Verwaltungsarbeit ist in hohem Maße textbasiert. Daher liegt die Frage nahe, wie die vielversprechenden Innovationspotenziale, die große generative KI-Sprachmodelle bieten, in die Verwaltungspraxis integriert werden können. Baden-Württemberg – das erste Bundesland mit einer umfassenden KI-Strategie – hat Künstliche Intelligenz (KI) schon frühzeitig zum Top-Thema gemacht – auch in der Verwaltung. Dadurch war es der Landesregierung möglich, bereits vor 2 Jahren die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz für die Verwaltungsarbeit der Zukunft zu erkennen und sich aktiv mit den Innovationspotenzialen großer KI-Sprachmodelle zu beschäftigen.
Der Prototyp und sein Können
Herausgekommen ist der State-of-the-Art Verwaltungs-KI-Prototyp F13. Der Name F13 spielt auf die Tastatur-Tasten F1 bis F12 an und steht für eine zusätzliche Hilfsfunktion bei der Arbeit mit Texten. F13 ist eine innovative KI-Text-Assistenz, die das Innovationslabor der Landesregierung Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit dem Heidelberger Start-up Aleph Alpha entwickelt hat. Das Projekt zielt darauf ab, die prinzipielle Einsetzbarkeit generativer Sprachmodelle in der Landesverwaltung zu untersuchen und Erkenntnisse für eine Skalierung zu erhalten.
Der Prototyp F13 nutzt generative Künstliche Intelligenz als Grundlage und bietet derzeit 4 Funktionen. Mit der F13 "Zusammenfassung" können Texte komprimiert werden. Dies bedeutet beispielsweise, dass ein umfangreiches 100-seitiges Dokument auf 10 Seiten reduziert werden kann. Des Weiteren hilft die F13 "KV-Vermerk"-Funktion, umfangreiche Kabinettsvorlagen in prägnante Vermerke umzuwandeln. Dabei wird der Inhalt der Kabinettsvorlage zusammengefasst und in einen Vermerkentwurf überführt, der zur weiteren Bearbeitung heruntergeladen werden kann. Die F13 "Rechercheassistenz" unterstützt bei der Beantwortung landespolitischer Recherchefragen. Benötigen Mitarbeiter*innen beispielsweise Informationen darüber, welche Maßnahmen die Landesregierung zur Förderung von Künstlicher Intelligenz in Baden-Württemberg ergreift, kann die KI diese Frage anhand hochgeladener Dokumente oder einer Wissensdatenbank beantworten. Und schließlich ermöglicht die F13 "Fließtextgenerierung", mehrere Dokumente und Texte – wie Notizen, Vermerke und Studien – zu einem einzigen Text zusammenzuführen.
Abgesehen von diesen offensichtlichen Funktionen gibt es eine 5. nicht sichtbare Funktion: die Fortbildung der Verwaltung. Der Prototyp erlaubt den Mitarbeiter*innen, generative KI nicht nur im privaten Bereich, sondern auch in ihrem beruflichen Umfeld zu erkunden. Sie können so die Potenziale dieser Technologie wie auch die damit verbundenen Herausforderungen und Grenzen testen.
Der Zugriff auf den Prototyp erfolgt über einen Webbrowser. Die Benutzeroberfläche ist benutzerfreundlich gestaltet, die Bedienung ist unkompliziert: Die Benutzer*innen wählen eine Funktion aus, laden Dokumente wie Notizen oder Studien hoch oder geben direkt Texte ein, bestimmen die gewünschte Textlänge und können angeben, ob daraus ein Vermerk erstellt werden soll.
Die Verantwortung des Menschen: Qualitätskontrolle
Bei der Auswahl und Bewertung der Textvorschläge von F13 gilt der Grundsatz: Letztendlich liegt die Verantwortung beim Menschen. Warum? Weil KI immer noch Fehler produzieren kann, darunter sogenannte "Halluzinationen", Mischungen aus Fakten und Fiktion. Deswegen bietet F13 immer die Möglichkeit, die Textergebnisse mit den hochgeladenen Dokumenten oder den Datenbankquellen zu vergleichen. Diese Nachvollziehbarkeit ermöglicht den Nutzer*innen, Fehler zu identifizieren und nur geprüfte Textbausteine weiter zu verwenden. Zusätzlich ist es von entscheidender Bedeutung, die Nutzer*innen aktiv im Umgang mit KI zu schulen. Dadurch erlangen sie die notwendige Kompetenz, F13 effektiv zu nutzen, aber auch die damit verbundenen Risiken und Einschränkungen zu verstehen und in ihrem Verantwortungsbereich zu kontrollieren. Um das Vertrauen der Nutzer*innen zu gewinnen, war es zudem wichtig, keine Texte und Anfragen an F13 für eine Optimierung der KI-Modelle zu verwenden. Dadurch wird verhindert, dass interne Informationen in die KI-Modelle übertragen werden und damit möglicherweise Dritten zur Verfügung stehen.
Die Funktionen von F13 wurden in enger Zusammenarbeit mit einem Kern-Testerkreis verschiedener Landesministerien entwickelt. Das hat wesentlich zur Akzeptanz der Anwendung beigetragen. Zudem können in der aktuell laufenden Erprobung alle Mitarbeitenden der Landesverwaltung den Prototyp ausprobieren und Feedback zu den Ergebnissen geben. Das Interesse der Verwaltungsmitarbeiter an den F13 Schulungen ist darüber hinaus überwältigend. Allein bei den 1. Schulungen haben sich bis zu 400 Teilnehmer*innen aus der gesamten Landesverwaltung F13 erklären lassen. Auch die Zugriffszahlen auf F13 sind sehr ermutigend. Über 10.000 Zusammenfassungen und 4.000 Recherchefragen wurden bereits generiert.
Experimentierfeld soll zukünftige Einsatzmöglichkeiten aufzeigen
Die Resonanz der Verwaltung auf die Entwicklung und Testung von F13 ist überwiegend positiv. Bereits im Prototyp-Stadium erweist sich die Text-Assistenz als nutzbringend. Künstliche Intelligenz kann Beamt*innen und Angestellten Freiräume für ihre Hauptaufgaben schaffen. Insbesondere bei sich wiederholenden Tätigkeiten und der Analyse großer Textmengen erweisen sich die Funktionen von F13 als hilfreich.
Allerdings steht dies nicht im Zentrum des aktuellen Fokus. Der eigentliche Wert von F13 liegt in seiner Funktion als Experimentierfeld. Gemeinsam mit den Nutzer*innen wird erforscht, was die neueste KI-Technologie im alltäglichen Arbeitsumfeld leisten kann. Im Rahmen dieses umfangreichen Experiments werden zahlreiche Anwendungsfälle identifiziert, bei denen KI die tatsächlichen Probleme der Verwaltungsmitarbeitenden lösen kann. Diese Anwendungsfälle bieten Einblicke in das enorme Innovationspotenzial großer KI-Sprachmodelle in der Landesverwaltung.
Was deutlich wird, ist die Rolle, die Künstliche Intelligenz bei der Bewältigung des wachsenden Daten- und Informationsflusses sowie des Fachkräftemangels in der Landesverwaltung spielt. KI-Assistenzen wie F13 werden ein entscheidendes Instrument bei der Digitalisierung der Verwaltung sein. Dies wird besonders relevant, wenn die Leistungsfähigkeit großer KI-Sprachmodelle weiterhin so rasant voranschreitet. Jedoch brauchen KI-Anwendungen auch eine moderne Datenbasis mit Programmierschnittstellen und können die Neugestaltung von digitalen und kundenorientierten Verwaltungsprozessen nicht ersetzen.
Projekte wie F13 stellen einen wegweisenden Schritt in Richtung einer modernen und effizienten Verwaltung dar, die sich den Herausforderungen der digitalen Zukunft stellt. Sie sind erst der Anfang und signalisieren: Es lohnt, sich jetzt mit KI-Technologien zu befassen.