Was ist die ILO und welche Rolle spielen Gewerkschaften?
Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO; International Labour Organization) ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit sozialer Gerechtigkeit sowie Menschen- und Arbeitnehmerrechten und setzt internationale soziale Standards.
Die ILO arbeitet tripartistisch. Das heißt, Gewerkschaften verhandeln gemeinsam mit Arbeitgebern und Regierungen – auf Augenhöhe. Auch der DGB ist fester Teil der jährlichen Vollkonferenz der ILO, bei denen zu inhaltlichen Schwerpunkten gemeinsame Handlungsempfehlungen verabschiedet werden. Dazu gibt es jährlich verschiedene Ausschüsse, an deren Ende in der Regel gemeinsame Vereinbarungen stehen. In diesem Jahr stand unter anderem „Just Transition“ auf dem Programm.
Warum wurde Just Transition verhandelt und warum ist das wichtig?
Die Veränderungen von Wirtschaft, Gesellschaft und Beschäftigten auf Grund des notwendigen klimaneutralen Umbaus treiben nicht nur die Debatte in Deutschland und Europa, sondern sind rund um den Globus ein zentrales Handlungsfeld für Politik.
Die ILO hat deshalb schon 2014 Richtlinien mit klaren Handlungsempfehlungen „für einen gerechten Übergang zu ökologisch nachhaltigen Volkswirtschaften und Gesellschaften für alle“ formuliert.
Diese Richtlinien beschreiben die gewerkschaftlichen Kernanforderungen in Sinne einer „Just Transition“ – einer gerechten Gestaltung der Transformation – ziemlich präzise.
Allerdings gibt es keine Verschränkung mit den Verhandlungen im Rahmen der Klimarahmenkonvention – zu denen die Klimakonferenzen gehören und die ebenfalls unter dem Dach der Vereinten Nationen stattfinden. Das ist in doppelter Sicht bemerkenswert. Zum einen findet seit Jahren ein Kampf um die Deutungshoheit von Just Transition statt. Zwar haben Gewerkschaften den Begriff bei den Klimakonferenzen geprägt und 2015 dafür gesorgt, dass ein gerechter Strukturwandel im Sinne der Beschäftigte im Pariser Klimaabkommen verankert wurde. Doch gibt es zunehmend Interessengruppen, die den Schlagbegriff für ihre Zwecke nutzen. Das sind u.a. kapitalgetriebene Akteure, die damit Geschäftsmodelle vermarkten wollen, Staaten, die so ihre CO2-intensiven Strategien rechtfertigen oder ganz andere Gruppen mit eigenen Agenden. Eins haben die Akteure allerdings gemein – sie sind weit weg von Beschäftigung, von Guter Arbeit und von sozialer Ausgestaltung.
Vor diesem Hintergrund ist eine klare Definition von Just Transition mit einem klaren Handlungsauftrag für Staaten aber auch für die Institutionen der Vereinten Nationen wichtiger denn je. Daher ist es ein großes Problem, dass die ILO bisher wenig Schnittmengen mit den Klimakonferenzen hat und die gut formulierten Richtlinien von 2014 kaum Beachtung finden.
Was ist das Ergebnis des Ausschusses zu Just Transition?
Nach zähen Verhandlungen hat der Ausschuss eine richtungweisende Entschließung verabschiedet. So konnten nach kontroversen Debatten - in erster Linie zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften - wichtige Übereinkünfte getroffen werden, dazu zählen unter anderem:
- Klares Bekenntnis der Beteiligten, dass die Bekämpfung des Klimawandels zentrale Menschheitsaufgabe ist. Die Gestaltung der damit einhergehenden Strukturveränderungen allerdings sozial, gerecht und unter Wahrung von Mensch- und Arbeitnehmerrechten erfolgen muss;
- Feststellung, dass die Kosten eines Nichthandelns um ein Vielfaches höher sein werden, als die dringend erforderlichen Investitionen in widerstandsfähige, inklusive und ökologisch nachhaltige Volkswirtschaften und Gesellschaften. Dabei sollen Investitionen an Kriterien einer Just Transition ausgerichtet werden;
- Übereinkunft darin, dass Regierungen, Arbeitgeber und Arbeitnehmer zentrale Akteure des Wandels sind. Sozialer Dialog und Tarifverträge einen entscheidenden Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten. Zudem braucht es sozialpartnerschaftliche Strategien auf regionaler, sektoraler und betrieblicher Ebene;
- zentrale Verankerung der ILO-Richtlinien für einen gerechten Übergang. Damit haben alle Beteiligten unterstrichen, dass die gewerkschaftlichen Anforderungen an eine „Just Transition“ gestärkt werden müssen;
- Stärkung des ILO-Mandats mit Blick auf die internationalen Prozesse insbesondere im Rahmen der internationale Klimaverhandlungen. Die ILO ist eine wichtige Ressource, um die gewerkschaftlichen Anliegen – auch in Sozialpartnerschaft – in die Breite zu tragen und im internationalen Diskurs zu verankern.
Hier geht’s zum Abschlussdokument.