Mit einer lautstarken Demonstration vor dem Bundeskanzleramt und dem Bahntower machte die Eisenbahn– und Verkehrsgewerkschaft (EVG) am Montag in Berlin klar, wie eine Bahnpolitik im Interesse der Beschäftigten und Bahnfahrer*innen aussehen muss.
Die Forderung von CDU/CSU und FDP, Bahnnetz und -betrieb aufzuspalten, erhielt eine klare Absage von gewerkschaftlicher Seite. Denn, dass mehr Wettbewerb auf der Schiene die Probleme der Bahn lösen würde, ist neoliberaler Irrglaube, wie der Blick in andere Länder zeigt: So privatisierte Großbritannien in den 1990er Jahren den staatlichen Eisenbahnbetrieb. In der Folge explodierten Betriebskosten und Ticketpreise, während Zuverlässigkeit und Qualität erheblich sanken. Die Aufspaltung in zeitweise über 2.000 selbstständige Gesellschaften führte zu mehr Aufwand und höheren Kosten für einen flüssigen Betrieb und die Instandhaltung der Bahn. Angesichts weitgehend starrer Betriebskosten waren Einsparungen bei Personal, Komfort und Service für private Unternehmen oft die einzige Möglichkeit, ihre Profite zu vergrößern. Die britische Regierung hat die Privatisierung mittlerweile für gescheitert erklärt und setzt wieder auf Verstaatlichung und Integration.
Dass in einem Gesamtkonzern Infrastruktur, Personen- und Güterverkehr viel besser aufeinander abgestimmt werden können, zeigen Länder wie die Schweiz und Österreich, deren Bahnen zu den zuverlässigsten der Welt zählen. Die Betriebskosten in der Schweiz sind mit 19 Cent pro gefahrenem Kilometer und Fahrgast aktuell nur halb so hoch wie in Großbritannien mit seinem zersplitterten Bahnsystem und die Fernzüge mit 90,1 Prozent Pünktlichkeit (2023) Spitzenreiter in Europa.
Bezahlbare, öffentliche Mobilität ist entscheidend für die Teilhabe aller am öffentlichen Leben, persönliche Freiheit sowie den Schutz von Klima und Umwelt. Der Erhalt und Ausbau eines leistungsstarken, öffentlichen Schienenverkehrs für Güter und Fachkräfte ist zudem zentrale Voraussetzung für den Industriestandort und das Gelingen des sozial-ökologischen Umbaus der Wirtschaft. Deswegen braucht es eine staatliche Bahn, die sich statt an Profiten am Gemeinwohl orientiert.
Nur SPD, Linke und BSW bekennen sich in ihren Wahlprogrammen klar zu einem integrierten Gesamtkonzern in Staatshand. Auch wollen sich die drei Parteien, ebenso wie die Grünen, für den Ausbau des Schienengüterverkehrs einsetzen.
Anstatt von Zerschlagung und Privatisierung zu sprechen, muss der Fokus auf Ausbau, Sanierung und Modernisierung des Bahnverkehrs liegen. Um der Bahn hier langfristige Planungssicherheit zu geben, müssen staatliche Zuschüsse auf hohem Niveau gehalten, langfristig bewilligt und sich der Bund als Eigentümer klar für mehr Investitionen einsetzen. Denn im europäischen Vergleich rangiert Deutschland hier eindeutig im unteren Mittelfeld, was klar der Hauptgrund des schlechten Zustandes der Bahn ist. Eine "Verschlankung" der Bahn, wie von CDU/CSU und FDP gefordert, ist der falsche Weg.
Mobilität ist Teil der öffentlichen Daseinsvorsoge und muss für alle nutzbar und bezahlbar sein. Das Deutschland-Ticket spielt dabei eine wichtige Rolle und muss erhalten sowie für zahlungsschwächere Gruppen vergünstigt werden. Hierzu bekennen sich SPD, Grüne, Linke und BSW.
Die Bundestagswahl am 23. Februar 2025 ist also für jede und jeden auch eine Gelegenheit, für eine leistungsstarke Bahn und bezahlbare Mobilität für alle abzustimmen. Man sollte sie nutzen!