Die Ampel-Koalition ist beendet. Als Fortschrittskoalition gestartet, zerbrach sie schließlich vor allem an der Frage der Staatsfinanzen.
Dabei sollte allen klar sein: mehr Klimaschutz, mehr Unterstützung für die Wirtschaft und mehr soziale Sicherheit gibt es nicht zum Nulltarif. Wer in Zeiten anhaltender Krisen, Zeiten von Investitionsstau und fortwährender Unsicherheit, bei Haushalten und Unternehmen mit beiden Füßen auf der (Schulden-)Bremse steht, darf sich nicht wundern, wenn das Land nicht vom Fleck kommt.
Wer unter dem Vorwand vermeintlich knapper Kassen nur Ausgaben "priorisieren" will, der spielt soziale Sicherheit gegen gezielte Wirtschaftshilfen, wichtige Investitionen gegen notwendiges öffentliches Personal oder Regionalpolitik gegen internationale Zusammenarbeit aus. Wer das tut, stellt die Verteilungsfrage "von oben"!
Krasse Kürzungen in dem einen oder anderen Bereich gehen zulasten einer guten Daseinsvorsorge und Infrastruktur, zulasten der Beschäftigten und der wirtschaftlichen Zukunftsfähigkeit des Landes. Sie gehen zulasten der internationalen Solidarität, zulasten der Zuversicht und zulasten eines guten Miteinanders in einer gefestigten Demokratie.
Der aktuelle Verteilungsbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) zeigt, wie stark die Abstiegs- und Zukunftsängste der Menschen – bis in die obere Mittelschicht hinein – bereits in den letzten Jahren zugenommen haben. Er verdeutlicht auch, wie das Vertrauen in politische Institutionen und Rechtsstaat bei Menschen mit Zukunftssorgen und starken materiellen Einschränkungen sinkt. Dabei stieg die Zahl derjenigen, die in Armut leben von 14,2 Prozent in 2010 auf 17,8 Prozent in 2021 an. Nur wenige Menschen wurden reich. Dafür wächst und konzentriert sich deren Vermögen immer stärker, was ebenfalls eine Gefahr für die Demokratie darstellt.
Das Gute ist: Es gibt strukturelle Lösungen, die die Politik ergreifen kann, wenn sie den Menschen Zukunftsängste nehmen, Zusammenhalt und Demokratie stärken sowie Wohlstand und eine gerechte Verteilung von Kosten, Lasten und Chancen gewährleisten will.
Zu diesen Maßnahmen zählt eine umfassende Reform der Schuldenbremse, welche Investitionen in Kitas, Schulen, Brücken, das Schienennetz, digitalisierte Verwaltungen und den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft mit guten Arbeitsplätzen ermöglicht.
Hierzu gehören auch die Stärkung des Sozialstaats für mehr Schutz in einer sich wandelnden Arbeits- und Lebenswelt und ein sozial-gerechter Klimaschutz. Schließlich braucht es eine Umkehr in der Steuerpolitik, die in den vergangenen drei Jahrzehnten vor allem kleine und mittlere Einkommen be- und gleichzeitig hohe Einkommen und Vermögen entlastet hat. Das DGB-Steuerkonzept zeigt: durch eine stärkere Besteuerung von Topverdienenden können 95 Prozent der kleinen und mittleren Einkommen entlastet werden. Durch ein Ende der Privilegien für riesige Erbschaften und Vermögen sowie die Bekämpfung von Steuerbetrug ließen sich die "knappen Kassen" füllen, damit statt Kürzungen eine Verbesserung des Gemeinwesens zugunsten Aller auf die Tagesordnung kommt.