"Diversitätsstrategie: Auf die Umsetzung kommt es an"

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Was macht den Bund als Arbeitgeber attraktiv und woran hapert es mit Blick auf die Diversität aus Ihrer Sicht?

Es gibt viele Aspekte, die den Bund sowohl für junge als auch ältere Menschen attraktiv machen. Für viele ist die Perspektive auf einen sicheren Arbeitsplatz interessant, andere mag das vielfältige Aufgabengebiet reizen, das die vielen Ministerien und Behörden abdecken. Wieder andere sind interessiert daran, mitzugestalten, wie wir in Deutschland leben wollen.

Gleichwohl hat der Bund an manchen Stellen vielleicht noch ein Image-Problem. Es scheint ein Bild des öffentlichen Dienstes zu geben, mit dem sich viele Menschen überhaupt nicht identifizieren können. Hier müssen wir ansetzen und herausfinden, woran das liegt. Ist der Bund vor allem für Menschen mit Migrationsgeschichte uninteressant oder warum bewerben sich gerade in einigen Ministerien so wenige? Wie sieht es mit Menschen aus finanzschwächeren Milieus aus, z. B. Menschen, die nicht aus Akademikerfamilien stammen? Wie attraktiv ist der Bund für Frauen, für Menschen der LGBTQIA+ Community? Ist der Bund ein attraktiver Arbeitgeber für Menschen mit Behinderung? Diese Fragen muss der öffentliche Dienst zu beantworten lernen.

Unsere Jobangebote müssen zunehmend vereinbar sein mit der persönlichen Situation und den Zukunftsplänen der Beschäftigten. Als Alleinerziehende will jemand Karriere machen können. Auch mit Behinderung. Das Spektrum der Diversität ist breit und in vielen Menschen überlappen sich die Diversitätsdimensionen. Genauso vielfältig sind die Gründe, warum sich Menschen gegen eine Tätigkeit beim Bund entscheiden. Unter deutschen Politiker*innen gibt es viele mit Migrationsgeschichte, das ist ganz normal. Warum dann noch nicht unter den Abteilungsleitungen unserer Bundesministerien?

Die Bundesregierung hat die Arbeit an einer ganzheitlichen Diversity-Strategie aufgenommen. Für wie zielführend halten Sie das Projekt?

Wir begrüßen das sehr – uns war es bereits wichtig, dass dieses Ziel im Koalitionsvertrag verankert wurde. Wie so oft wird es aber auch bei diesem bedeutenden Projekt nicht nur auf die Diversitätsstrategie, sondern auch ihre Umsetzung ankommen. Wir haben hohe Erwartungen, vertrauen aber auf das BMI, das Büro der Staatsministerin für Integration und die Arbeitsgruppen der Ressorts.

Eine Diversitätsstrategie für die Bundesverwaltung wird zielführend sein, wenn darin Aufgaben konkret, klar und greifbar definiert sind. Das setzt auch eine Messbarkeit voraus: Wie divers sind wir aktuell, beispielsweise bezüglich der im Antidiskriminierungsgesetz oder im Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes verankerten Merkmale? Und wie divers wollen wir sein? So wird die Wirksamkeit der Maßnahmen einer Diversitätsstrategie nachvollziehbar und prüfbar. Aus solchen Erfahrungen, selbst Misserfolgen kann man lernen.

Die Umsetzung einer Diversitätsstrategie setzt zunächst die Schaffung eines Bewusstseins für das Thema voraus. Die Abbildung gesellschaftlicher Vielfalt stärkt die Legitimation der Verwaltung. Sie ist für alle Menschen in Deutschland da und verwirklicht diesen Anspruch auch im Inneren. Wer dafür sensibilisiert ist, stellt ausreichende Ressourcen, auch personelle, zur Verfügung, damit Worte zu Taten werden können. Die Gefahr, dass eine Strategie lediglich politisch als Feigenblatt dient, wird so gebannt.

Wer soll Ihrer Meinung nach die Maßnahmen zur Vielfaltsförderung, sofern sie denn beschlossen werden, in den einzelnen Ressorts umsetzen?

Es wird nicht ohne die Koordinierungsstellen in den jeweiligen Ressorts gehen. Das belegt auch die Erfahrung in Geschäftsbereichen, die bereits aktiv in Diversität investieren, darunter BMVg und AA. Wie immer bei Veränderungsmanagement und Verwaltungsmodernisierung wird es nicht ohne die Personal- und Haushaltsreferate gehen. Kürzlich war in einem Ressort im Kontext der geplanten Diversitätsstrategie von „interkultureller Öffnung der Verwaltung“ die Rede. Genau darum geht es bei der Diversitätsstrategie nicht – wer glaubt, Deutsche der dritten Generation mit türkeistämmigen Nachnamen bedürften interkultureller Zuwendung, sieht sie also irgendwie als nicht „richtig“ deutsch an. Das kommt auch unter juristisch ausgebildeten Beamt*innen vor. Hier muss sich zunächst mit den Grundlagen des Vielfaltsdiskurses vertraut gemacht werden. Das schaffen sie nicht in einem halbtägigen Seminar. Hauskultur zu verändern, kostet deutlich mehr Einsatz. Die Gleichstellungsbeauftragte wie auch die Beschäftigteninitiativen können die Dienststellen bei diesen Herausforderungen flankieren.

Für eine konsequente, strategische und breit angelegte Umsetzung der Maßnahmen für mehr Diversität muss die gesamte Behörde, inklusive Leitung und der Personalreferate gemeinsam an einem Strang ziehen.

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