Wegweisender Tarifvertrag: Erfolgsgeschichte Silicon Saxony

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Dachzeile einblick September 2024

35 Jahre nach dem Mauerfall haben die ostdeutschen Länder in einigen Bereichen aufgeholt. Auch wenn die Tarifbindung noch niedriger als in Westdeutschland ist, gibt es hoffnungsvolle Signale, dass sich Arbeits- und Sozialbedingungen an den Westen angleichen. So hat das Rentenniveau zwischen Rostock und Dresden seit Juli 2023 endlich das Westniveau erreicht. Zudem sind die Zeiten der großen Abwanderung aus Ostdeutschland vorbei. Seit 2017 ziehen wieder mehr Menschen von West nach Ost. Einen Beitrag dazu leistet auch die Ansiedlung von größeren Industriebetrieben – vor allem in Zukunftstechnologien. 

So hat etwa der weltgrößte Produzent von Lithium-Ionen-Zellen CATL in Erfurt Europas größtes Batteriezellenwerk in Betrieb genommen. Investiert wurden 1,8 Milliarden Euro, 2.000 Arbeitsplätze sind geschaffen worden. Für die Umstellung auf Elektromobilität bei VW in Sachsen wurden 1,3 Milliarden Euro investiert und damit 10.000 Arbeitsplätze gesichert. Bei Bosch in Dresden wurden eine Milliarde Euro investiert und 1.000 Arbeitsplätze geschaffen. In die Werkserweiterung bei Porsche in Leipzig wurden 600 Millionen Euro investiert. Die rund 4600 Beschäftigten produzieren dort unter anderem die E-Variante des Macan. Im Leipziger BMW-Werk wird seit 2023 auch der Mini Countryman montiert – sowohl als Verbrenner als auch mit vollelektrischem Antrieb. Rund 400 Millionen Euro werden investiert, um 5400 direkte Arbeitsplätze zu sichern. Die Beiersdorf AG hat bei Leipzig 390 Millionen Euro in ein neues Werk investiert und schafft 600 Arbeitsplätze.

Gewerkschaften nutzen diese Re-Industrialisierung, um neue Mitglieder durch starke Tarifpolitik zu gewinnen, etwa im Silicon Saxony – dem Hotspot der Halbleiterindustrie in und um Dresden. Vor gut einem Jahr hat die IG BCE erfolgreich einen Tarifvertrag beim Halbleiterhersteller GlobalFoundries erkämpft. Damit ist das Unternehmen nun erstmals tarifgebunden. Unter anderem regelt der Tarifvertrag die Eingruppierung in feste Entgeltgruppen sowie das 13. Monatsgehalt – und die Branche wächst weiter. Expert*innen rechnen mit rund 100.000 Stellen in der Mikroelektronik sowie Softwareindustrie in der Region Dresden im Jahr 2030. Nun ist der Grundstein für ein weiteres großes Werk des Branchenprimus TSCM gelegt worden. Allein dadurch könnten rund 6000 neue Arbeitsplätze entstehen. Zur Wahrheit gehört auch: Die Entwicklung der Branche wird mit viel öffentlichem Geld gefördert. Daher fordert IG BCE-Vorstandsmitglied Oliver Heinrich: “In der Halbleiterindustrie darf es keine Neuansiedlung ohne Tarifbindung geben.”

Auch im ostdeutschen Gesundheitsbereich haben die Gewerkschaften wegweisende Tariferfolge erzielt, zum Beispiel für Beschäftigte der Eisenberg Waldkliniken in Thüringen. Mit dem sogenannten “Eisenberger Tarif” hat ver.di gemeinsam mit dem Arbeitgeber erstmals im Krankenhausbereich die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich per Tarifvertrag eingeführt. Zudem steigen die Gehälter um neun Prozent. Das Ergebnis gilt nur für Gewerkschaftsmitglieder. Auch die Geschäftsführung ist von der Einigung überzeugt: “Das Beste und Schönste ist, dass ganz viele Menschen sich plötzlich wieder hier bewerben. Das ist in Zeiten von Fachkräftemangel natürlich wunderbar”, sagt der Geschäftsführer David-Ruben Thies. 

Die Mitteldeutsche Wirtschaft wächst

Unternehmen mit großen Belegschaften in Mitteldeutschland

UnternehmenStandorteBeschäftigtenzahl
Volkswagen Sachsen GmbH Zwickau-Chemnitz-Dresden12.600
Klinikum Chemnitz gemeinnützige GmbH Chemnitz6.764
Technische Werke Dresden GmbH Dresden6.667
Universitätsklinikum Leipzig Leipzig5.693
LVV Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbHLeipzig4.970
Jenoptik AG Jena4.205
GP Günter Papenburg AG Halle3.819
Carl Zeiss Meditec AG Jena3.531
GLOBALFOUNDRIES Dresden3.450
Stadtwerke Halle GmbH Halle2.945

Quelle: LBBW Research 2023

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