Mit der interkulturellen Öffnung verfolgen öffentliche Arbeitgeber gleich mehrere Ziele. Unter anderem geht es darum, die Vielfalt der Gesellschaft Deutschlands auch in der Beschäftigtenstruktur des öffentlichen Dienstes wieder zu finden bzw. durch gezielte Maßnahmen den Anteil von Beschäftigten mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst zu erhöhen. Daran knüpft sich das Interesse an, die vielfältigen Talente und Potenziale des (perspektivisch) gewonnenen Personals weiterzuentwickeln und dieses langfristig an den öffentlichen Dienst zu binden. In diesem Zusammenhang spielen das Vielfaltsmanagement, das auch eine diversitätsbewusste Organisationskultur schaffen soll, sowie Diversitätskompetenzen von Personal und Führungskräften bedeutende Rollen.
Valide Zahlen zeigen Unterrepräsentation
Im Jahr 2019 wurde erstmals eine behördenübergreifende Befragung in der Bundesverwaltung – also in Behörden und Einrichtungen des Bundes, die mit dem Vollzug von Bundesangelegenheiten betraut sind – durchgeführt. Den Ergebnissen dieser Befragung, der Diversität und Chancengleichheit Survey (DuCS 2019) nach, hatten insgesamt 12 Prozent der Mitarbeiter:innen in der Bundesverwaltung einen Migrationshintergrund. Demnach sind sie, gemessen am Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund (27 Prozent), in der Bundesverwaltung eindeutig unterrepräsentiert. Die Bundesverwaltung spiegelt also die Vielfalt unserer Gesellschaft nicht oder nur bedingt wider. Weitere Ergebnisse der Umfrage zeigen auch, dass Beschäftigte mit Migrationshintergrund in der Bundesverwaltung mit 19,6 Prozent überproportional häufig befristet tätig sind. Gemessen am Durchschnitt ihrer Vertretung in der Bundesverwaltung sind sie zudem überrepräsentiert im einfachen, mittleren und höheren Dienst, im gehobenen Dienst unterrepräsentiert.
Ein weiteres Ergebnis der Befragung offenbart, dass Beschäftigte ohne Migrationshintergrund häufiger verbeamtet (68 Prozent) sind als Beschäftigte mit Migrationshintergrund (57 Prozent). Daneben bestehen Ungleichheiten bei Beförderungen. So werden Personen ohne Migrationshintergrund deutlich häufiger befördert (73 Prozent) als Beschäftigte mit Migrationshintergrund (58 Prozent).
Diversitätskompetenzen müssen gestärkt werden
In der Bundesverwaltung sind Menschen mit Migrationshintergrund nicht nur unterrepräsentiert. Sie sehen sich zudem häufiger mit interaktioneller Diskriminierung konfrontiert als Menschen ohne Migrationshintergrund. Hier muss das Vielfaltsmanagement ansetzen. Es trägt dazu bei, Diskriminierungsrisiken zu erkennen und hilft Chancengleichheit in der Personalpolitik umzusetzen. Um ein gutes Vielfaltsmanagement etablieren zu können, benötigt es bei den öffentlichen Arbeitgebern – beim Personal und bei den Führungskräften – eine Stärkung des Diversitätsverständnisses und damit einhergehend der Diversitätskompetenzen. Letzteres beschreibt die Fähigkeit, wertschätzend, anerkennend und vorurteilsfrei mit gesellschaftlicher Vielfalt umzugehen und diese zu gestalten.
Gutes Vielfaltsmanagement wird wichtiger
Dass die interkulturelle Öffnung des öffentlichen Dienstes und damit ein gutes Vielfaltsmanagement für öffentliche Arbeitgeber von zunehmender Bedeutung ist, erklärt sich grundlegend zunächst einmal damit, dass hierzulande gut jede vierte Person einen Migrationshintergrund hat. Diese Menschen, ihre Perspektiven in staatliche Institutionen und in staatliches Handeln mehr einzubeziehen, stärkt nicht nur den gesellschaftlichen Zusammenhalt, sondern erhöht insgesamt die Akzeptanz staatlicher Entscheidungen und Handlungen. Angesichts der gesellschaftlichen Vielfalt und der europäischen sowie globalen Vernetzung tragen Beschäftigte mit Migrationshintergrund mit ihren interkulturellen Kenntnissen und Fähigkeiten auch zum Erfolg Deutschlands, subsumiert bei der notwendigen Internationalisierung öffentlicher Arbeitgeber bei.
Ein Blick auf die Arbeitszufriedenheit und Verbundenheit von Beschäftigten mit ihrer Behörde macht deutlich, dass ein aktiver Umgang des Arbeitgebers mit der kulturellen Diversität der Beschäftigten in Form verschiedener Maßnahmen des Vielfaltsmanagements in einem engen Zusammenhang zum Wohlbefinden aller Beschäftigter dieser Behörde steht. Ein Ergebnis der DuCS 2019. Bestätigen kann dies Ali-Cina Fahimi, der seit März 2019 im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) beschäftigt und dort aktuell Personalratsvorsitzender ist. Ein gutes Diversitätsklima kann laut Fahimi zu einer deutlich höheren Arbeitszufriedenheit führen und die Leistungsfähigkeit der Behörde steigern. In dem Bundesministerium gibt es seit Januar 2019 mit einer Unterabteilungsleiterin in der Abteilung Z eine Diversitätsbeauftragte, die Ansprechpartnerin für die Umsetzung von Maßnahmen für mehr Diversität ist, die aber auch selbst Maßnahmen anstoßen kann, um die diversitätsorientierte Personalpolitik des Bundesministeriums fortzusetzen und weiterzuentwickeln.
Dass ein gutes Vielfaltsmanagement eine positive Wirkung auf die Leistungsfähigkeit einer Behörde hat, bestätigt auch Janika Oberg: „Mir liegt das Thema ‚mehr Diversität in der Verwaltung‘ sehr am Herzen, denn ich bin fest davon überzeugt, dass eine vielfältige Belegschaft uns bereichert und die Arbeitsergebnisse verbessert.“ Oberg arbeitet seit 2018 im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS). Sie hat dort zusammen mit anderen Kolleg:innen ein Diversity-Netzwerk ins Leben gerufen. Alle Aktionen des Netzwerks stehen und fallen allerdings mit dem ehrenamtlichen Engagement. Es braucht also freie Zeitkapazitäten der Mitarbeiter:innen neben dem Alltagsgeschäft, erklärt sie. Um das Thema voranzubringen, braucht es eine Verankerung des Themas in Person einer hauptamtlichen Vielfaltsmanagerin / eines hauptamtlichen Vielfaltsmanagers, die / der keine weiteren Aufgaben betreut, so Oberg. Andernfalls fiele das Thema häufig unter den Tisch, da schlicht die Zeit dafür fehle.