10 Jahre Mindestlohn - ein Erfolg mit Luft nach oben

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Dachzeile klartext Nr. 01/2025

Vor zehn Jahren wurde der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland eingeführt – eine Errungenschaft, die die Arbeitswelt verändert hat. Von Gewerkschaften hart erkämpft, brachte der Mindestlohn das Ende von sittenwidrigen Dumpinglöhnen. Er sollte faire Löhne sichern und schlechte Arbeitsbedingungen bekämpfen. Heute zeigt sich: Der Mindestlohn ist eine Erfolgsgeschichte, auch wenn es noch Luft nach oben gibt.

Trotz der Horrorszenarien, die manche Ökonomen an die Wand malten, wurde der Mindestlohn kein Job-Killer. Im Gegenteil: Seit er gilt, ist die Zahl der Arbeitsplätze gestiegen, vor allem die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung hat sich gut entwickelt. Über sechs Millionen Menschen profitieren vom Mindestlohn – vor allem in Niedriglohnbranchen wie Einzelhandel, Gastronomie, Reinigung und Pflege – also Beschäftigte, die den Laden am Laufen halten. In einigen Regionen, besonders in Ostdeutschland, ist der Mindestlohn weit verbreitet. Hier arbeitet teilweise jeder dritte Beschäftigte zum Mindestlohn. Gerade in Branchen, die oft von Frauen dominiert werden, hilft der Mindestlohn, die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern zu verkleinern.

Zum Jahreswechsel 2025 wurde der Mindestlohn auf 12,82 Euro pro Stunde angehoben – ein Plus von gerade einmal mickrigen 41 Cent. Die Mini-Erhöhung haben die Arbeitgeber gemeinsam mit der Vorsitzenden der zuständigen Mindestlohnkommission gegen die Stimmen der Gewerkschaften durchgeboxt. Für Millionen Beschäftigten ist dies ein Schlag ins Gesicht, vor allem angesichts der hohen Inflation der letzten Jahre.

Im Juni 2025 wird die Mindestlohnkommission erneut beraten, um Vorschläge über die Mindestlohnhöhe für die Jahre 2026 und 2027 vorzulegen. Für die Gewerkschaften ist dabei klar: Die EU-Mindestlohnrichtlinie muss endlich konsequent angewendet werden. Diese sieht vor, dass ein angemessener Mindestlohn bei mindestens 60 Prozent des mittleren Einkommens (Median) von Vollzeitbeschäftigten liegt. Für Deutschland würde das aktuell etwa 15 Euro bedeuten. Das ist nicht nur fair, sondern notwendig, um Menschen vor Armut zu schützen, die trotz harter Arbeit kaum über die Runden kommen.

Die Arbeitgebervertreter in der Mindestlohnkommission müssen endlich ihrer Verantwortung nachkommen und dazu beitragen, den Mindestlohn armutsfest zu gestalten. Sollte es nicht gelingen, dieses Ziel innerhalb der Kommission zu erreichen, liegt es wieder in der Verantwortung des Gesetzgebers, einen angemessenen Mindestlohn sicherzustellen. Die Kommission, allen voran die Arbeitgeberseite, hat es somit selbst in der Hand, ob der Mindestlohn wieder Gegenstand von politischen Auseinandersetzungen wird.

Ein existenzsichernder Mindestlohn bleibt das Ziel: Er soll Armut trotz Arbeit verhindern, die Kaufkraft stabil halten und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen. Doch der Mindestlohn kann nur die unterste Grenze sein. Gute Löhne und Arbeitsbedingungen entstehen vor allem durch Tarifverträge. Deshalb fordern die Gewerkschaften von der Politik stärkere Maßnahmen zur Förderung der Tarifbindung.

Zehn Jahre gesetzlicher Mindestlohn sind Anlass für eine Bilanz. Am 29. Januar 2025 lädt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) zu einer Konferenz, bei der Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und andere Akteure Bilanz ziehen und Zukunftsperspektiven diskutieren. Das Programm zur Konferenz und die Möglichkeit zur Anmeldung gibt es für Interessierte hier.

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