CDU/CSU-Steuerpläne: Woher nehmen, wenn nicht stehlen?

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Dachzeile klartext Nr. 38/2024

Am Montag hat der Bundestag den Weg für Neuwahlen freigemacht und bereits am Dienstag hat die größte Oppositionspartei ihr Wahlprogramm beschlossen. Jede Menge Bürokratieabbau, Festhalten an der Schuldenbremse und ganz viele Steuersenkungsversprechen; so lässt sich dessen wirtschafts- und finanzpolitischer Teil zusammenfassen. Zudem schließen CDU und CSU die Wiedererhebung der Vermögensteuer kategorisch aus. Da ist es nur folgerichtig, dass das Wahlprogramm kaum Verbindliches dazu enthält, wie Erhalt und Ausbau öffentlicher Infrastruktur finanziert werden sollen.

Begrüßenswert ist aber, dass das Wahlprogramm der Unionsparteien die geplanten Steuersenkungen konkret beschreibt. Die größten Vorhaben reichen dabei von einer strukturellen Veränderung des Einkommensteuertarifs, einer generellen Senkung des Steuersatzes für Unternehmen und der vollständigen Abschaffung des Solidaritätszuschlags bis hin zur Senkung der Stromsteuer. Hinzu treten Versprechen zur Erleichterung von Abschreibungen, weitere einkommensteuerliche Maßnahmen (Anpassung an die kalte Progression, eine Erhöhung von Freibeträgen und der Entfernungspauschale, steuerfreie Überstundenzuschläge) sowie höhere Freibeträge in der Erbschaftsteuer und beim Erwerb einer selbstgenutzten Immobilie.

"Für die meisten Steuerzahler was dabei", könnte man meinen. Aber wer hätte den größten Nutzen und worauf müssten Bund, Länder und Gemeinden verzichten, wenn CDU und CSU aus der kommenden Bundestagswahl als Sieger hervorgehen sollten? Dieser Frage ist Stefan Bach, Forscher am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), auf den Grund gegangen. Er hat nach der Höhe der Einkommen ermittelt, in wessen Taschen die Steuermilliarden fließen würden, auf die der Staat verzichten soll. Nach seinen Berechnungen summieren sich alle Maßnahmen zu insgesamt rund 99 Milliarden Euro auf. Mehr als die Hälfte davon schlüge sich auf den Konten des einkommensstärksten Zehntels der Bevölkerung nieder. Und dort wiederum würde das oberste eine Prozent, um 28 Milliarden Euro pro Jahr zu Lasten des Steuersäckels reicher werden. Am anderen Ende würde die ärmere Hälfte der Bevölkerung gerade mal eine Steuerentlastung im Umfang von knapp 12 Milliarden Euro erfahren.

Dabei wird deutlich, dass die Abschaffung des Solidaritätszuschlages nur für die oberen 10 Prozent von Bedeutung ist. Sie würden 93 Prozent von 12,5 Milliarden Euro einstreichen. Die Steuererleichterungen für Unternehmen würden zu über 80 Prozent und die Vorteile einer niedrigeren Erbschaftsteuer würden zu zwei Dritteln ganz oben landen. Lediglich bei einem kleinen Teil der Vorhaben, der sich auf insgesamt rund 13 Milliarden Euro beläuft, wären die obersten 10 Prozent entsprechend ihrem Anteil an der Bevölkerung beteiligt. 
Einzig die Änderungen am Einkommensteuertarif könnten sich etwas spürbarer auf die Nettoverdienste aller Lohnsteuerzahler auswirken. Doch auch daran wären die Top-Zehn-Prozent überproportional beteiligt und die öffentlichen Haushalte müssten auf mehr als 30 Milliarden Euro verzichten. Wie es besser geht, zeigen unsere Forderungen für eine Einkommensteuerreform: Danach würden 95 Prozent der Steuerpflichtigen in ähnlicher Größenordnung entlastet, während weniger als die Hälfte zu Lasten öffentlicher Kassen ginge. Denn: Durch das Zurückdrehen der Steuererleichterungen für die obersten fünf Prozent während der letzten 25 Jahre würde endlich eine Umverteilung von oben nach unten in Gang gesetzt.

Bei einem Entlastungsvolumen von rund 99 Milliarden Euro, wie es CDU/CSU planen, muss man allerdings fragen: Woher nehmen, wenn nicht stehlen? Selbst der Haushaltsexperte beim unternehmernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) stellt zum Unions-Programm fest: "Weil von Steuererhöhungen an anderer Stelle nicht die Rede ist, müssten Einsparungen dann das Gebot der Stunde sein" (…) "Die Antwort bleibt offen und nährt Zweifel an einer Umsetzung."

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