Wirtschaftsförderung an Gute Arbeit und Mitbestimmung koppeln

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Die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) ist seit 1969 das zentrale Instrument der regionalen Wirtschaftspolitik in Deutschland. Ziel ist es, strukturschwache Regionen zu unterstützen, Standortnachteile bei Investitionen auszugleichen und Anreize zur Schaffung von Einkommen und Beschäftigung zu setzen. Es handelt sich um eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern, die auf dem grundgesetzlichen Auftrag zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse basiert. Mit Sonderprogrammen wird auch auf unvorhergesehene Vorkommnisse reagiert, wie große Hochwasser sowie die weltweite Finanzkrise 2007/8. Hauptaufgabe der GRW ist es, dauerhafte und hochwertige Arbeitsplätze zu schaffen, die auf den in Regionen vorhandenen Entwicklungsmöglichkeiten beruhen.

Im Zuge des Koalitionsvertrages hat die neue Regierung eine Überarbeitung der GRW ins Auge gefasst, zu der derzeit eine Konsultation des Bundeswirtschaftsministeriums läuft. Der DGB begrüßt diese Initiative. Dabei spielen vor dem Hintergrund aktueller Herausforderungen aus gewerkschaftlicher Sicht Tarifbindung und demokratische Teilhabe eine zentrale Rolle. Die Frage, wie die Sozialpartner stärker bei Planung und Umsetzung vor Ort einzubeziehen sind, damit die sozial-ökologische Transformation gelingen kann, sollte bei einer Überarbeitung des Koordinierungsrahmens Berücksichtigung finden.

Dass dies keineswegs ein Selbstzweck ist, beweisen die bereits vorhandenen Beteiligungsstrukturen in der nationalen und Europäischen Strukturpolitik bereits seit Jahrzehnten. Effizienz und Effektivität sind erhöht, wo Beteiligung funktioniert. Die Europäische Kommission hat durch zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen herausgefunden, dass dort, wo NGOs und Sozialpartner gut eingebunden sind, die Mittel nachhaltiger eingesetzt werden und Korruption kaum vorkommt. Da Strukturfondsmittel und GRW häufig als Kofinanzierungsinstrumente dienen, dürfte dies für beide gelten.

Der DGB setzt sich dafür ein, in Transformationsregionen (demografischer und digitaler Wandel, Dekarbonisierung und Globalisierung) Wertschöpfungsketten mit qualitativ hochwertigen, tarifgebundenen Arbeitsplätzen zu erhalten und wo nötig, neue zu schaffen. Staatliche Mittel sollen jedoch nur noch an Firmen gehen, die Tariflohn zahlen. Die Tarifbindung wieder zu erhöhen, hat für uns absolute Priorität. Gleichzeitig dürfen die Mittel nicht an Unternehmen gehen, die Betriebsräte behindern oder Tarifverträge aushöhlen, denn sie legen die Axt an unsere soziale Marktwirtschaft. In Nordrhein-Westfalen gibt es bereits seit Jahrzehnten die Praxis, dass Gewerkschaften und Betriebsräte bei der Vergabe von GRW-Mitteln einbezogen werden. Sollte ein Unternehmen Arbeitsschutz nicht einhalten oder gar Betriebsratsarbeit behindern, gibt es eine Schlichtungsstelle, bei der die Konflikte geklärt werden, bevor das Unternehmen GRW-Mittel erhält. Diese Praxis sollte der neue Koordinierungsrahmen für ganz Deutschland vorsehen.

Unternehmen erzielen höhere Produktivitätsgewinne, wenn Tarifbindung und Tariftreue eingehalten werden. Dann werden auch höhere Gewinne an die Beschäftigten ausgeschüttet. Auch das Vorhandensein eines Betriebsrates bzw. von Mitbestimmung beeinflusst nachhaltig den Unternehmenserfolg. Nur Regionen, bei denen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer den Wandel mitgestalten können, schauen in eine Zukunft, in der soziale Gerechtigkeit die Rolle spielt, die für das Funktionieren moderner Demokratien erforderlich ist. Dies zeigen nicht nur zahlreiche Untersuchungen aus den USA, die einen Zusammenhang zwischen Wahlverhalten und den Rust Bells nachweisen, sondern auch Studien über strukturschwache Regionen in Deutschland.

Der DGB begrüßt daher ausdrücklich, dass die Ampelkoalition die GRW um Elemente der Daseinsvorsorge erweitern möchte. Mit Blick auf die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse muss verhindert werden, dass einzelne Regionen zu Krisenverlierern werden. Eine Stärkung der öffentlichen Infrastruktur ist notwendig, das betrifft nicht-fossile Energie, Breitbandausbau und den öffentlichen Verkehr, aber auch Gesundheitsversorgung, Pflege, Einkaufsmöglichkeiten, Tourismus, Sport und Kultur. Auch fordern wir dringend die Berücksichtigung familienfreundlicher Arbeitsbedingungen im Fördersystem. Die kommunale Infrastruktur braucht Mobilitätskonzepte, die den öffentlichen Personennahverkehr stärken und dabei auch den ländlichen Raum einbeziehen. In diesen Konzepten müssen Anforderungen an Barrierefreiheit sowie an darüber hinausgehende individuelle Mobilitätsanforderungen enthalten sein. Kommunen in strukturschwachen Regionen brauchen besondere Hilfen, um die Nutzung nachhaltiger Energie im kommunalen ÖPNV (Stadt und Land) zu fördern, statt den Ausbau des Individualverkehrs voranzutreiben. Der DGB hat – nicht zuletzt mit seiner bundesweiten Kampagne „DGB Zukunftsdialog“ - vor Ort gezeigt, wie Mitgestaltung auch im Bereich der Daseinsvorsorge gelingt.

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