ausgerechnet dort, wo Unternehmen Fachkräfte suchen, gibt es nur noch wenige Tarifverträge. Auch das führt dazu, dass Fachkräfte aus solchen "Engpassberufen" aussteigen.
Die Lösung: Unternehmen müssen mit Tarifverträgen für bessere Arbeitsentgelte sorgen und die Arbeitsbelastung begrenzen; und die Arbeitgeber müssen für mehr Vereinbarkeit von Arbeit, Familie und Freizeit sorgen, damit sie für Beschäftigte attraktiver werden.
Unsere Vision: Gute Arbeit für alle
Wir wollen Gute Arbeit sichern und Lücken bei den Fachkräften schließen. Nur so gelingt die sozial-ökologische Wende.
Die Werkzeuge dafür haben Arbeitgeber und Politik selbst in der Hand:
- Wenn sie die Tarifbindung stärken, machen sie "Engpassberufe" attraktiver.
- Die Fachkräfte von morgen brauchen eine gute Ausbildung und mehr Unterstützung auf dem Weg ins Berufsleben.
- Benachteiligte Gruppen am Arbeitsmarkt müssen gleichgestellt werden.
- Beschäftigte brauchen Arbeitszeiten, die es ihnen möglich macht, Erwerbs- und Sorgearbeit in Familie oder Partnerschaft gleichberechtigt zu verteilen.
Weiterbildung als Brücke der Transformation
Weiterbildung ist die Brücke zwischen den Anforderungen von morgen und den Qualifikationen der Beschäftigten von heute.
Weiterbildung sichert Arbeitsplätze und unterstützt die Beschäftigten aktiv im Wandel, damit trägt sie maßgeblich zu einer sozial gerechten Transformation der Arbeitswelt bei.
Das Qualifizierungsgeld als neues Fördermittel spielt dabei eine besondere Rolle: Betriebe und Tarifpartner sind damit gemeinsam dafür verantwortlich, im Strukturwandel die Beschäftigung durch Weiterbildung sichern.
Unser Ziel ist es, diese neuen Fördermöglichkeiten bekannt zu machen. Damit die Gewerkschaften und Betriebsräten die Möglichkeiten zu Mitgestaltung nutzen und so die Weiterbildung aller Beschäftigten – auch die der Teilzeitbeschäftigten – weiter voranzubringen.
Chancen eröffnen: Fachkräfte im In- und Ausland aktivieren
Frauen, ältere Beschäftigte, Erwerbslose, Menschen mit Behinderungen und Menschen mit Migrationserfahrung haben noch immer schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt.
Ihre Beteiligung am Arbeitsmarkt muss gestärkt werden:
- mit besseren betrieblichen Bedingungen;
- mit mehr Möglichkeiten zur Weiterbildung;
- mit dem Ausbau von Unterstützungsangeboten und Betreuungsinfrastruktur;
- durch den Abbau von Diskriminierung.
Fachkräfteeinwanderung kann ebenfalls Engpässe auf dem Arbeitsmarkt lindern. Nachhaltig ist sie aber nur, wenn einwandernde Menschen im Einwanderungsprozess fair behandelt werden und in Deutschland gute Arbeitsbedingungen vorfinden. Nach Deutschland eingewanderte Menschen brauchen Perspektiven, um die Arbeit zu machen, die zu ihren Qualifikationen passt. Zu viele haben stattdessen bis heute einen unsicheren Aufenthaltsstatus.
Unsere Forderungen
Wir wollen passgenaue Lösungen für die konkrete Probleme vor Ort, um unseren Arbeitsmarkt fit für die Zukunft zu machen.
Weiterbildung: Weiterbildung sorgt dafür, dass Anforderungen der Unternehmen und Qualifikationen auch künftig zusammenpassen. Wir wollen selbstbestimmte Weiterbildung besser fördern; gute Weiterbildungsangebote, die überall verfügbar sind; Arbeitslose dauerhaft in Gute Arbeit integrieren.
Arbeitsbedingungen verbessern: Wo Fachkräfte gesucht werden, müssen die Arbeitsbedingungen attraktiver werden – insbesondere durch Tarifverträge. Das können wir erreichen durch die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen und Tariftreuegesetze. Der Gesetzgeber muss Mitgliedschaften ohne Tarifbindung in Arbeitgeberverbänden einschränken.
Inländische Fachkräftepotenziale aktivieren: Wir brauchen die nötigen Rahmenbedingungen, damit Frauen gleichberechtigt am Erwerbsleben teilnehmen können. Dazu gehören: Abbau von Hürden und finanziellen Fehlanreizen wie Minijobs und Ehegattensplitting; mehr Angebote für Kinderbetreuung und die Förderung professioneller pflegehaushaltsnaher Dienstleistungen; altersgerechte Arbeitsbedingungen für ältere Beschäftigte, damit ein Erwerbsleben bis zum Renteneintrittsalter möglich wird.
Faire Chancen für eingewanderte und einwandernde Menschen: Auch Menschen mit Migrationserfahrung gehören zum inländischen Fachkräftepotenzial. Ihre Qualifikationen müssen schneller und unkomplizierter anerkannt werden und sie brauchen langfristige Bleibeperspektiven. Wer dauerhaft den Lebensmittelpunkt in Deutschland hat, braucht eine Beschäftigung, die zur Qualifikation passt und das zu guten Bedingungen. Auch die gezielte Erwerbsmigration von Fachkräften aus dem Ausland nach Deutschland wird zunehmen. Deshalb muss die Bundesregierung dringend für faire, verbindliche Standards in der privaten Anwerbung und Vermittlung von diesen Fachkräften sorgen.
Ausbildungs- und Arbeitsförderung
Ausbildung- und Arbeit müssen gefördert werden, weil Ausbildungs- und Arbeitsmarkt nicht ohne Reibungsverluste funktionieren. Der aktuelle Handlungsbedarf ist groß – obwohl die Zahl der Erwerbstätigen hoch ist und die Arbeitslosigkeit vergleichsweise niedrig. Die weitreichende Transformation der Arbeitswelt eröffnet den Arbeitnehmer*innen neue Beschäftigungschancen, aber einige laufen auch in Gefahr, den Anschluss zu verlieren. Menschen mit Migrationshintergrund, insbesondere mit Fluchtgeschichte, finden viel zu häufig nur niedrig bezahlte, prekäre Beschäftigung. Ganz vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind in großer Zahl Langzeitarbeitslose und Menschen mit Behinderung.
"Mismatch" in der Ausbildung: Angebot und Wünsche passen nicht zusammen
Was der Ausbildungsstellenmarkt bietet, ist oft nicht deckungsgleich mit den Wünschen und Voraussetzungen der Jugendlichen, die eine Ausbildung suchen. Im Ergebnis bleiben jährlich Tausende Ausbildungsstelle unbesetzt, während zuletzt rund 2,6 Millionen jungen Menschen zwischen 20 und 34 Jahren keinen Berufsabschluss haben - ein neuer Negativrekord.
Wenn Jugendliche mit Ausbildungswunsch auf dem Weg zum Berufsabschluss Unterstützung brauchen, ist es Aufgabe der Ausbildungsförderung, sie dabei individuell zu unterstützen. Ausbildungsbetriebe und Schulen sind dennoch in der Pflicht. Kein junger Mensch darf zurückgelassen werden.
Präventive Weiterbildung sichert Beschäftigung
In der Arbeitsförderung macht sich der DGB für einen präventiven Ansatz stark. Das bedeutet: Weiterbildung muss frühzeitig einsetzen! So kann sie dabei helfen, Beschäftigung im Wandel der Arbeitswelt zu sichern und dadurch Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Arbeitnehmer*innen sollen ihre Kompetenzen an veränderte Anforderungen im Strukturwandel rechtzeitig anpassen können und dabei die Gelegenheit zur Aufwärtsmobilität erhalten.
Aus diesem Grund ist jene Weiterbildungsförderung zu stärken, die Beschäftigten erlaubt, bei fehlenden oder unbrauchbar gewordenen Berufsabschlüssen die nötige Qualifikation nachzuholen – bzw. ihnen den Weg zur Berufsspezialist*in ebnet.
Mit Arbeitsförderung gegen Arbeitslosigkeit
Arbeitsförderung nimmt – gemeinsam mit Betreuung und Vermittlung – dabei eine Schlüsselrolle ein, um Arbeitslosigkeit möglichst zügig zu überwinden. Das muss nach Überzeugung des DGB geschehen, ohne dass Arbeitslose in prekäre und nicht-existenzsichernde Beschäftigung gedrängt werden. Vor allem Arbeitslose, die Bürgergeld beziehen, müssen viel häufiger als bisher die Chance auf eine berufsabschlussbezogene Weiterbildung erhalten - und damit eine Perspektive auf eine nachhaltige Beschäftigung.
Öffentlich geförderte Beschäftigung, wie sie die Bundesagentur mit der Förderung zur "Teilhabe am Arbeitsmarkt" bereitstellt, hat eine wichtige Funktion für vom Arbeitsmarkt ausgegrenzte Langzeitarbeitslose. Sie verbessert durch die Erwerbsarbeit die gesellschaftliche Teilhabe.
Unsere Forderungen
- Mehr Ressourcen für den nötigen Ausbau der Ausbildungs- und Weiterbildungsförderung
Die Herausforderungen sind groß: zuletzt ist die Langzeitarbeitslosigkeit gestiegen, eine enorme Zahl junger Menschen ist ohne Berufsabschluss, die Transformation am Arbeitsmarkt muss mithilfe von Weiterbildung bewältigt werden. Die Förderung von Ausbildung- und Arbeit muss mit diesen Herausforderungen Schritt halten und weiter ausgebaut werden. Wesentliche Voraussetzungen dafür:
1) mehr Mittel im Bundeshaushalt für die Jobcenter.
2) Verzicht auf Sparmaßnahmen des Bundes zulasten des Beitragshaushaltes der Bundesagentur für Arbeit. - Wir brauchen eine Weiterbildungsoffensive
Die Weiterbildung von Arbeitslosen und Beschäftigten muss auch mithilfe der Arbeitsförderung ausgebaut werden. Besonders Weiterbildungen zum Berufsabschluss und Berufsspezialisten sind zu stärken. Ebenso dringend ist muss verhindert werden, dass Arbeitslose und Beschäftigte ohne Berufsabschluss am Arbeitsmarkt weiter ins Hintertreffen geraten. Vor allem Menschen, die Bürgergeldes beziehen, sind auf Weiterbildungschancen bis hin zum Berufsabschluss angewiesen. Damit sie Langzeitleistungsbezug und prekäre Beschäftigung überwinden können. - Präventive Arbeitsmarktförderung
Die Transformation der Arbeitswelt kann nur gut gelingen, wenn die Beschäftigten in diesem Prozess mitgenommen werden – und wenn sie sich durch Weiterbildung an veränderte Anforderungen anpassen können. Jetzt gibt es die Chance, Weiterbildung mithilfe der deutlich verbesserten Weiterbildungsförderung der Agenturen für Arbeit zu stärken. Die Betriebs- und Tarifparteien sind in der Transformation der Arbeitswelt aufgerufen, durch Weiterbildung Arbeitsplätze zu sichern. - Ein Zukunftsfonds für die duale Ausbildung
Mit dem Gesetz zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung wird die "Ausbildungsgarantie" eingeführt. Der damit verbundene Rechtsanspruch auf eine außerbetriebliche Ausbildung hat jedoch sehr hohe Voraussetzungen. Der DGB fordert eine Ausbildungsgarantie mit Umlagefinanzierung. Ein bundesweiter Zukunftsfonds, in den alle Betriebe einzahlen, könnte zweierlei finanzieren: erstens Maßnahmen zur Verbesserung des Übergangs von der Schule in die Berufsausbildung, zweitens auch Investitionen in die fachliche Qualität der Ausbildung. Beides käme der Attraktivität der Beruflichen Bildung zugute; und beides würde dazu beitragen, die Lasten zwischen ausbildenden und nichtausbildenden Unternehmen fairer zu verteilen. - Wirksame Ausbildungsförderung
Ziel muss sein, junge Menschen individuell, verlässlich und kontinuierlich zu begleiten, damit kein junger Mensch an der Schwelle zwischen Schule und Beruf verloren geht. Das heißt: die Instrumente der Ausbildungsförderung müssen bedarfsgerecht, gut zugänglich und bürokratiearm ausgestaltet sein und einen höheren Bekanntheitsgrad erreichen
Kolleg*innen mit Migrationserfahrung sind vom deutschen Arbeitsmarkt nicht wegzudenken. Viele von ihnen sind in den DGB-Gewerkschaften aktiv. Doch nicht immer erhalten sie von ihren Arbeitgebern die Wertschätzung, die sie verdienen. Sie sind häufiger prekär beschäftigt und werden im Mittel schlechter bezahlt. Viele, auch Hochqualifizierte mit guten Arbeitsbedingungen, erfahren Diskriminierung. Viele eingewanderte Menschen bleiben beruflich unter ihren Möglichkeiten, weil ihrer ausländischen Qualifikationen selten anerkannt werden oder sie kaum Chancen zur beruflichen Weiterbildung erhalten.
Widersprüchliche Einwanderungspolitik
Auch in der Einwanderungspolitik sendet Deutschland widersprüchliche Signale, die der Willkommenskultur schaden: Einerseits wird um ausländische Fachkräfte geworben, andererseits häufen sich Forderungen, die Einwanderung flüchtender Menschen zu begrenzen. Dabei benötigen auch geflüchtete Menschen Lebensperspektiven in Deutschland. Auch viele von ihnen möchten und sollten die Chance erhalten, als Fachkräfte anerkannt oder weiterqualifiziert zu werden. Schließlich werden in vielen Berufen Fachkräfte gesucht.
Einerseits wird Deutschland als Einwanderungsziel angepriesen, andererseits werden manche Menschen auf dem Weg nach Deutschland durch Vermittlungsagenturen um ihr Erspartes gebracht. Andere werden an ihrem Arbeitsplatz in Deutschland ausgebeutet und um ihre Rechte gebracht.
Migration in Gute Arbeit
Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften setzen sich für gute Arbeitsbedingungen aller Beschäftigten in Deutschland ein. Diskriminierung am Arbeitsmarkt und im sonstigen Leben darf es nicht geben.
Regelungen, die Einwanderung und Integration ausbremsen oder Arbeitschancen versperren, nützen niemandem. Gleichzeitig muss die Bundesregierung bei Einwanderungsgesetzen auf Gute Arbeit achten. Hausgemachte Probleme des deutschen Arbeitsmarktes dürfen nicht auf dem Rücken eingewanderter Menschen gelöst werden.
Eingewanderte Menschen brauchen Schutz und Unterstützung
Gewerkschaften wehren sich gegen Niedriglohn und unsichere Beschäftigung, ganz gleich, wen es betrifft. Eingewanderte Menschen brauchen besonders viel Schutz und Unterstützung. Oft beherrschen sie die Sprache noch nicht und sind mit den rechtlichen Spielregeln und dem Alltag in Deutschland noch nicht vertraut. Gewerkschaftsnahe Beratungsstellen für Beschäftigte mit Migrationserfahrung unterstützen sie wirksam. Europäisches Geld für ein gewerkschaftsnahes Beratungsnetz in ganz Europa könnte diese Unterstützung weiter stärken. Auch bei der Durchsetzung von Arbeitnehmer*innenrechten ließe sich viel verbessern.
Genauso wichtig sind unkomplizierte, zügige Verfahren bei der Einwanderung und der Anerkennung von Berufen. Gesetzliche Vorgaben für die private Vermittlung müssen für Fairness bei der Einwanderung sorgen.
Unterstützung von Anfang an
Unterstützung umfasst alle Bereiche, die für ein Leben in Deutschland wichtig sind. Menschen kommen nicht nur als Arbeitskräfte, sondern brauchen Unterstützung und Infos zu Schule, Gesundheit und Alltag, um in Deutschland Fuß zu fassen.
Prekäre Beschäftigung
Auch prekäre Beschäftigte haben Rechte
Prekär, das heißt im Wortsinn so viel wie: durch Bitten erlangt. Arbeitnehmer*innen als Bittsteller*innen, die selbst für den schlechtesten Arbeitsplatz dankbar sind – das könnte manch schwarzem Schaf unter den Arbeitgebern so passen. Doch natürlich haben Arbeitnehmer*innen Rechte. Nur sind in einigen Beschäftigungsformen diese Rechte deutlich nachteiliger ausgestaltet als in üblichen Arbeitsverhältnissen. Und wer ohnehin schon weniger Rechte hat, dem werden nicht selten auch diese wenigen Rechte noch verweigert. Das gilt selbst dort, wo prekär Beschäftigte mit anderen Arbeitnehmer*innen gleichbehandelt werden müssten. Minijobbende zum Beispiel haben wie alle anderen ein Recht auf Urlaub und müssen nicht von einer Sekunde zur anderen am Arbeitsplatz einspringen. Die Realität sieht aber oft ganz anders aus.
Arbeitnehmer*innenrechte stärken, Prekäre Beschäftigung regulieren
Der DGB hat konkrete Vorschläge, wie sich das ändern lässt: Prekäre Beschäftigung muss wieder vernünftig reguliert werden. Hier ist die Politik gefragt: Leiharbeit, missbräuchliche Werkverträge, Saisonarbeit und Plattformarbeit brauchen klare Spielregeln, sonst bleibt es beim Missbrauchspotential bei Löhnen und Arbeitsbedingungen. Minijobs sollten vom ersten Euro an sozialversicherungspflichtig werden. Befristung von Arbeitsverträgen ohne Sachgrund gehört abgeschafft; die Sachgründe müssen auf das Nötigste reduziert werden. Gegen Niedriglöhne helfen ein ambitionierter gesetzlicher Mindestlohn und starke Tarifverträge. Doch da die Tarifbindung schwindet, muss der Gesetzgeber nachsteuern: Tarifverträge müssen leichter für allgemeinverbindlich erklärt werden können und die Tarifbindung muss auch sonst gestärkt werden.
Rechte der Beschäftigten durchsetzen. Kontrollen verstärken
Gute Gesetze sind das eine, ihre Durchsetzung das andere. Deshalb müssen die Behörden Arbeitgeber verstärkt kontrollieren. Diese Kontrollen müssen auch besser koordiniert werden, am besten unter einheitlichem Dach.
Die Behörde, die Rechtsverstöße von Arbeitgebern überprüft, sollte nicht zugleich zu Rechtsverstößen der Beschäftigten ermitteln. Sonst bleibt es dabei, dass Beschäftigte Verstöße nicht melden, weil sie beispielsweise Sorge wegen eines unsicheren Aufenthaltsstatus haben müssen.
Tarif- und Arbeitsrecht: Gewerkschaften brauchen ein Verbandsklagerecht
Arbeitnehmer*innen sollten sich auch nicht allein darauf verlassen müssen, dass Unrecht bei behördlichen Kontrollen auffällt. Gewerkschaften und gewerkschaftsnahe Beratungsstellen für Beschäftigte mit Migrationserfahrung leisten schon jetzt wirksame Unterstützung. Auch darüber hinaus stehen Gewerkschaften bereit, ihren Beitrag zu leisten. Sie benötigen ein Verbandsklagerecht, um gegen systematische Verstöße von Arbeitgebern gegen Tarifrecht und Gesetze klagen zu können.