OECD & IWF gegen die Schuldenbremse

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Dachzeile klartext Nr. 16/2024

Die Diskussion um den Bundeshaushalt geht in die nächste Runde. Mehrere Bundesministerien wollen die strikten Kürzungsvorgaben von Finanzminister Lindner nicht einhalten. Zu Recht! Denn wir stehen vor einer Richtungsentscheidung: Spart sich Deutschland weiter in die Krise, lässt seine Infrastruktur verrotten und verliert international den Anschluss oder investieren wir in moderne Infrastruktur, eine erfolgreiche Wirtschaft und soziale Gerechtigkeit?

Für den DGB ist klar: Einen Sparkurs können wir uns nicht leisten. Er ist unnötig und kontraproduktiv, würde die Konjunktur kurzfristig zusätzlich bremsen und mittelfristig die Zukunftsfähigkeit von Wirtschaft und Gesellschaft gefährden. Die effektivste und transparenteste Lösung, um notwendige zusätzliche Staatsausgaben zu finanzieren, wäre eine Reform der Schuldenbremse.

Mit dieser Meinung sind die Gewerkschaften nicht allein. Immer mehr Ökonom*innen und Politiker*innen unterschiedlichster Parteien erkennen die Gefahr und plädieren für mehr finanzpolitischen Spielraum. Vergangene Woche hat auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in den Chor der Schuldenbremsen-Kritik eingestimmt.

In ihrem neuen Economic Outlook reduziert die OECD ihre Prognose für Deutschland erneut und sagt ein reales Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von nur noch 0,2 Prozent voraus. Die OECD zeigt auf, wie die aktuelle Finanzpolitik der Bundesregierung die Wirtschaft bremst und Unsicherheit befördert. Sie fordert zusätzliche Investitionen in den ökologischen Umbau, Digitale Infrastruktur und eine “schnelle Modernisierung des öffentlichen Sektors.”

Die OECD plädiert dafür, die Steuerlast “weg vom Faktor Arbeit und hin zu Kapitaleinkommen und Vermögen” zu verschieben. Beispielsweise sollten die “generösen Ausnahmen” bei der Erbschaftsteuer für Unternehmenserben reduziert werden. Insbesondere betont die Organisation, es brauche flexiblere Schuldenregeln in Deutschland.

Vor wenigen Wochen hatte der Internationale Währungsfonds (IWF) bereits ins selbe Horn gestoßen. In einem Artikel beklagten IWF-Ökonomen den Investitionsstau in Deutschland. Sie betonten, dass die Schuldenbremse gelockert und Kredite in Höhe von einem Prozent der Wirtschaftsleistung zusätzlich aufgenommen werden könnten und die Schuldenquote (der Anteil der Staatsschulden am BIP) trotzdem sinken würde.

Der IWF-Chefvolkswirt Pierre-Olivier Gourinchas rief Deutschland im Handelsblatt-Interview zu einer Lockerung der Schuldenbremse auf, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. “Deutschland zahlt den Preis für seine sehr harte Schuldenbremse”, sagte Gourinchas. Ängste vor einer Überschuldung wies er zurück: “Der deutsche Schuldenstand ist völlig unter Kontrolle.”

Mit OECD und IWF stellen sich zwei der weltweit bedeutendsten ökonomischen Institutionen gegen die deutsche Schuldenbremse in ihrer jetzigen Form. Institutionen, die durch und durch wirtschaftsliberal sind und regelmäßig Sparsamkeit predigen, drängen Deutschland also zu mehr kreditfinanzierten öffentlichen Investitionen.

Hierzulande fordern ebenfalls immer mehr Ökonom*innen und mittlerweile einige CDU-Ministerpräsidenten mehr finanzpolitische Flexibilität. Finanzminister Lindner muss den Kürzungskurs endlich aufgeben und darf eine Schuldenbremsen-Reform nicht länger blockieren.

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