Gründe für Energiepreisbremsen
3 wesentliche Gründe dafür sind:
- Dauerhafte wirtschaftliche Schäden vermeiden,
- Arbeitsplätze und Wohlstand sichern,
- Klimaneutrale Transformation möglich machen.
Wie das gelingt, zeigt jetzt eine Studie im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung.
Unsere Forderungen gegen zu hohe Energiepreise
Die Energiepreisbremsen – die auch auf unseren Druck hin verabschiedet wurden – haben vor allem im privaten Bereich Wirkung entfaltet. Um private Haushalte zu entlasten und auch bei Unternehmen für Planungssicherheit zu sorgen, fordern wir jetzt:
- Eine Verlängerung der Strompreisbremsen für Privathaushalte und Industrie
- Eine zielgenaue Anpassung der Strompreisbremsen nach dem Konzept der Hans-Böckler-Studie für (1) private Stromkund*innen, (2) Wirtschaft und Industrie sowie (3) Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge wie beispielsweise Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen.
Die zentralen Vorteile des Konzepts von Studienautor Tom Krebs sind, dass es alle Betroffenen entlastet, nicht zu neuen Dauersubventionen führt und klare Kriterien dafür schafft, wer wie stark entlastet wird. Durch diese modifizierte Strompreisbremse kann die Politik Unternehmen belohnen, die gute Arbeitsplätze mit Tarifvertrag bieten, und gleichzeitig Anreize schaffen für Investitionen in mehr Klimaschutz. Für die Finanzierung stünden ausreichend Mittel im Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) bereit.
Neue Umfrage: Klare Mehrheit der Deutschen für Weiterführung der Strompreisbremse
Um die Strompreise für Haushalte, Wirtschaft und Industrie sowie die öffentliche Daseinsvorsorge abzusichern, fordern wir eine Anpassung und Weiterführung der Strompreisbremse – auch nach April 2024. Wenn die Energiekosten den Lohn auffressen, muss nachgesteuert werden. Das ist auch wichtig für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Eine durch den DGB in Auftrag gegebene Befragung zeigt nun: Dafür gibt es eine klare Mehrheit in der Bevölkerung. 70 Prozent halten eine Anpassung und Fortführung der Strompreisbremse für sinnvoll.
Der DGB fordert, als Teil der Anpassung der Strompreisbremse auch einen abgesicherten Industriestrompreis einzuführen. Auch für die vorübergehende Einführung eines verbilligten Strompreises für energieintensive Industrieunternehmen gibt es eine Mehrheit in der Bevölkerung. Die Bundesregierung sollte beim Thema Industriestrompreis weitere Schritte unternehmen, um die energieintensiven Industriezweige zielgenau zu entlasten. Diese Maßnahme ist notwendig, um Arbeitsplätze zu sichern und den Klimaschutz voranzutreiben.
Konzept: So sieht die modifizierte und verlängerte Strompreisbremse aus
Studienautor Tom Krebs stellt 4 zentrale Elemente in den Mittelpunkt seines Konzepts:
Verlängerung der Strompreisbremse, perspektivisch bis 2030 bei zwischenzeitlicher Evaluation.
- Modifikation I: Garantierter Nettopreis von 10 Cent pro Kilowattstunde (kwh, netto bedeutet ohne Netzentgelte, Steuern, Abgaben und Umlagen) für Stromkund*innen mit einem Jahresverbrauch über 30.000 kWh (meist kleine und mittlere Unternehmen) sowie ein garantierter Bruttostrompreis von 35 Cent/kWh für Stromkund*innen mit einem Jahresverbrauch unter 30.000 kWh (meist Privathaushalte und Kleingewerbe).
- Modifikation II: Garantierter Nettopreis von 6 Cent/kWh für energieintensive Unternehmen, wenn diese eine Transformationsverpflichtung eingehen und eine Standort- und Beschäftigungsgarantie abgeben. Eine Sonderregelung im Energie-Einspeisegesetz umfasst aktuell rund 2000 energieintensive Unternehmen in Deutschland, die dafür in Frage kämen. Neben klassischen Grundstoffbranchen wie Baustoffe, Chemie, Glas, Nichteisen-Metallen, Papier und Stahl, die wichtige Vorprodukte für weitere Branchen erzeugen, nennt Krebs die Wasserstoffelektrolyse, Batterieproduktion und Chipherstellung. Denn: Diese energieintensive Produktion sei "zentral für die erfolgreiche Dekarbonisierung der Wirtschaft".
- Modifikation III: Zusätzliche Reduktion des Nettostrompreises um 1 Cent/kWh für Unternehmen mit Tarifbindung. Dieser Zusatzbonus kann nach Krebs Überlegung einen wichtigen Beitrag leisten, die starken Reallohnverluste, die Beschäftigte durch den Inflationsschub 2022/2023 erlitten haben, längerfristig wieder auszugleichen. Er steht im Einklang mit dem Ansatz der EU-Kommission, die Tarifbindung zu stärken. Ähnliche Regelungen finden sich im Inflation Reduction Act der US-Regierung.
Komplette Studie bei der Hans-Böckler-Studie herunterladen
Hohe Energiekosten entwerten Löhne
Die hohen Energiepreise haben in Deutschland die Inflation angeheizt. In Folge ist laut Studie der Hans-Böckler-Stiftung ein Reallohnverlust zu beobachten: Steigen die Preise, sind die Löhne von Beschäftigten weniger wert. Gerade Haushalte mit kleinem oder normalem Einkommen stellen Alltagsausgaben und Energiekosten vor ernsthafte Probleme.
Wir wollen deshalb, dass die Strompreisbremse für private Haushalte fortgesetzt werden, damit niemand von der Stromrechnung überfordert wird. Das stärkt auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Mit Strompreisbremse Wirtschaft und Arbeit sichern sowie Investitionen in Klimaschutz fördern
Die hohen Preise sind ebenfalls eine Gefahr für die wirtschaftliche Substanz Deutschlands, warnt die Studie. So ist das Bruttoinlandsprodukt während der Energiekrise deutlich stärker geschrumpft als in zurückliegenden Krisen wie etwa der Coronakrise 2020 oder der Finanzkrise 2008.
Kurzfristige Verluste bei Wirtschaftsleistung und Reallöhnen in den letzten 3 Wirtschaftskrisen | ||
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Quelle: Hans-Böckler-Stiftung, 09/2023 | ||
Verlust beim Bruttoinlandsprodukt | Reallohnverlust | |
Energiekrise 2022 | 4,1% | 3,4% |
Coronakrise 2020 | 2,5% | 0,8% |
Finanzkrise 2008 | 5,8% | 0,4% |
Anmerkung: BIP- und Lohnverluste sind die Differenz zwischen den Vor-Krisen-Prognosen und den tatsächlichen Werten des vierteljährlichen BIPs bzw. der vierteljährlichen Reallöhne ein Jahr nach Beginn der Krise. Energiekrise Q2-2022 bis Q1-2023, Coronakrise Q1-2020 bis Q4-2020 und Finanzkrise Q4-2008 bis Q3-2009. Die Prognosen sind die Konsensprognosen der 5 Wirtschaftsforschungsinstitute DIW, ifo, IfW, IWH und RWI (Gemeinschaftsdiagnose). |
Gerade die Produktion in den energieintensiven Industriezweigen ist in den letzten Monaten infolge der hohen Energiepreise eingebrochen. Doch auf den Produkten der energieintensiven Industrien bauen sehr komplexe Produktions- und Wertschöpfungsketten auf. Kommt die energieintensive Industrie ins Stottern, dann gerät die ganze Wirtschaft in Unruhe.
Und: Gerade diese Industrien stehen genau jetzt vor einem riesigen Umbau ihrer Prozesse und Geschäftsmodelle. Um die Klimaziele zu erreichen, muss die deutsche Wirtschaft radikal umgebaut werden. Es braucht daher einen staatlich abgesicherten Industriestrompreis.
In den energieintensiven Industrien – und in den nachgelagerten Industrieketten – gibt es Hunderttausende gut bezahlter, tarifgebundener Arbeitsplätze. Um Gute Arbeit abzusichern, sollten mit einem Industriestrompreis nur tarifgebundene Betriebe gestützt werden. Wird die Strompreisbremse am aktuellen Stromverbrauch orientiert und nicht am vergangenen Stromverbrauch, kann das zusätzliche Anreize für Unternehmen bieten, in strombasierte und somit klimafreundliche Anlagen zu investieren, zeigt die Studie auf.
Mit Strompreisbremse und Hilfsfonds Gesundheitsversorgung sicherstellen
Die hohen Energiepreise ziehen auch unsere öffentliche Daseinsvorsorge in Mitleidenschaft: Beispielsweise im Gesundheits- und Pflegebereich ächzen Einrichtungen unter den hohen Energiekosten. Im öffentlichen Verkehr sehen wir Vergleichbares. Die hohen Energiepreise belasten die – ohnehin schon knappen – Budgets.
Unser Ziel ist es, die Daseinsvorsorge zu stärken: Die Strompreisbremsen sollten deshalb verlängert werden sowie der Hilfsfonds für Krankenhäuser und stationäre Pflegeeinrichtungen gleichzeitig aufgestockt werden.
Wirtschaftsstabilisierungsfonds kann Strompreisbremse finanzieren
Um das Konzept der modifizierten Strompreisbremse umzusetzen, werden laut Studie insgesamt zwischen 20 und 60 Milliarden Euro für den Zeitraum bis 2030 benötigt – je nach Entwicklung des Marktpreises für Strom. Zur Finanzierung könnten Mittel des Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) mit einem aktuellen Volumen von 140 Milliarden Euro genutzt werden.
Dass dieser Mitteleinsatz wirtschaftlich klug ist, legt die Kalkulation von Studienautor Krebs nah: Würden keine Maßnahmen gegen die Strompreis-Explosionen unternommen, beliefen sich die Gesamtkosten der Energiekrise für die deutsche Wirtschaft allein bis Ende 2024 auf rund 390 Milliarden Euro. Mit der Verlängerung und Modifikation der Strompreisbremse kann ein wichtiger Beitrag zur weiteren wirtschaftlichen Stabilisierung geleistet werden.
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