einblick November 2024
Einblick30. Oktober 2024
Datei herunterladenMitbestimmung trägt wesentlich zur Durchsetzung von Guter Arbeit bei. Sie sorgt für eine wirksame Vertretung der Interessen der Beschäftigten im Betrieb bzw. der Dienststelle und auf Unternehmensebene. Eine starke Mitbestimmung ist somit Schlüssel für eine demokratischere Gestaltung der Arbeitswelt.
Die Klimakrise und der digitale Wandel bedingen eine grundlegende Transformation unserer Arbeits- und Wirtschaftswelt - Mitbestimmung macht daraus einen gerechten Wandel.
Sie beteiligt Beschäftigte an Entscheidungen, die ihre Arbeitsbedingungen und ihre berufliche Entwicklung beeinflussen.
Dies geschieht im Betrieb durch die Wahl von Betriebsräten, in den Dienststellen des Öffentlichen Dienstes durch Personalräte und schließlich auf Unternehmensebene durch die Arbeitnehmerbeteiligung in den Aufsichtsräten, die jeweils von ihrer Mitgliedsgewerkschaft unterstützt werden können.
In den Betrieben oder Dienststellen verhandeln die Gremien direkt mit der Geschäftsführung über wichtige Angelegenheiten wie Arbeitszeiten, Sicherheit am Arbeitsplatz und sonstige Regelungen, in den Aufsichtsräten über die strategische Ausrichtung des Unternehmens.
Diese Mitbestimmung sorgt durch die Vertretung und Durchsetzung der Beschäftigteninteressen für Verbesserungen der Arbeitsbedingungen und der Arbeitsumgebung und faire Verhältnisse in Betrieb, Dienststelle und Unternehmen. Sie schützt die Rechte der Beschäftigten vor einseitigen Entscheidungen seitens des Arbeitgebers.
In Zeiten großer Umbrüche schafft Mitbestimmung im Zusammenspiel mit Tarifverträgen für die Beschäftigten Stabilität und Sicherheit im Wandel. Sie ist wichtiger denn je, wenn es darum geht, die Transformation hin zu einer nachhaltigeren Art zu arbeiten und zu leben erfolgreich zu gestalten. Es gilt die sich aus der fortschreitenden Globalisierung, Digitalisierung und dem demographischen Wandel ergebenen Herausforderungen zu bewältigen.
Mitbestimmung sorgt dafür, dass niemand auf der Strecke bleibt, dass bessere Entscheidungen getroffen werden, weil alle Beteiligten gehört werden und schließlich, dass jede und jeder einzelne die Erfahrung machen kann, dass die eigene Meinung gehört wird, dass die eigene Stimme etwas verändern kann. Über die Beteiligung der Beschäftigten trägt sie somit maßgeblich zur Demokratie im Betrieb und im Unternehmen bei.
Interessenvertretungen kann es überall da geben, wo es abhängige Arbeit gibt. In der Privatwirtschaft sind es Betriebsräte, im öffentlichen Dienst sind es Personalräte, für Menschen mit Beeinträchtigungen treten die Schwerbehindertenvertretungen ein und die „jugendlichen“ Interessen vertreten schließlich die Jugend- und Auszubildendenvertretungen.
Betriebsräte sind die ersten Ansprechpartner für alle Beschäftigten in einem privatwirtschaftlichen Betrieb. Sie sind mit spezifischen Mitbestimmungsrechten ausgestattet, damit sie die Arbeitsbedingungen im Betrieb im Interesse der Beschäftigten mitgestalten können.
Diese Rechte umfassen sowohl kollektive Arbeitsbedingungen, wie Pausenzeiten oder die Arbeitssicherheit, als auch den Schutz der individuellen Rechte, bspw. bei Abmahnungen oder Kündigungen.
Die Art und Weise, wie wir arbeiten und wirtschaften, befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. Digitalisierung, Globalisierung, Demografie und v.a. die Notwendigkeit, durch den Umbau unserer Wirtschaft die Klimawende zu ermöglichen, sind die stärksten Treiber dieser Transformationsprozesse.
Die Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte müssen diesen Transformationsherausforderungen angepasst und entsprechend erweitert werden, um auch weiterhin die Interessen der Beschäftigten vertreten und Gute Arbeit in den Betrieben mitgestalten zu können.
Die Rechte der Betriebsräte finden sich im geltenden Betriebsverfassungsgesetz und stammen aus dem Jahr 1972. Es ist deshalb höchste Zeit für eine umfassende Reform. Wir als DGB haben dazu einen Gesetzentwurf für eine moderne Betriebsverfassung erarbeitet .
Was für die Privatwirtschaft das Betriebsverfassungsgesetz ist, ist im öffentlichen Dienst eines der insgesamt 17 Personalvertretungs- und Mitbestimmungsgesetze auf Bundes- bzw. Landesebene. Im Fokus steht auch hier die Interessenvertretung der Kolleg*innen. Der Personalrat einer Dienststelle ist dabei für beide Statusgruppen zuständig, also für die Tarifbeschäftigten wie auch für die Beamt*innen.
SBVen vertreten die Interessen von schwerbehinderten und ihnen gleichgestellten Beschäftigten. Sie sind unabhängige Gremien, arbeiten aber eng mit Betriebs- oder Personalräten zusammen.
Die vordringliche Aufgabe von JAVen ist die Vertretung der spezifischen Interessen von Auszubildenden und dual Studierenden. Auch sie arbeiten eng mit den Betriebs- oder Personalräten zusammen.
Die Mitbestimmung im Aufsichtsrat ist gelebte Wirtschaftsdemokratie, bildet ein Gegengewicht zu kurzfristigen Investoreninteressen und unterstützt die Nachhaltigkeit der Unternehmenspolitik. Die Vielzahl an positiven Effekten von Mitbestimmung für Beschäftigte und Betriebe zeigen auch aktuelle Studien.
Die Unternehmensmitbestimmung greift ab 500 bzw. 2.000 Beschäftigten und bedeutet, dass die Beschäftigten ihre Arbeitnehmervertreter*innen für den Aufsichtsrat wählen können. Diese übernehmen ein Drittel (gemäß Drittelbeteiligungsgesetz in Kapitalgesellschaften mit 501-2.000 Beschäftigten) bzw. die Hälfte der Sitze im Aufsichtsrat (gemäß Mitbestimmungsgesetz ab 2.001 Beschäftigten). Allerdings verfügen Aufsichtsratsvorsitzende über ein Doppelstimmrecht. Die Aufgabe der Aufsichtsratsmitglieder besteht unter anderem darin, den Vorstand bzw. die Geschäftsführung eines Unternehmens zu kontrollieren und zu beraten. Die Montanmitbestimmung gilt für Bergbau-, Eisen- und Stahlunternehmen mit mindestens 1.000 Beschäftigten. Hier besteht der Aufsichtsrat zur Hälfte aus Arbeitnehmervertreter*innen, bei Streitfragen entscheidet ein neutrales Mitglied – das Doppelstimmrecht des Vorsitzenden existiert hier nicht.
Aufsichtsräte stehen vor neuen Herausforderungen – insbesondere im Zusammenhang mit steigenden Anforderungen im Bereich der Nachhaltigkeit. Unternehmen müssen z. B. Prozesse der Sorgfaltspflicht in Bezug auf Menschenrechte und Umweltschutz durchführen. Europäische Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichten Unternehmen zur Offenlegung von Nachhaltigkeitsleistungen. Die verstärkte Ausrichtung der Unternehmenspolitik auf Nachhaltigkeit erfordert von Arbeitnehmervertreter*innen in Aufsichtsräten, sich mit der Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens auseinanderzusetzen und einen Fokus auf entsprechende Prüfpflichten zu legen.
Das Konzept des „nachhaltigen Unternehmens“ wurde maßgeblich von Gewerkschaften geprägt. Es verfolgt den Ansatz, dass die unternehmerische Nachhaltigkeitsstrategie auf das Kerngeschäft des Unternehmens ausgerichtet ist und sich auf die wesentlichen Herausforderungen im Bereich der Nachhaltigkeit konzentriert. Eine zentrale Rolle spielt zudem, dass Arbeitnehmervertreter*innen in die Entwicklung und Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie einbezogen werden sollen.
Die Unternehmensmitbestimmung wird jedoch nur dann weiter positiv wirken, wenn ihre drohende Erosion verhindert wird. Dazu ist es notwendig, die zahlreichen Schlupflöcher zur Vermeidung der Mitbestimmung zu schließen, die sich unter anderem durch europäisches Recht ergeben haben.
Geld und Waren können – vor allem im Europäischen Binnenmarkt – Grenzen problemlos überwinden. Es wird höchste Zeit, auch die Mitbestimmung stärker international zu denken, denn in ihrem Kern endet sie noch heute an der Landesgrenze.
Zudem werden viele Regelungen, die unsere Arbeitswelt betreffen, nicht mehr in Berlin, sondern in Straßburg und Brüssel verhandelt. Europäische Richtlinien haben die Besonderheit, dass sie Grundlage für die unterschiedlichsten nationalstaatlichen Regelungen sein müssen. Auch in der Mitbestimmung, speziell im Zusammenspiel von betrieblichen und gewerkschaftlichen Akteurinnen und Akteuren, gibt es große kulturelle Unterschiede in Europa.
Dennoch muss dauerhaft sichergestellt werden, dass Europäische Rechtsakte nicht dazu missbraucht werden können, die deutsche Unternehmensmitbestimmung zu umgehen. Das ist aktuell leider noch nicht der Fall. Vor allem die Unternehmensform der “Europäischen Gesellschaft” (SE) wird noch viel zu oft zu diesem Zweck benutzt. Analysen kommen z. B. zu dem Ergebnis, dass 4 von 5 großen SE die paritätische Mitbestimmung vermeiden. Würde in diesen Unternehmen das deutsche Mitbestimmungsgesetz zur Anwendung kommen, müssten die entsprechenden Unternehmen über einen paritätisch mitbestimmten Aufsichtsrat verfügen. Zudem gilt in einer SE das Niveau der Mitbestimmung (Mitbestimmungsfreiheit oder Drittelbeteiligung) fort, das bei Gründung der SE bestanden hat - auch wenn später durch Belegschaftswachstum mitbestimmungsrelevante Schwellenwerte überschritten werden (sog. Einfriereffekt).
Auch bei den Europäischen Betriebsräten bzw. den SE-Betriebsräten gibt es noch Luft nach oben. Als reine „Konsultationsgremien“ haben die europäischen Interessenvertretungen zwar keine Mitbestimmungsrechte wie im deutschen Modell, sind aber dennoch ein wertvolles Gremium, da sie den solidarischen Austausch über Grenzen hinweg möglich machen. Dennoch gilt es auch hier, die Durchsetzungsmöglichkeiten der Gremien zu fördern.
30. Oktober 2024
Datei herunterladen09. Oktober 2024
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Datei herunterladen02. November 2023
Datei herunterladenGesetzentwurf
Stellungnahme01. November 2022
Datei herunterladen15. März 2021
Datei herunterladenOnline
16:30 - 17:30 Uhr
Aus dem Studio im Hans-Böckler-Haus (Digital/MS-Teams)
Veranstaltung anzeigenAktionstag
Weltweit
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