Weltweit steigt die Zahl einsatzbereiter Atomwaffen. Immer mehr militärische Konflikte und Krisen sowie innerstaatliche Auseinandersetzungen prägen das internationale Geschehen. Der Angriffskrieg Russlands in der Ukraine geht mit unverminderter Grausamkeit weiter. Der brutale Terrorangriff der Hamas auf Israel hat im Nahen Osten einen Krieg ausgelöst, in dessen Folge zehntausende Opfer und schreckliches Leid für die Zivilbevölkerung zu beklagen sind, insbesondere auch im Gaza-Streifen. In Afrika haben Militärputsche und dschihadistische Gewalt zu neuen blutigen Kämpfen mit vielen Toten geführt. In der Folge wächst auch die Zahl an Geflüchteten und Binnengeflüchteten unablässig.
In mehr und mehr Ländern fällt die Politik in alte Denkmuster zurück und antwortet mit bewaffneten Interventionen und militärischer Unterstützung auf diese Gewaltspirale, ohne sie durchbrechen zu können. Verschärft wird die Lage dadurch, dass die Vereinten Nationen nahezu handlungsunfähig sind. Die Welt gerät aus den Fugen. Und es ist aktuell keine Instanz in Sicht, die die Autorität und Fähigkeit besitzt, den Grundstein für eine neue internationale Friedensordnung zu legen.
Es ist höchste Zeit, die Eskalation militärischer Gewalt zu beenden. Dafür braucht es eine Koalition von Staaten, die es zur Prämisse ihrer Außen- und Sicherheitspolitik machen, Konfliktursachen frühzeitiger zu erkennen und an der Wurzel zu bearbeiten. Zu lange schon verrennt sich das sicherheitspolitische Denken und Handeln in Diskussionen über “Kriegstüchtigkeit” und immer neue Waffenlieferungen.
Wir Gewerkschaften erinnern anlässlich des diesjährigen 75. Geburtstags des Grundgesetzes daran, dass Frieden nicht mit immer mehr Waffen erreicht werden kann. Das ändert nichts daran, dass wir solidarisch an der Seite der Ukraine und Israels stehen, wenn es um die Wahrnehmung ihres Rechts auf Selbstverteidigung geht. Wie überall, müssen auch dort alle Kriegsparteien zwingend die Grenzen des humanitären Völkerrechts einhalten. Der Schutz und die Versorgung der Zivilbevölkerung mit Nahrung und medizinischer Hilfe müssen gewährleistet sein. Dazu ist insbesondere die israelische Regierung völkerrechtlich aufgerufen!
Mit dem Friedensgebot in unserer Verfassung hat sich die Bundesrepublik dazu verpflichtet, als gleichberechtigtes Mitglied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen. Wir fordern die Bundesregierung auf, dieses Gebot mit neuem Leben zu füllen. Das heißt vor allem, ihr Handeln an diplomatischen Ansätzen zur Krisenprävention und Konfliktlösung auszurichten. Indem sie an einer Zwei-Staaten-Lösung in Nahost festhält und gemeinsam mit ihren Partnern eine Waffenruhe im Gaza-Streifen anstrebt, hat die Bundesregierung wichtige Schritte in diese Richtung unternommen. Auch mit ihrer Beteiligung an der Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine und der internationalen Friedenskonferenz in der Schweiz hat sie richtige diplomatische Weichen gestellt.
Völlig unzureichend bleibt hingegen das Eintreten Deutschlands für Abrüstung, Rüstungs- und Rüstungsexportkontrolle. Hierzu erwarten wir neue Initiativen auf europäischer und internationaler Ebene. Mit 2,4 Billionen Dollar sind die globalen Rüstungsausgaben so hoch wie nie. Der zerstörerischen Logik des Wettrüstens muss endlich Einhalt geboten werden!
Die veränderte geopolitische Lage und Herausforderungen wie Klimawandel, Armut und Hunger erfordern eine umfassend verstandene Außen- und Sicherheitspolitik, die sich der historischen Verantwortung unseres Landes bewusst ist und mit aller Kraft für Frieden, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit, das Selbstbestimmungsrecht der Völker und Minderheitenschutz einsetzt. Umso unverständlicher ist die Ankündigung des Bundesfinanzministers, bei der Entwicklungshilfe und bei Demokratieprojekten zu sparen. Gerade angesichts des weltweiten Erstarkens rechtsextremer Parteien bedarf es eines breiten Verständnisses von Sicherheit, um Demokratien widerstandsfähiger zu machen.
Wir Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter leisten dazu unseren Beitrag. Wir stehen solidarisch zusammen in unserem Einsatz für eine offene und vielfältige Gesellschaft, für unsere demokratischen Werte, für Freiheit und soziale Gerechtigkeit – als zentrale Voraussetzungen für dauerhaften und echten Frieden.
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Erklärung des Deutschen Gewerkschaftsbundes zum Antikriegstag am 1. September 2024